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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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angefleht, in denen sie ihre Decken von sich geschleudert und ihre Hände im Kissen verkrallt hatte. Das Zimmer wurde heiß und stickig, weil Myrrhinia, um Wasser zu erwärmen, den Ofen hatte brennen lassen. Die schwarze Nacht jenseits des Fensters machte Mary Angst, ihr gepeinigter Körper stürzte sie erneut in panisches Entsetzen. Wie lange konnte er diese fürchterlichen Schmerzen aushalten? Sie starrte Myrrhinia an, ihre Augen waren weit aufgerissen und entsetzt. Leise stöhnte sie:
    »Hilf mir doch, Myrrhinia, hilf mir!«
    Myrrhinia sah sehr müde aus, aber unermüdlich sprach sie auf Mary ein, hielt ihre Hände, flößte ihr Tee ein. Sie machte sich darauf gefaßt, daß sie das Kind mit der Zange würde holen müssen und wünschte der armen Frau alle Kraft der Welt, aber dann, als Mary schon halbtot in ihren Kissen lag, mit einem gelblich fahlen, ausgezehrten Gesicht, erbarmte sich die Natur. Das Licht der Kerzen wurde schon blasser, weil sich draußen der Himmel erhellte, die Finsternis ging in sanftes Grau über, wurde immer blauer und rosig angestrahlt. Mitten in diese allerersten Sonnenstrahlen eines freundlichen Maitages hinein wurde das Kind geboren, und fand zu seinem Glück sogleich eine umsichtige Pflegerin in der alten Myrrhinia, denn die Mutter selbst schlief fast augenblicklich ein. Sie erwachte erst am Mittag wieder, als Myrrhinia das Fenster geöffnet hatte und ein weicher, warmer Wind in alle Räume wehte.
    »Mary, Sie haben eine entzückende Tochter«, sagte Myrrhinia, »wirklich, ein so hübsches Kind habe ich selten gesehen. Wollen Sie es anschauen?«

    Mary nickte und nahm das Kind in den Arm. Es schaute sie groß und etwas verschreckt an.
    »Oh, sie hat ganz blaue Augen!« rief Mary. »Wie hübsch! Ich habe noch nie so blaue Augen gesehen!«
    Myrrhinia betrachtete das kleine Gesichtchen fachkundig.
    »Die bleiben nicht so«, sagte sie, »aber grau wie Ihre werden sie auch nicht. Sie werden ganz dunkel, dunkelbraun. Ich kann das erkennen.«
    Mary wußte nicht, woran sie das sah, aber sie meinte:
    »Ja, das könnte stimmen. Wissen Sie, der Vater hat sehr dunkle Augen. «
    Sie dachte an Nicolas’ tiefen, schwarzen Blick und erschrak.
    »Lieber Himmel, ist mein Mann noch nicht da?«
    »Ach, es gibt einen?«
    »Ja! Ich bin wirklich verheiratet. Nicolas ist gestern... ach bitte, Myrrhinia, holen Sie schnell Will Shannon!«
    Myrrhinia ärgerte sich, daß die junge Frau gar keinen Blick für ihr Kind hatte, aber da sie sich sehr aufzuregen schien, eilte sie davon und holte Will. Der hatte schon geglaubt, man werde Mary beerdigen müssen und lächelte erfreut, als er hörte, daß sie noch lebte. Aber noch ehe er etwas Bewunderndes über das Kind sagen konnte, das Myrrhinia ihm voller Stolz vor die Nase hielt, rief Mary erregt:
    »Will, haben Sie etwas von Nicolas gehört? Ist er heute nacht dagewesen? «
    »Nein. Sie haben doch gesagt, er ist verhaftet worden!«
    »Ja, aber er ist unschuldig, er hat überhaupt nichts getan! Sie hätten ihn längst freilassen müssen. Ich werde sofort zu Bartholomew Bloom gehen!« Sie wollte mit beiden Beinen zugleich aus dem Bett springen, aber nun wurde Myrrhinia energisch.
    »Ich habe mir nicht die ganze letzte Nacht um die Ohren geschlagen, und Ihre Seele mit letzter Kraft den Engeln entrissen, damit Sie jetzt losgehen und sich noch nachträglich umbringen!« sagte sie entrüstet. »Sie haben vielleicht nicht begriffen, daß Sie nah am Sterben waren, und Sie haben sich noch keineswegs erholt. Sie bleiben noch wenigstens fünf Tage im Bett, und wenn ich Sie dort festbinden muß. «

    Aber Mary hatte schon selbst gemerkt, daß ihr die Kraft fehlte, aufzustehen. Erschöpft sank sie zurück.
    »Verdammt noch mal«, sagte sie heftig, »warum muß ich jetzt krank sein? Will, bitte, gehen Sie zu Mr. Bloom in die Catneys Inn Alley. Er ist Rechtsanwalt, er soll herausfinden, was mit Nicolas geschehen ist. Und wenn er noch festgehalten wird, dann soll er dafür sorgen, daß sie ihn freilassen!«
    Will machte sich langsam schlurfend auf den Weg. Sein Rheuma machte ihm schwer zu schaffen, so daß er kaum gerade gehen konnte. Als Mary seiner gebeugten Gestalt nachblickte, kamen ihr beinahe die Tränen. Ach, einen ganzen Tag würde er brauchen, bis er dort überhaupt nur ankam, und sie lag hier und konnte nichts tun. Ihr Kummer und ihre Unruhe ergrimmten Myrrhinia.
    »Anstatt sich zu freuen, daß Sie eine schöne, gesunde Tochter haben, jammern Sie die ganze Zeit herum«,

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