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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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ist, daß Henry einen solchen Gang niemals tun wird. Eher reißt er England von der katholischen Kirche los, als daß er in Rom auf die Knie fällt!«
    »Das ist mir doch gleichgültig«, sagte Cathleen erbittert und leidenschaftlich, »es ist mir egal, was der König tut und der Papst und was aus England wird! Und was aus Ihnen wird, kümmert mich auch nicht! Sie denken überhaupt nicht über mein Schicksal nach, sondern nur über Ihre eigene Zukunft. Sie zittern vor Angst, weil plötzlich der Tag kommen könnte, an dem ihr Priester euch für den König oder für den Papst entscheiden müßt, und schon heute wissen Sie, daß Sie zu feige sein werden, dem heiligen Vater in Rom die Treue zu halten! Aber ich, ich soll mich tapfer und gefaßt in mein Los ergeben, um in tausend Jahren die Belohnung des Himmelreiches dafür zu ernten! Oh, ich hasse diese Verlogenheit!« Cathleen riß sich los und rannte davon. Ihre Schleppe rauschte hinter ihr her und ihr Schmuck schlug klirrend aneinander.
    Pater Joshua seufzte, murmelte halblaut einen lateinischen Satz, wohl ein Stoßgebet, ehe auch er sich entfernte, um sich wieder zu der Hochzeitsgesellschaft zu begeben.
     
    Am nächsten Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, brachen die Reisenden von Fernhill auf. Mary war viel zu früh dagewesen, denn sie hatte vor Aufregung keinen Moment lang schlafen können und war aufgestanden, als noch Morgennebel über den Dächern lag und kein Licht sich am östlichen Horizont zeigte. Ambrose, Edward
und Bess schliefen noch, aber Mary hatte ohnehin kein Verlangen, sich von ihnen zu verabschieden. Sie ging in die Küche, wo Lettice bereits Feuerholz im Ofen stapelte.
    »Ich möchte nichts essen, Mutter«, sagte sie, »ich werde gleich gehen.«
    Sie stand etwas unschlüssig herum, denn sie empfand diesen Abschied als etwas Besonderes und hätte Lettice gern umarmt. Aber Lettice machte keinen Schritt auf sie zu, sondern betrachtete sie nur kühl und konzentriert.
    »Vergiß nicht, was ich gesagt habe«, sagte sie, »vertrau diesen Leuten nicht zu sehr und lerne selbständig zu sein!« Dann wandte sie sich wieder dem Ofen zu und beachtete Mary nicht mehr, die leise seufzte und die Küche verließ. Draußen begegnete sie Nan, die mit schlurfenden Schritten den Gang entlangkam.
    »Nan, ich reise nach London«, verkündete sie, in der sicheren Gewißheit, daß die Alte das schon längst nicht mehr wußte, »auf Wiedersehen!«
    »Nach London. Soso!« Nan wiegte bedenklich den Kopf.
    »Du wirst zurückkehren«, murmelte sie, »jaja, Kind, sie holen dich wieder. Und dann sieh dich vor!«
    »Aber ja, natürlich komme ich wieder. In vier Jahren, wenn Frederic und ich heiraten und in Marmalon leben.«
    Nan kicherte nur. »Niemand entgeht seinem Schicksal, Mary, auch du nicht. In den Sternen steht dein Weg und du kannst nichts dagegen tun. Ich sehe Marmalon, aber es liegt der Schatten einer Tragödie darüber. Ja, ein großer Schatten!«
    »Leb wohl, Nan«, sagte Mary rasch. Die Prophezeiungen der al— ten Frau erschreckten sie. Sie trat hinaus auf die Gasse, die dunkel und kalt war, an deren Ende aber bereits ein blasses, sanftes Licht den neuen Tag ankündigte. Das rostige, geschwungene Schild mit der verschnörkelten Aufschrift »Armenhaus« über der Tür bewegte sich leise quietschend. Der Wind trug den sommerlichen Geruch von frischgeschnittenem Gras und feuchtem Tau bis in das verdreckte Dorf hinein, und einen Moment lang überfiel Mary eine wehmütige Erinnerung an die ungezählten Sommertage mit Frederic in Marmalon.

    »Es hat keinen Sinn«, sagte sie halblaut zu sich, »jetzt ist er fort und ich muß diese Jahre irgendwie überstehen. Wenn er sich auf und davon macht, habe ich auch das Recht, dieses Nest zu verlas— sen!«
    Sie langte in Fernhill an, als seine Bewohner noch schliefen. Nur Gladys war schon auf und ließ sie ein. Später führten Diener die Pferde auf den Hof, herrliche Tiere aus dem Besitz von Lord Fairchild, die unter den Sätteln Decken aus purpurrotem Brokat trugen.
    »Die Pferde gehörten zu Lady Cathleens Mitgift«, erklärte Gla— dys, »und die herrlichsten Juwelen und Stoffe und viel Geld soll sie mit sich führen. Lord Fairchild hat sich seine einzige Tochter eine Menge kosten lassen.«
    Als die Morgensonne gerade über dem östlichen Horizont aufging, traten Lord Cavendor und Cathleen Arm in Arm aus dem Portal des Schlosses und gingen langsam die Treppe hinunter. Cathleen trug einen schwarzen Mantel, dessen Kapuze sie

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