Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
»unselig ist es. Es kommt nichts Gutes dabei heraus!«
»Wie wenig man solchen Gerüchten Glauben schenken darf, sehen Sie nun daran, daß Marmalon trotz meiner Bedenken an Mrs. de Maurois übereignet wurde. Lady Cavendor ist... ganz vernarrt in dieses dahergelaufene Ding!« Annes Stimme bebte. »So hat es wenigstens den Anschein «, murmelte sie, als bereue sie ihren letzten Satz schon wieder.
Archibald aber hatte bereits begriffen, woher der Wind wehte. Anne Brisbanes unverhohlene Eifersucht, mit der sie über Lady Cavendor wachte, war in der ganzen Grafschaft nur allzu gut bekannt und hatte schon oft zu spöttischen Bemerkungen geführt. Er nickte verständnisvoll. »Sie ist jedenfalls kein Segen für die Leute hier«, sagte er, »aber sie hat in den eineinhalb Jahren, die sie hier ist, eine Menge aus Marmalon herausgeholt.«
»Ja, aber sie schreckt auch vor nichts zurück. Sie wissen, daß jeder hier sehr böse auf sie ist? Sie macht unglaubliche Geschäfte mit ihrer Wolle, dem Getreide und Gemüse, indem sie die Preise der anderen unterbietet und damit alle Käufer abwirbt. In London geht es jetzt schon genauso.«
»Sie darf in London nichts verkaufen. Jeder darf nur an seinem Heimatort Waren anbieten!«
»ja, auf den gewöhnlichen Wochenmärkten. Aber zu den Jahrmärkten
kann jeder von weither kommen – und da ständig irgendein Jahrmarkt stattfindet, macht sie damit großen Gewinn. «
»An Geld zu kommen verstand sie schon immer«, meinte Archibald, fast widerwillig bewundernd, »bloß – was tun wir dagegen? «
»Es wurde ja schon einmal etwas versucht ...«
»Ich weiß. Aus heiterem Himmel brannten im Frühjahr ihre Schafställe ab. Wurde nicht ihr Verwalter dabei schwer verletzt?«
»Ja, er kam nur knapp mit dem Leben davon.«
»Hat man eine Ahnung, wer es gewesen sein könnte?«
»Nein. Jeder hätte einen Grund. Und jeder hätte sich darüber gefreut. Nur...«
»Nur hat das Mary de Maurois nicht im mindesten daran gehindert, genauso weiterzumachen wie bisher.«
»So ist es. Ich fürchte, gegen eine Frau wie sie müssen wir schärfer vorgehen!«
Archibald kniff die Augen zusammen. »Wir?«
»Ja. Sie und ich.«
»Jetzt verstehe ich nicht ganz...«
Anne stand noch immer am Kamin, und sie drehte sich mit einer so heftigen Bewegung zu Archibald um, daß er einen Moment lang fürchtete, der Stoff ihres Kleides werde Feuer fangen. »Ich glaube, wir haben beide eine persönliche Rechnung mit ihr zu begleichen«, sagte sie, »und das können wir erfolgreicher tun, wenn wir uns zusammenschließen. «
»Und... was haben Sie vor?«
»Ich habe einen guten Plan. Doch allein kann ich ihn nicht ausführen. Ich bin eine Frau, und was ich vorhabe, kann nur ein Mann tun.«
»Was soll ich tun?« In Archibalds Stimme schwang nun auch gespannte Aufmerksamkeit. Er begriff, daß Anne Brisbane es ernst meinte, und daß er sie nicht unterschätzen sollte. Was immer sie vorhatte, es würde genau durchdacht sein.
Anne sah ihn aus dunklen, schillernden Augen an. »Steuern«, sagte sie.
Archibald begriff nicht. »Steuern?« fragte er vorsichtig.
Anne nickte. »Das kann sie ausbluten. Diese Frau ist der Teufel
selber, aber ihre Abgaben muß sie zahlen wie jeder andere auch, und wenn die ihren Verdienst übersteigen, dann haben wir sie. Das ist der Weg, den wir gehen können.«
»Aber wir haben doch gar nichts mit den Steuern und Abgaben zu tun! Ich meine, wir können keinen Einfluß darauf nehmen. Die Beamten Seiner Majestät...«
»Unsinn! Wir können!« Anne ballte die Hand zur Faust, ohne es selber zu merken. »Für jede Provinz gibt es einen Oberbeauftragten, der die Steuern bestimmt und der dann die Beamten sie eintreiben läßt. Wir beide wissen, wie willkürlich das geschieht. Ist einer im Kronrat oder in der Sternkammer oder in sonst einer mächtigen Position, oder hält er einfach wegen seines Reichtums zu viele Fäden in der Hand, dann muß er gar nichts zahlen, und irgendeinen armen Bauern nehmen sie aus, bis er sich freiwillig aufhängt. Mary ist zwar kein armer Bauer, aber sie hat weder Macht noch Einfluß. Es kümmert niemanden, was mit ihr geschieht. Keiner wird uns auf die Finger sehen!«
»Wobei denn?«
»Ich sprach von dem Oberbeauftragten für Steuern einer jeden Grafschaft. Und das ist es eben, warum ich es nicht allein machen kann. Eine Frau hat in diesem Gewerbe nichts zu suchen, aber ein Mann! Sie zum Beispiel, Sir Claybourgh! Machen Sie sich zum Steuereintreiber der Grafschaft Essex,
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