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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Entschuldigung für die tausend Schwierigkeiten, die er ihm immer gemacht habe, dann erst sei er bereit, über die Angebote nachzudenken.
    Cromwell, Norfolk und der gesamte Kronrat wußten, das Volk würde toben, wenn es erführe, wie leichtherzig der König mit der Sicherheit seines Landes umging. Blutige Aufstände konnte es geben, Bürgerkrieg, Spanier und kaiserliche Truppen würden dies zu einem Eingreifen nutzen und alles würde in einem entsetzlichen Zusammenbruch enden. Sie waren sich einig: Die Boleyns, die noch immer einen unheilvollen Einfluß auf den König ausübten, mußten vernichtet werden, und das würde nur gelingen, wenn als erste Königin Anna Thron und Leben lassen würde.
     
    In Windeseile fädelte Cromwell eine Intrige ein. Er machte sich zum Vorsitzenden Richter eines schnell aufgestellten ordentlichen Gerichtes
und ließ einen jungen Mann aus dem Hofstaat Annas verhaften, einen unbedeuteten Sänger, der der Königin zur Unterhaltung diente, immerhin aber auch manchmal als Kurier zwischen ihr, ihrem Bruder Lord Rochefort und Cousin Norris fungiert hatte. Nach mehrstündiger grausamer Folter unterschrieb Mark Smeaton eine Erklärung, in der er gestand, der Liebhaber der Königin gewesen zu sein.
    Damit war der Stein ins Rollen gebracht. Das Geständnis wurde Henry vorgelegt, zugleich teilte man ihm mit, das Land sei in Gefahr, mehr noch, seine eigene Stellung sei bedroht, und wenn er einer Verurteilung Annas zustimme, könne er Habsburg besänftigen und seinem Volk seine große Fürsorglichkeit vor Augen führen. Chapuys habe versprochen, die nächste Königin werde von Europa anerkannt werden, und an dieser Stelle schlug Norfolk sofort vor, Henry solle doch diesmal ein unpolitisches, englisches Edelfräulein, jene reizende, hübsche Jane Seymour, mit der er ihn bekannt gemacht habe, heiraten. Der König zögerte. Aber die Versuchung war groß. Er spürte die Unruhe in seinem Land, die Angst der Londoner vor einer Landung der Spanier, er merkte, daß sein Thron schwankte. Und er war es leid, ständig um seine Anerkennung kämpfen zu müssen, es machte ihn bitter, mit einer Frau verheiratet zu sein, von der halb Europa nur mit größter Verachtung sprach. Und es wurde ihm so leicht gemacht, allen Schwierigkeiten zu entfliehen. Er starrte auf Mark Smeatons Geständnis. Kein Mensch sollte je erfahren, ob er an dessen Wahrheit glaubte oder ob er genau wußte, daß ihm hier eine unter der Folter erzwungene Lüge vorgelegt wurde. In jedem Fall war es ein magisches Stück Papier, Schlüssel zu der Ruhe, nach der er sich sehnte. Mit fester Stimme erklärte er, er werde nie so weit gehen, die Legitimität seiner Tochter Elizabeth anzuzweifeln. Ihre Geburt liege vor Annas Ehebruch, sie sei daher seine Tochter und er werde es nicht zulassen, daß sie als rechtloser Bastard leben müsse. Nach hitzigen Gesprächen gab der Kronrat nach und stimmte einer Anerkennung Elizabeths als Tochter des Königs zu. Dann erst gab Henry seine Einwilligung zur Anklageerhebung gegen Anna.

     
    Am 2. Mai wurde Anna in Greenwich verhaftet und wegen ehebrecherischer Beziehungen unter Anklage gestellt. In aller Heimlichkeit brachte man sie nach London, aber auf geheimnisvolle Weise war die Nachricht von ihrer Verhaftung in Windeseile in der ganzen Stadt herum. Scharen von Menschen säumten die Ufer der Themse, als die dunkelverhangene Barke stromaufwärts gerudert und die schwarzgekleidete Königin, deretwegen England seine Kirche reformiert hatte, in den Tower geführt wurde.
     
    Im großen Saal des Towers drängten sich die Menschen. Die in den vorderen Reihen standen, wurden von den nachfolgenden Massen an der Absperrung fast zerdrückt, es gab buchstäblich nicht einmal mehr Platz für eine Fliege, ein Mensch klebte am anderen, die Luft war so stickig, daß bereits einige ohnmächtig geworden waren, aber immer noch kamen neue hinzu, und die Schlange der Wartenden und Schaulustigen reichte bis weit auf die Straße hinaus. Was heute hier stattfand, war kein gewöhnlicher Prozeß. Es war der 15. Mai 1536, der Tag, an dem die Königin von England vor ihre Richter geführt wurde — angeklagt des Ehebruches mit den Herren Smeaton, Norris und Brenton, sowie des erschwerten, nämlich inzestuösen Ehebruches mit ihrem Bruder Lord Rochford.
    Die vier Männer waren bereits drei Tage zuvor in den Gerichtssaal geführt worden und aufgrund einer abenteuerlichen Beweisführung zum Tode verurteilt worden. Ein Geständnis lag nur von

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