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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ich sie nur vor einem furchtbaren Unglück schützen, davor, daß sich das Unheil wiederholt. Und Sie will ich auch schützen, Sir Hadleigh. Ich halte es für meine Pflicht.«
    Nun wurde Hadleigh aufmerksam – und kalt.
    »Ach, wirklich? Vielleicht möchte ich aber gar nicht geschützt werden. Besonders dann nicht, wenn Ihre gütige Hilfsbereitschaft, Miss Brisbane, darauf hinausläuft, daß Sie mir Geheimnisse aus der Vergangenheit meiner zukünftigen Frau anvertrauen. Denn gerade das haben Sie doch vor, oder? Ich sage Ihnen, wenn ich etwas auf den Tod nicht ausstehen kann, so das elende Waschweibergeschwätz, das schon für allzuviel Unglück in der Welt gesorgt hat!«
    Anne ließ sich nicht einschüchtern, von der barschen Stimme eines Mannes schon gar nicht. Zeitlebens hatte sie Männer verachtet, und mehr als jeden anderen verachtete und haßte sie Sir Hadleigh.
    »Sie werden mir dankbar sein«, sagte sie ungerührt, »das heißt, wenn Sie mir überhaupt glauben, was ich Ihnen anvertraue. Aber ich habe eine Zeugin hier für die Wahrheit meiner Behauptung. « Sie sah Mary an. »Mrs. de Maurois kann sich für die Richtigkeit dessen, was ich jetzt sage, verbürgen. «
    Mary runzelte die Stirn. Sie war verwirrt.
    »Ich verstehe nicht...« begann sie ratlos, aber dann dämmerte ihr auf einmal ein schrecklicher Verdacht, und scharf fügte sie hinzu: »Miss Brisbane, tun Sie jetzt nichts Unüberlegtes!«
    Anne lächelte. »Ich habe es mir genau überlegt, das kann ich Ihnen versichern. Sie selbst haben unser Geheimnis einmal benutzt, sich zu bereichern, Sie werden mir nicht verwehren, es zu nutzen, um zwei Menschen vor einem Unglück zu bewahren.«
    »Sie brechen Ihren Schwur.«
    »Was kümmert mich das noch? Im Grunde ist er doch längst gebrochen. Sie haben sich gegen uns gestellt, Mrs. de Maurois. Sie waren die erste, die unsere Verschwörung auflöste. Sie...«
    Mary erinnerte sich an die lange, dunkle Nacht, da sie in Cathleens Zimmer gesessen und geglaubt hatten, die Stunden würden nie mehr vergehen. Sie erinnerte sich an die Zeit ihrer geheimen
Komplizenschaft und daran, welches Glück sie bei dem Gedanken gefühlt hatte, für immer mit den beiden anderen Frauen verbunden zu sein. Unauflöslich. Ein Satz tauchte in ihrem Gedächtnis auf, den sie oder irgend jemand sonst einmal gesagt hatte: »Nichts eint so sehr wie ein gemeinsam begangenes Verbrechen!«
    Ja, dachte sie heute, vielleicht. Aber nicht einmal diese Einigkeit ist von Dauer.
    »Ich habe nichts aufgelöst, Miss Brisbane«, sagte sie, »Sie haben sehr schnell versucht, mich zu vergraulen.«
    Anne musterte sie stechend. »Sie paßten nicht zu uns.«
    Mary wollte etwas erwidern, aber Sir Hadleigh, den das alles zunehmend verärgerte, trat dazwischen.
    »Können wir dieses Gespräch nicht beenden? Ich weiß nicht, worum es geht und, um ehrlich zu sein, ich will es auch gar nicht wissen!«
    »Wir sollten es vergessen«, meinte auch Mary, »Miss Brisbane, Lady Cathleen und Sir Hadleigh heiraten heute. Wir sollten ihnen den Tag nicht verderben.«
    »Gerade deshalb bat ich um diese Unterredung. Wenn die beiden heute wirklich heiraten, werden sie es bitter bereuen. Wir beide wissen das, Mary. Cathleen ist nicht in der Lage, mit einem Mann zusammen zu leben.«
    »Anne Brisbane«, sagte Mary warnend.
    Anne hob herrisch den Kopf, ihr scharfgezeichnetes Profil hob sich klar von der helleren Wand ab. »Ich schwöre bei Gott und bei meiner Seele, daß ich die Wahrheit sage. Sir Hadleigh, die Frau, die Sie heute heiraten wollen, ist nicht durch ein Unglück oder das Unwesen von Wegelagerern zur Witwe geworden. Vor zehn Jahren, im November des Jahres 1533, hat sie ihren Mann, Lord Cavendor, umgebracht. Mit einem Tonkrug in ihrem Zimmer erschlagen. Mary de Maurois und ich sind Zeugen der Tat.«
     
    Totenstille herrschte in der Bibliothek, unterbrochen nur von dem dumpfen Geräusch, mit dem eine Biene gegen das Fenster flog und wieder abprallte. Von weither klangen Gelächter und Stimmen der Gäste und die leisen Klänge eines Musikinstrumentes, das gestimmt
wurde. Im Park bewegte ein leichter Windhauch die Gräser, und die Blätter der Bäume spiegelten flimmernd das Licht der Sonne.
    Mary erhob sich schwerfällig. Sie war auf einen Sessel gefallen und hatte den Kopf in beide Hände vergraben. Annes Worte schienen ihr in der Stille wiederzuhallen: »Sie hat ihren Mann umgebracht. Mary de Maurois und ich sind Zeugen der Tat. Sie hat ihren Mann umgebracht...« Sie

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