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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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hinunter. »Sei vorsichtig«, warnte er, »vielleicht brauchst du mich mal eines Tages und ich erinnere mich daran, wie du mit mir umgesprungen bist!«
    Mary fand das alles höchst lächerlich und antwortete nicht darauf. Nicolas war verstimmt und ein paar Wochen sahen sie einander nicht. Mary fand ihr Leben leichter, wenn er nicht dauernd in Erscheinung trat. Sie wartete ohnehin jeden Tag voller Unruhe auf jenes Ereignis, das von Lord Cavendor geplant wurde und das sie zur Mittäterin machen würde.
    Dann, in einer Dezembernacht, war es soweit.
    Mary lag schlafend in ihrem Bett und erwachte davon, daß eine
Hand sanft über ihr Gesicht strich und irgend jemand dicht und heiß über ihrem Mund atmete. Hastig richtete sie sich auf. Cavendor stand über sie geneigt, in der einen Hand eine Kerze, in der anderen einen Brief.
    »Bist du wach?« flüsterte er.
    »Ja«, sagte Mary gereizt. Sie wies auf den Brief. »Schon wieder nach... ?«
    »Ja. Du mußt ins Sherwood Inn.«
    Mary seufzte. Es war wesentlich unangenehmer, in einer eiskalten Dezembernacht das Haus zu verlassen, als im August, und außerdem wußte sie diesmal schon zu viel.
    »Gut, ich gehe«, sagte sie resigniert.
    Cavendor setzte sich neben sie. »Noch etwas«, sagte er, »du mußt jetzt ein paar Wahrheiten erfahren, denn es werden einige Dinge geschehen, für die ich deine Hilfe brauche. Und um eines gleich klarzustellen: Weigern nützt dir nichts. Du bist schon zu lange meine Komplizin. Wenn du nicht mehr tust, was ich dir sage, ist es ein leichtes für mich, dich für alle Zeiten hinter die dicken Mauern eines Gefängnisses zu bringen. Hast du das verstanden?«
    »Ja«, flüsterte Mary tonlos.
    Cavendor umfaßte mit hartem Griff ihr Handgelenk. »Wie bitte? «
    »Ja«, wiederholte Mary lauter.
    Cavendor ließ sie los. »Gut, dann verstehen wir uns. Paß auf: Will Shannon, der Besitzer vom Sherwood Inn, wird dir heute nacht ein Pulver geben, das er selber hergestellt hat. Es ist Gift – tödliches Gift in einer Konzentration, die ausreicht, einen erwachsenen Menschen innerhalb weniger Stunden sterben zu lassen. Er hielt inne. Stumm sah Mary ihn an.
    »Das Gift ist für eine Person am Hofe Ihrer Majestät bestimmt«, fuhr Cavendor fort, »mein Plan, wie wir es ihr zuführen werden, ist nicht kompliziert, aber ich darf nicht in Erscheinung treten.«
    »Dann soll ich...?«
    »Ich werde dir alles genau erklären. Aber jetzt mußt du erst das Pulver holen.«
    »Oh, aber Mylord... das kann ich nicht! Ich kann zum Sherwood
Inn gehen, aber mehr nicht. Das können Sie nicht von mir verlangen. Ich kann keinen... Mord begehen!«
    Cavendor sah sie kalt an. »Du hast zwei Möglichkeiten«, sagte er. »Entweder du tust, was ich dir sage, oder du erwachst schon morgen früh auf einem Strohlager im Tower. Ich bin mächtig genug, dich zu vernichten, aber du besitzt nicht genügend Einfluß, es mir heimzuzahlen. Niemand, verstehst du, niemand würde dir glauben – einem Bettelmädchen! Denk daran! Und hier«, er reichte ihr die Papierrolle, »das gibst du Will. « Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.
    Mary schlug mit der Faust auf die Bettkante. »Verdammter Lump«, stieß sie leise hervor. Mit einer heftigen Bewegung stieg sie aus dem Bett, schlüpfte in ihre Kleider, hüllte sich in mehrere wollene Tücher und verließ ebenso zornig wie unglücklich das Haus. Draußen wirbelten ihr Schneeflocken entgegen, die eisige Luft machte das Atmen schwer.
    Ich könnte ihn töten, dachte sie. Sie hätte ihm leichteren Herzens Böses zugefügt als der unbekannten Lady Winter, die kein anderes Verbrechen beging, als bedingungslos und leidenschaftlich zur Königin zu stehen. Sie sollte ihr Leben lassen, weil sie es wagte, einem König, dessen Kronrat und seiner Herrschaftsgewalt furchtlos die Stirn zu bieten, anstatt sich ehrerbietig seinen Befehlen zu beugen.
    Mary hatte Tränen in den Augen, als sie zum Sherwood Inn kam. Will verschwand wie gewohnt in seinem Hinterzimmer. Mary kauerte sich vor den Kamin, wärmte ihre erstarrten Finger über dem Feuer und kraulte den zottigen Hund, der seit dem Sommer unverändert auf seinem Platz zu liegen schien. Kurz kam ihr der Einfall, fortzulaufen, aber sie könnte nur ins Armenhaus zurückgehen und dann erschien es ihr noch erträglicher, Lady Winter Gift zu verabreichen. Natürlich überlegte sie auch, ob sie das Gift einfach gegen irgendein harmloses Pulver tauschen sollte, aber dazu fehlte ihr der Mut. Cavendor kannte ihren

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