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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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London angekommen, leicht aus dem Staub würde machen können.
    Sie heirateten bereits drei Tage nach Nicolas’ Ankunft in Shadow’s Eyes. Es ging alles so rasend schnell, daß Mary keine Zeit blieb, sich länger aufzulehnen. Ehe sie sich versah, stand sie an einem späten Nachmittag in der kühlen, steinernen Kirche von Shadow’s Eyes, durch deren gewölbte Fenster kein Licht, sondern erste Dämmerung einfiel. Sie trug das alte, schwarze Kleid von Anne Brisbane und hatte als einzige Verzierung ihr rötliches Haar mit einer breiten Schleife aus Samt zurückgebunden. Sie ignorierte den fragenden, verwunderten Blick des Priesters, der nicht begreifen konnte, wie sie an diesen Mann geraten war und weshalb sie ihn heiraten wollte. Nicolas sah sehr gut aus an diesem Tag, schwarz gekleidet wie immer und im Gesicht einen Ausdruck von seltener Ernsthaftigkeit. Pater Joshua, wie eh und je voller Anteilnahme an Marys Schicksal, musterte ihn eindringlich. Er konnte nicht ganz enträtseln, was sich hinter dem schmalen, konzentrierten Gesicht verbarg.
    Ein bißchen leichtsinnig, dachte er, aber nicht schlecht. Er bestimmt sein Leben sehr genau nach seinen eigenen Vorstellungen. Aber irgendwie... er ist nicht der Mann, von dem ich gedacht hätte,
daß Mary ihn heiratet. Immerhin, endlich kommt sie weg von ihrem Vater!
    Die Trauungszeremonie verlief nach katholischem Ritus, denn noch gab es für die neue anglikanische Kirche keine gesonderten Vorschriften.
    Aber als der Priester ihnen danach sagte:
    »Bedenkt immer, daß diese Ehe vor Gott geschlossen wurde und daß er, niemand sonst, euch wieder trennen kann, auf Erden nur sein Stellvertreter, der...« da brach er ab, und seine Lippen preßten sich eng aufeinander. Es wäre gefährlich gewesen, jetzt vom Papst in Rom zu sprechen, aber den König anzuführen, brachte er noch weniger fertig.
    Er fing einen mitleidigen Blick von Mary auf und lächelte ihr schwach zu. Wenigstens eine, die verstand, was diese furchtbaren Bestimmungen für ihn bedeuteten.
    Nach der Trauung gingen Ambrose und Edward nach Hause, und Mary stand etwas unschlüssig auf der Straße. Es war dunkel und sie fror. In der Hand hielt sie eine kleine Tasche mit ihren Habseligkeiten darin. Sie hatte in den vergangenen Tagen alle Gedanken an die Nächte mit Nicolas verdrängt, aber jetzt konnte sie diese Konsequenz ihrer überstürzten Heirat nicht länger beiseite schieben. Sie schrak zusammen, als Nicolas seinen Arm um sie legte.
    »Hör mir zu«, sagte sie, »ich möchte nicht...«
    »Wir gehen jetzt«, unterbrach er sie, »du willst doch nicht die ganze Nacht auf der Straße stehen!«
    Mit wenigen Schritten gelangten sie zum Oakwood House, das bereits schweigend und dunkel vor ihnen lag. Nicolas sprach kein Wort auf dem Weg, aber nachdem ihnen von der Wirtin die Tür geöffnet worden war, und sie hinter ihr eine steile Treppe hinaufstiegen, sagte er leise zu Mary:
    »Ein lumpiges Haus. Tut mir leid, aber etwas Besseres wird in Shadow’s Eyes nicht zu finden sein.«
    »Das macht nichts. Ich bin wirklich nicht verwöhnt.«
    Sie gelangten hinauf in den engen Gang mit den weißgekalkten Wänden. An der Decke hingen Spinnweben, der Fußboden ächzte und knarrte. Die Kerze, die die Wirtin trug, gab das einzige Licht.

    Die Wirtin hatte wie jeder in Shadow’s Eyes bereits davon gehört, daß Mary Askew heute einen überaus attraktiven Mann aus London geheiratet hatte, den sie wohl von ihrem einstigen Aufenthalt dort her kannte. Allgemein fand man, sie sei doch noch schamloser, als man bislang vermutet hatte. Zwischen ihr und diesem verwegenen Mr. de Maurois mußte es schon früher eine Beziehung gegeben haben, aber das hatte sie nicht daran gehindert, dem armen Frederic Belville ihre Liebe vorzuspielen und nun, noch kein Jahr, nachdem er dahingegangen war, kehrte sie eilig zu dem anderen Mann zurück, weil das offenbar gut in ihre Pläne paßte. Doch wer von den Askews hatte schon jemals Charakter gezeigt?
    Die Wirtin drehte sich verstohlen um und musterte das schmale Gesicht des dunkelhaarigen Mannes – beneiden konnte man die Kleine schon! Dieser Nicolas de Maurois hätte dem Traum einer jeden Frau in Shadow’s Eyes entstiegen sein können! Zu schade, daß die beiden so rasch fort wollten, viele hätten sich gern noch ein bißchen an ihrem Anblick erfreut. Die Wirtin seufzte. Beflissen öffnete sie eine Tür.
    »Hier, Sir«, sagte sie, »Sie verlangten ein größeres Zimmer. Dies ist das schönste, das wir

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