Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon
allem, was Sie vorbringen, unterstützen wird.«
»Mrs. de Maurois wird natürlich durchschauen, daß es sich um einen Racheakt handelt.«
»Liegt Ihnen etwas an ihrer Meinung?« Annes Stimme klang so schroff, daß Archibald sofort abwehrte.
»Nein, natürlich nicht. Im Grunde liegt mir überhaupt nichts an Mary. Deshalb...«
»Sie werden es nicht bereuen. Und im übrigen, unabhängig von der Rache an Mary: Bedenken Sie, wieviel Ehre Ihnen diese neue Aufgabe einbringen wird! Und wie man hier überall um Ihre Gunst
buhlen wird! Niemand kann es sich mehr leisten, Sie zum Feind zu haben.«
Das leuchtete Archibald ein. Umständlich erhob er sich.
»Miss Brisbane«, sagte er pathetisch, »ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen. Ich werde mich dessen würdig erweisen.«
»Davon bin ich fest überzeugt«, entgegnete Anne, die ihn, wie jeden Mann, zutiefst verachtete, »ich wußte, daß ich niemanden würde finden können, der für diese schwierige Aufgabe besser geeignet wäre als Sie!«
»Nun, nun«, wehrte Archibald bescheiden ab, setzte jedoch gleich darauf selbstgefällig hinzu: »Natürlich bin ich schon recht geschickt. Schließlich habe ich es in meinem Leben zu etwas gebracht, nicht?«
»Zweifellos«, stimmte Anne zu und fragte sich insgeheim, wovon, um alles in der Welt, Archibald sprach, da er sowohl Titel als auch Ländereien und Geld von seinem Vater geerbt hatte. Jedoch lächelte sie verbindlich und hob ihren Zinnbecher mit Wein.
»Trinken Sie«, sagte sie, »und dann lassen Sie uns ausführlich besprechen, wie wir vorgehen. Ich prophezeihe Ihnen eine große Zukunft, Sir Claybourgh!«
Archibald, inzwischen hingerissen vor Begeisterung, trank in großen Zügen seinen Wein. Sein gerötetes Gesicht strahlte. »Ich nehme an«, sagte er, »daß alles, was wir heute besprochen haben, unter uns bleibt?«
»Um Gottes willen, natürlich«, entgegnete Anne, entsetzt, daß er diese Selbstverständlichkeit überhaupt noch erwähnte, »natürlich darf niemand etwas erfahren. Vor allen Dingen, Sir Claybourgh, vor allen Dingen, denken Sie an eines: Kein Wort zu Lady Cathleen!«
Patricia Claybourgh hatte nicht vergessen, daß sie Mary de Maurois bei Lady Cavendors Gartenfest kennengelernt und mit ihr Freundschaft geschlossen hatte. Sie gehörte zu jenen Frauen, die auch die flüchtigste Bekanntschaft als »enge Freundschaft« bezeichnen, und sie sammelte solche Freunde mit verbissenem Eifer. Patricia war dafür bekannt, daß sie in alle Unterhaltungen die Namen ihrer Bekannten einfließen ließ, denn ein großer, bunter Freundeskreis
war für sie eine Frage des Prestiges. Ein Satz, den sie ständig benutzte, lautete: »Wissen Sie, meine gute, alte Freundin Lady Gwyneth Bodmin meint dazu immer...« und dann folgte irgendein mehr oder weniger passender Ausspruch jener Lady, den diese wahrscheinlich nie getätigt hatte, ebensowenig wie sie sich des Platzes bewußt war, den sie im Herzen der ihr ziemlich fremden Lady Claybourgh innehatte.
Mary de Maurois hatte Patricias Interesse vom ersten Augenblick an geweckt, denn um Mary lag der Schleier eines unergründlichen Geheimnisses, der um so reizvoller schien, als sie nicht von Adel, aber offensichtlich im Besitz großer Reichtümer war. Außerdem glaubte Patricia an Marys Zukunft, und so naiv sie auch war, in diesem Punkt besaß sie eine feine Witterung. Sie roch förmlich, daß es sich lohnen würde, einmal zu Marys Freunden gezählt zu werden, und sie war fest entschlossen, sich diese Beute nicht entgehen zu lassen.
An einem verschneiten Dezembertag erschien sie überraschend auf Marmalon, eingehüllt in weiche Pelze, im Schlepptau ihren sechsjährigen Sohn Henry, nach dem König benannt und der Stolz des Hauses Claybourgh. Sein wüstes Geschrei, mit dem er auf den unerwarteten Anblick von Wills altem Hund in der Eingangshalle reagierte, ließ das ganze Haus herbeistürzen. Auch Mary, die blaß und abgespannt in ihrem Zimmer über einer unendlich langen Zahlenkolonne brütete, wurde aus ihren Gedanken gerissen und lief zur Tür. Dort kam ihr schon Dilys entgegen.
»Wer schreit denn hier so fürchterlich?« fragte Mary aufgebracht. »Das ist doch nicht Jane?«
»Nein, Madam. Es ist das Kind von der Lady, die gerade gekommen ist.«
»Welche Lady?«
»Lady Claybourgh.«
»Claybourgh? O nein, was will die denn hier?« Mary sah Dilys entsetzt an. »Sag ihr, ich bin nicht da!«
»Ich habe schon gesagt, daß Sie da sind, Madam. Sie behauptete, sie sei Ihre beste
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