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Die Sterne rücken näher

Die Sterne rücken näher

Titel: Die Sterne rücken näher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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damals ausgesehen hatte. Damals war in Steves Augen ein leidenschaftlicher Ausdruck gewesen, hatte ein rebellisches Feuer gebrannt; das war jetzt nicht mehr da. Vielleicht war es seit langem ausgebrannt. Nun sah Alan in den Augen seines Bruders die winzigen roten Äderchen, die von einem schweren Leben kündeten.
    »Sagst du die Wahrheit?« fragte Steve. »Will er mich wirklich gerne wiedersehen, oder wäre es ihm lieber, ich wäre nie geboren?«
    »Nein.«
    »Was nein? Ich kenne Vater ziemlich gut, wenn ich ihn jetzt auch seit neun Jahren nicht mehr gesehen habe. Er wird mir nie verzeihen, daß ich vom Schiff desertiert bin. Alan, ich will nicht auf die Walhalla gehen, um ihn zu besuchen.«
    »Wer hat etwas von einem Besuch gesagt?«
    »Wovon hast du dann geredet?«
    »Ich sprach davon, du solltest in die Mannschaft zurückkehren«, erklärte Alan ruhig.
    Diese Worte schienen Steve wie ein Schlag zu treffen. Er zuckte zusammen und goß seinen Drink in sich hinein. Endlich sah er wieder Alan an:
    »Ich kann nicht. Es ist einfach unmöglich. Wirklich unmöglich.«
    »Aber…«
    Hawkes versetzte Alan unter dem Tisch einen heftigen Fußtritt. Er begriff und wechselte das Thema. Man konnte später noch mal darüber sprechen.
    »Okay. Warum erzählst du mir nichts davon, was du in diesen neun Jahren auf der Erde getan hast?«
    Steve lachte höhnisch. »Es gibt nicht viel zu erzählen, und was ich erzählen könnte, wäre eine langweilige Geschichte. Ich verließ die Enklave und ging über die Brücke, als die Walhalla das letztemal in der Stadt war, und ich kam nach York City in der Absicht, die Stadt zu erobern, reich und berühmt zu werden und ein glückliches Leben zu führen. Fünf Minuten nachdem ich meinen Fuß in die Terranerstadt gesetzt hatte, war ich von einer Bande räuberischer Kinder zusammengeschlagen und ausgeplündert worden. Du mußt doch zugeben, das war ein feiner Start.«
    Er winkte dem Kellner und bestellte einen weiteren Drink. »Ich glaube, ich bin dann zwei Wochen lang wie betäubt in der Stadt herumgeirrt, bis mich die Polizei erwischte und wegen Landstreicherei aufgriff. Um die Zeit war die Walhalla schon längst auf dem Weg nach Alpha C, und ich hätte mir gewünscht, auf dem Schiff zu sein! Nacht für Nacht habe ich seither davon geträumt, ich sei wieder auf die Walhalla zurückgekehrt. Wenn ich dann aufwachte, sah ich immer, daß es nur ein Traum gewesen war.
    Die Polizei unterwarf mich einer Erziehung mit Gummiknüppel und schmerzhaften Strahlen, um mich auf das irdische Leben vorzubereiten. Als sie damit fertig waren, wußte ich alles über Arbeitskarten und Freien Status. Ich hatte keinen schäbigen Nickel mehr. Also mußte ich weiter herumstromern. Dann bekam ich dieses Leben satt und versuchte Arbeit zu finden. Natürlich konnte ich mich in keine der Gilden einkaufen, denn ich hatte ja kein Geld. Die Erde hat selbst mehr als genug Menschen und kein Interesse daran, einen jungen Raumfahrer zu beschäftigen, der von seinem Schiff desertiert ist.
    Fast wäre ich verhungert. Aber das paßte mir auch nicht. Ungefähr ein Jahr nachdem ich das Schiff verlassen hatte, borgte ich mir tausend Kredits von einem, der verrückt genug war, sie mir zu leihen, und begann damals, mich als professioneller Spieler des Freien Status durchzuschlagen. Etwas anderes blieb mir ja nicht übrig.«
    »Und hattest du Erfolg?«
    »Soviel Erfolg, daß ich nach sechs Monaten fünfzehnhundert Kredits schuldig war. Dann hatte ich ein bißchen Glück und gewann in einem einzigen Monat dreitausend Kredits. Ich rückte in Klasse B auf.« Steve lachte bitter. »Oh, das war schön. Zwei Monate später hatte ich nicht nur meine dreitausend verloren, sondern hatte auch noch zweitausend Schulden. Und seither ist es mir immer so gegangen. Ich borge mir etwas, gewinne eine Kleinigkeit, zahle meine Schulden dann zurück, oder ich verliere das Geborgte noch, borge von einem anderen, gewinne ein bißchen, verliere wieder, und so geht es - immer rundherum. Ein großartiges Leben, was Alan? Und noch immer träume ich ein- oder zweimal in der Woche von der Walhalla.«
    Steves Stimme war schwer und traurig. Alan tat das Herz weh. Den temperamentgeladenen, energischen Steve, den er gekannt hatte, mochte es irgendwo tief innen vielleicht noch geben, aber von außen waren nur die tiefen Narben von neun schweren Erdjahren zu erkennen.
    Neun Jahre. Das war eine Kluft, eine riesige Kluft.
    Alan hielt den Atem an. »Wenn du die Möglichkeit

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