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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ich plötzlich das Bedürfnis haben sollte, Sie und Mylady aufs Schafott zu bringen?«
    Obwohl Anne nichts Unbedachtes sagen wollte, entfuhren ihr die Worte »Bei Menschen Ihrer Herkunft...« – sie verstummte schnell und sah zu Boden.
    Mary blickte sie verachtungsvoll an.
    »Auch Menschen meiner Herkunft haben Ehrgefühl«, erwiderte sie, »und Dankbarkeit. Ich weiß, und ich werde immer wissen, was ich Ihnen verdanke, Miss Brisbane. Sie glauben, ich würde mich rächen, weil Sie mich haben fallen lassen und weil unsere Freundschaft vorbei war, ehe sie richtig begonnen hatte. Es ist wahr, ich bin traurig darüber, aber wenn es Menschen gibt, die ich von Grund auf verabscheue und hasse, so sind es Denunzianten, und genau dies mir zu unterstellen, Miss Brisbane, ist die größte Beleidigung, die Sie mir haben antun können.«
    Anne erhob sich ebenfalls. Sie wollte etwas antworten, aber da fuhr Mary fort:
    »Im übrigen bin ich sicher, daß Sie noch ganz andere, sehr persönliche Gründe haben, mich zum Schweigen bringen zu wollen. Sie haben eine panische Angst, ich könnte plötzlich wieder bei Ihnen auftauchen, und solange Sie erpreßbar sind, müßten Sie mich aufnehmen. Ich kann mich zwischen Sie und Ihre kostbare Lady Cathleen drängen und allein der Gedanke daran macht Sie krank. Cathleen Cavendor ist alles, was Sie haben – und lieben! Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn sich herausstellte, daß Sie durchaus mit dafür gesorgt haben, Cathleen gegen ihren Mann aufzubringen,
so sehr, daß sie sich sogar zu einem Mord hat hinreißen lassen. Cathleen ist leicht zu beeinflussen, und Sie sind sehr stark. Sie müssen Cavendor aus ganzer Seele gehaßt haben. Und Sie sind auch verantwortlich, daß Mylady nie mehr nach Fernhill gegangen ist. Sie wollten sie nie wieder unter den Einfluß ihrer Familie geraten lassen. Die hätte vielleicht versucht, sie erneut zu verheiraten. Nein, Sie passen schon auf, daß sich nie wieder ein Mann an diese schöne Frau heranwagt. Und ich — wirklich, bin ich auch eine solche Gefahr? Was haben Sie sich ausgedacht, daß ich für alle Zeiten verschwinde? «
    Anne machte keinen Versuch, etwas zu leugnen. Ihr Gesicht bewahrte seine Würde. Unter ihrem weiten Mantel zog sie ein zerknittertes Stück Papier hervor.
    »Ich biete Ihnen zweihundert Pfund in Gold, Mrs. de Maurois«, sagte sie in geschäftsmäßigem Ton, »dafür unterschreiben Sie eine Erklärung, daß Sie im vollen Bewußtsein dessen, was Sie taten, geholfen haben, die Leiche von Lord Cavendor zu beseitigen. Und daß Sie versprochen haben, darüber zu schweigen.«
    Mary ergriff das Papier und las, was darauf stand.
    »Sehr klug«, sagte sie, »damit bin ich keine Gefahr mehr für Sie. Mit einem solchen Schuldgeständnis bin ich verurteilbar. Und Lady Cathleen kann wieder ruhig schlafen und bedrängt Sie nicht dauernd, mich einzuladen oder etwas für mich zu tun. Sie hätten endlich das ruhige, friedliche Leben mit ihr, von dem Sie träumen! «
    »Werden Sie unterschreiben?« fragte Anne kurz.
    Mary reichte das Papier zurück.
    »Nein. Weder werde ich unterschreiben, noch von Ihnen Geld nehmen. Ich bin nicht käuflich. Aber Sie können trotzdem beruhigt sein, über die Ereignisse von damals werde ich nie ein Wort verlieren. «
    Ihre Stimme klang so verächtlich, daß Anne verletzt sein mußte. Sie steckte mit etwas steifen Bewegungen das Papier wieder ein.
    »Lady Cathleen und ich werden im Sommer nach Essex gehen«, erklärte sie unbewegt, »wir werden eine sehr lange Zeit dort bleiben. «

    »Ich verstehe. Wir werden einander kaum wiederbegegnen. Ich lege auch keinen Wert darauf.«
    Anne zog ihren Mantel fester um die Schultern. Sie erkannte, daß sie soeben eine Niederlage erlitten hatte. Sie betrachtete das kühle, ruhige Gesicht der jungen Frau. Natürlich, sie wußte schon, warum sie gerade Mary Askew fürchtete. Sie war zu entschlossen, zu reif, zu willenstark. Was wußte man, wann es ihr in ihre Pläne paßte, die Abhängigkeit einer Lady Cathleen zu nutzen. Anne verachtete Menschen von Marys Herkunft, aber sie beging nicht den Fehler, sie zu unterschätzen.
    Doch heute würde sie nichts mehr tun können. Schweigend kletterte sie die Treppe wieder hinunter, gefolgt von Mary, die sich ebenfalls ihren Mantel angezogen hatte, weil sie nach Hause gehen wollte. Ihre Miene verriet nichts davon, wie gekränkt und gedemütigt sie sich fühlte. Um keinen Preis der Welt hätte sie zugegeben, daß die Tatsache, von Cathleen

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