Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sterne rücken näher

Die Sterne rücken näher

Titel: Die Sterne rücken näher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Mischgemüse und Synthokaffee. Der Roboter klickte zur Bestätigung und stelzte zum nächsten Tisch.
    »Mein Bruder ist also ein Spieler«, begann Alan.
    Hawkes nickte. »So, wie du das sagtest, klingt es, als meintest du: ›Mein Bruder ist ein Taschendieb und ein Betrüger.‹ Und dabei ist das eine absolut gesetzliche Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.« Hawkes’ Augen wurden plötzlich hart, und er fuhr leise, aber sehr bestimmt fort: »Mein Junge, wenn du hier auf der Erde Ärger vermeiden willst, dann werde nur kein Moralprediger. Es ist keine schöne Welt, in der wir leben. Die Erde ist hoffnungslos übervölkert, und nicht viele können sich’s leisten, eine Passage nach Gamma Leonis IV oder Algol VII zu bezahlen, oder auf irgendeine der anderen schönen, zukunftsträchtigen Kolonistenwelten auszuwandern. Ich rate dir, die Augen offen und den Mund geschlossen zu halten, solange du in York City bist, und rümpfe nicht die Nase über die Art, auf die manche Leute ihr Geld verdienen.«
    Alan fühlte, wie er errötete. Er war froh, daß in diesem Augenblick die Tabletts mit dem Essen kamen, denn sie lenkten Hawkes ab. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »ich wollte wirklich nicht predigen.«
    »Ich weiß es doch, Junge. Ihr führt auf den Raumschiffen ein abgeschlossenes und behütetes Leben. Und niemand kann sich innerhalb weniger Stunden an das Erdenleben gewöhnen. Willst du etwas trinken?«
    Alan wollte schon sagen, daß er nichts trinken wolle, aber das schluckte er rechtzeitig hinunter. Er war jetzt auf der Erde, nicht an Bord der Walhalla. Hier mußte er sich ja nicht an die Schiffsvorschriften halten. Und er wollte absolut nicht, daß Hawkes den Eindruck gewann, er würde sich den Erdmenschen überlegen fühlen. »Fein«, sagte er deshalb. »Was ist mit diesem Scotch, den Macintosh getrunken hat?«
    »Ja, das wäre eine Idee«, antwortete Hawkes. Er gab dem Robotkellner ein Zeichen, und dieser stakste an den Tisch. Hawkes drückte einen Hebel am Bauch des Roboters, und der Metallbursche begann zu klicken und Kontroll-Lichter glühten auf. Einen Augenblick später öffnete sich eine Klappe, und zwei Gläser erschienen in der Öffnung. Die drahtigen Tentakel griffen hinein, nahmen die Drinks heraus und setzten sie auf den Tisch. Hawkes ließ eine Münze in den Schlitz an der Seite des Roboters fallen, und die Maschine stakste davon.
    »Hier, dein Scotch«, sagte Hawkes und deutete auf das Glas mit der honigfarbenen Flüssigkeit. »Du mußt austrinken.« Er hob sein Glas und trank es mit einem Zug leer. Es schien ihm Vergnügen zu bereiten.
    Alan nahm das kleine Glas in die Hand und sah durch dessen goldgelbe Tiefen hinüber zu dem Mann gegenüber von ihm. Hawkes erschien seltsam verzerrt, wenn man ihn durch das Glas betrachtete. Dann grinste Alan. Er versuchte etwas zu finden, auf das er trinken konnte, doch es fielen ihm keine passenden Worte ein. Er hob Hawkes also nur sein Glas entgegen, setzte es an den Mund und trank es aus. Das Zeug brannte in der Kehle und schien in seinem Magen zu explodieren. Seine Augen tränten. »Ziemlich starkes Zeug«, sagte er, als er wieder Luft bekam.
    »Das Beste, was es hier gibt«, bestätigte Hawkes. »Die Burschen kennen wirklich ihre Formeln.«
    Alan fühlte eine Welle halber Betäubung, die aber schnell vorüberging. Dann blieb nur noch eine angenehme innere Wärme. Er zog sein Tablett zu sich heran und begann sein synthetisches Fleisch und Gemüse zu essen. Er machte dabei keinen Versuch einer Konversation. Leise Musik plätscherte unaufdringlich vor sich hin. Alan dachte an seinen Bruder. Steve war also ein Spieler! Und ein kleiner, unbedeutender, sagte Hawkes. Ob Steve wohl Lust hatte, wieder auf das Schiff zurückzukehren? Und wie wäre es dann, Steve wieder auf dem Schiff zu haben?
    Natürlich gab es keine Neuauflage der alten Kameradschaft. Das war an sich traurig, denn siebzehn Jahre lang hatten sie alles gemeinsam getan; sie waren zusammen aufgewachsen, hatten miteinander gespielt und gearbeitet. Noch vor sechs Wochen war es so gewesen, daß Alan Steves Gedanken zu lesen vermochte und umgekehrt. Sie waren ein gutes Team gewesen.
    Aber das war endgültig vorüber. Steve würde für ihn auf der Walhalla nur ein Fremder sein – älter, vielleicht weiser, mit neun Erdjahren hinter sich. Er würde Alan als Jungen betrachten, als grünen Jungen vielleicht. Das war eigentlich ganz verständlich. Einer würde sich in der Gegenwart des anderen nicht mehr so

Weitere Kostenlose Bücher