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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sich nicht Lettice schützend vor ihre jüngste Tochter gestellt, sie wäre mit erhobenen Fäusten auf sie losgegangen.
    Nach der Trauung kehrten die Gäste ins Schloß zurück und das Essen wurde aufgetragen. Es bestand aus sechzehn Gängen und dauerte den ganzen Nachmittag bis in den Abend hinein. Der Wein wurde in vergoldeten Kelchen gereicht, und das Gelächter der Gäste drang bis in den Keller hinunter, besonders das von Lord Cavendor, der am betrunkensten war.
    Spät am Abend wurde Mary zu Anne gerufen, die zwischen Bergen von Paketen und Kisten in ihrem Zimmer stand.
    »Ich wollte dich nur fragen, ob du alles vorbereitet hast«, sagte sie, »wir brechen schon morgen früh auf. Bei Sonnenaufgang mußt du hier im Schloß sein.«
    »Ich habe nichts vorzubereiten. Ich besitze nichts als das, was ich anhabe.«
    »Nein? Nun gut, dann wird ja alles ganz einfach.« Annes Stimme klang nervös und sie selber sah sehr elend aus. Die letzten Tage mußten sie ihre ganze Kraft gekostet haben, denn Cathleen hatte sie Tag und Nacht beansprucht, weil sie es keinen Moment allein aushielt. Anne hatte sie in den Armen gehalten, wenn sie weinte und ihr Trost zugesprochen, wenn sie in wilden, zügellosen Worten ihr Schicksal beklagte.
    »Du kannst nach Hause gehen, Mary«, sagte sie müde, »du mußt heute nicht mehr in der Küche helfen, denn du hast morgen eine anstrengende Reise vor dir. Ruh dich aus!«
    Mary nickte und trat langsam aus dem Zimmer. Sie bewegte sich so lautlos, daß die zwei Menschen, die wie graue Schatten in einer Nische des Ganges standen, sie gar nicht bemerkten. Von unten aus dem Zimmer ertönte Gelächter und Gläserklirren, aber hier oben
war alles still wie ausgestorben und gespenstisch dunkel. Nur vor den Fenstern flackerten ein paar Kerzen.
    »Ich kann es nicht aushalten«, sagte eine aufgeregte weibliche Stimme. Es war Cathleen, »ich kann diesen Mann nicht ertragen! Ich kann es einfach nicht!«
    » Wir haben doch schon darüber gesprochen. Ich dachte, Sie hätten eingesehen, daß Sie sich fügen müssen.« Jetzt erkannte Mary den Priester. Eine eigentümliche Scheu hielt sie zurück, sich den beiden zu zeigen. Sie blieb in der Tür stehen und hielt den Atem an.
    »Ich habe es nicht eingesehen, nie, niemals! Und ich werde es nie einsehen! Eher bringe ich ihn um!«
    » Versündigen Sie sich nicht mit solchen Worten!«
    »Ich werde mich nicht nur mit den Worten versündigen, sondern mit der Tat! Ich schwöre, ich weiß, daß etwas Schreckliches geschehen wird!«
    »Warum sagen Sie mir das? Ich kann Sie nicht vorher von der Schuld freisprechen. Wenn Sie tun, womit Sie drohen, dann wird Ihnen ein höchst irdischer Richter einen sehr harten Tod bereiten.« Die Stimme des Priesters klang erschöpft und sorgenvoll. »Machen Sie es mir nicht so schwer«, bat er, »in das Schicksal, einen ungeliebten Mann heiraten zu müssen, haben sich vor Ihnen schon andere Frauen fügen müssen. Denken Sie nur an Prinzessin Mary, die Schwester seiner Majestät des Königs. Sie war fünfzehn Jahre alt, schön und leidenschaftlich verliebt in Charles Brandon, als man sie über den Kanal schickte und zur Frau des sechzigjährigen Königs von Frankreich machte. Nur weil die Staatsinteressen es verlangten! «
    »Aber wenigstens wurde sie ganz schnell Witwe. Robert Cavendor wird noch ewig leben, und mein halbes Leben wird darüber vergehen. « In Cathleens Stimme schwang ein erstes Schluchzen. Schattenhaft konnte Mary sehen, wie Pater Joshua ihre beiden Hände ergriff.
    »Wir haben doch alle Sorgen«, sagte er eindringlich. »Das ganze Land befindet sich auf einem Pulverfaß, das jeden Augenblick in die Luft fliegen kann. Die Allüren des Königs bringen Spanien gegen uns auf und damit auch den habsburgischen deutschen Kaiser. Und
vor allen Dingen den Vatikan. Lady Cathleen, wenn es zu einer Kirchenspaltung kommt, können uns Jahre des Bürgerkriegs bevorstehen. Ich habe heute erfahren, daß sich der römische Kardinal Campeggio, der in London das Scheidungsverfahren leitet, für außerstande erklärt hat, eine Entscheidung zu fällen. Er hat die ganze Sache an den Papst verwiesen. Wissen Sie, was das bedeutet?«
    »Nein«, entgegnete Cathleen trostlos.
    »Es bedeutet, daß der König zum Bittsteller des Papstes geworden ist. Dieser König ausgerechnet soll zum Vatikan pilgern und den Papst um etwas bitten, was dieser nicht erfüllen wird. Man spricht bereits von einem zweiten Gang nach Canossa, aber der Unterschied zu damals

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