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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Haare leicht auf ihrer Wange und gleich darauf seine Lippen auf ihren. Mit einer unerwarteten Geschmeidigkeit glitt er neben sie, und sein Atem streifte sie sacht. Mary wollte keine Bewegung machen, aber beinahe gegen ihren Willen hob sie die Arme und legte sie um seinen Hals. Unter ihren Fingern spürte sie die Muskeln seiner Schultern.
    »Mary, ich liebe dich«, flüsterte er, »ich habe dich geliebt, seitdem ich dich das erste Mal sah. Und glaube mir, Mary, ich habe geschworen, ich gebe meine Seele hin, wenn du mich auch liebst.«
    Seine Stimme klang rauher als sonst, zugleich warm, fast beängstigend warm. Mary merkte, wie ihre Vorbehalte zerschmolzen. Zudem wurde sie sich, inmitten dieses Nebels angstvoller und verworrener Empfindungen, sehr deutlich der Sinnlichkeit dieses Mannes bewußt, die langsam ihren Körper erfaßte. Mary war nie
geschont worden, schon früh hatte Edward sie über die wahre Natur des Menschen aufgeklärt. Sie wußte daher genau, was auf sie zukam und verharrte nicht in atemlosem Schrecken, wie es wohl Lady Cathleen an ihrer Stelle getan hätte. Aber Ambrose und Edward, Lettice und Bess, das weit zurückliegende Kindheitserlebnis vor dem Oakwood House, hatten es fertiggebracht, daß Mary in jeder Körperlichkeit unwillkürlich Schmutz und Ekel sah. So sehr es sie verlangte, sich an Nicolas zu schmiegen und für immer Ruhe und Geborgenheit zu finden, so sehr stieß es sie auch ab. Was sie jetzt in diesem fremden, knarrenden Bett mit seinen modrig riechenden eiskalten Kissen plötzlich heftig schockierte, waren weder Nicolas’ schneller Atem, noch sein kaum beherrschtes Drängen, mit dem er sich gegen sie preßte, sondern ihre eigene Reaktion darauf. Ihr Herz schlug wie rasend, am Rücken brach ihr der Schweiß aus, sie fing an, heftiger zu atmen. Ihr Körper war von einem Verlangen nach etwas ergriffen, wovon sie nicht in letzter Deutlichkeit wußte, was es sein würde. Zu ihrem Entsetzen klammerte sie sich an Nicolas ebenso gierig wie er sich an sie, und dann glitten ihre Beine auseinander, nicht nur bereitwillig, sondern erwartungsvoll und auffordernd. Sie hielt die Augen geschlossen, gab sich der Wärme hin, die um sie herum war, aber dann plötzlich, als sie meinte, es keinen Moment länger aushalten zu können, erwachte irgendwo in den verschleierten Abgründen ihres Bewußtseins der Gedanke, daß sie diesen Mann überhaupt nicht liebte und daß es nicht wahr sein konnte, daß sie eine so heftige Lust verspürte. Frederic war noch kein Jahr tot, sie trauerte um ihn, als sei er gestern gestorben, und trotzdem lag sie hier in den Armen eines Mannes, den zu heiraten ihr schon während der Trauung wie ein unbegreifliches Versehen vorgekommen war, und fand es auch noch schön. Voller Panik dachte sie: O nein, ich bin wie Mutter! Genau so ist sie gewesen. Ganz gleich wer, Hauptsache, es ist ein Mann!
    Aus Leibeskräften fing sie an, sich zu wehren. Sie wand sich unter ihm weg, was ihr gerade noch gelang, stemmte beide Arme gegen seine Brust und warf den Kopf hin und her.
    »Nein!« schrie sie. »Nein! Hör sofort auf! Ich will das nicht, ich will es einfach nicht!«

    Er rutschte zur Seite und blieb bewegungslos liegen. Seine Brust hob und senkte sich rasch, auf seiner Stirn glitzerte Schweiß. Er klang heiser, als er sich aufrichtete und sagte: »O Gott, Mary, du kannst einen Mann umbringen!«
    Mary hatte sich die Decke bis zum Kinn gezerrt und funkelte ihn feindselig an.
    »Ich hatte dich um nichts gebeten«, sagte sie bissig, »außerdem tu’ ich nie, worauf ich keine Lust habe!«
    »Ich hatte nicht den Eindruck, daß du keine Lust hast«, sagte Nicolas. Erschöpft strich er sich die Haare zurück. »Was war denn?«
    »Ich hatte eben plötzlich keine Lust mehr. Das ist alles.«
    Nicolas betrachtete sie noch immer forschend. Mary begriff, daß er bereit war, ihre Gründe einzusehen, wenn sie sie ihm nennen würde. So viel Sanftmut paßte nicht zu ihm, sie gab ihm eine Überlegenheit, die sie ergrimmte, und auf einmal hatte sie den Wunsch, ihn zu verletzen, sein beherrschtes Gesicht in Unordnung zu bringen.
    Zitternd vor Zorn sagte sie: »Vielleicht verzeihe ich dir nicht, daß du nicht Frederic Belville bist! Der nämlich war der einzige Mann, mit dem ich...« Sie sprach nicht weiter, denn die Wut in Nicolas’ Augen ließ sie entsetzt verstummen. Schlagartig wurde ihr klar, daß sie einen Fehler gemacht hatte. Alles hätte sie sagen können, aber nicht Frederics Namen nennen. Nicolas

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