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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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konzentrieren und mit ihrer Stimme alle Geräusche zu übertönen.
    Anne hob den Kopf. In ihren dunklen Augen lagen Wut und Schmerz. »Sie braucht keinen Halt, sie hat mich«, sagte sie, »wie kannst du behaupten, daß sie noch jemanden braucht? Sie will niemanden außer mir. Wir sind immer zusammen gewesen und nie hat sie jemand anderen gewollt als mich.«
    »Ich weiß ja, ich weiß. Ich dachte nur...«
    »Ach, sei still!« Anne fing wieder an zu weinen. Mary hörte eine Tür schlagen und Schritte, die sich entfernten. Die Nacht lag still und dunkel, als sei nichts geschehen. Irgendwo draußen bellte ein Hund.
    »Er ist weg«, sagte Mary, »Cavendor ist gegangen.«
    Sie vernahm das Tappen von Füßen, dann wurde die Tür entriegelt und Cathleen erschien. Sie wirkte verstört, wie ein kleines Kind, das einen bösen Traum gehabt hat, rannte zu Anne hin und fiel neben ihr zu Boden.
    »Anne«, jammerte sie leise. Anne fuhr hoch, schlang beide Arme um sie und klammerte sich an sie. Sie verharrten einen Moment lang so, dann löste sich Cathleen und wich ein Stück zurück.
    Entsetzen klang in ihrer Stimme als sie sagte: »Aber du blutest ja, Anne. Was ist denn geschehen?«
    »Es ist nicht so schlimm. Ich wollte Ihnen zur Hilfe kommen, Cathleen. Cavendor...«
    »War er das?«
    »Er hat sie niedergeschlagen«, sagte Mary, »sie war bewußtlos.«
    »Oh, nein! Nein, Anne, ist das wahr?«
    »Es ist wirklich nicht so schlimm. Viel schlimmer ist... ach, Cathleen, ich habe mir so sehr gewünscht, Ihnen zu helfen. Ich hätte mich totschlagen lassen für Sie. Aber ich konnte nicht...«
    »Ich weiß«, sagte Cathleen still, »niemand kann mir helfen.«
    »Vielleicht, wenn Sie nun ein Kind...« begann Mary vorsichtig, aber Cathleen fuhr sie an: »Ein Kind! Glaubst du, ich will ein Kind von diesem Verbrecher? Ich bete zu Gott, daß ich keines bekomme! «

    »Da haben Sie auch völlig recht«, stimmte Anne mit sanfter Stimme zu, »ein Kind bedeutet eine lebenslange Last und Verantwortung. Sie brauchen keines, denn Sie haben mich.« Sie wandte sich an Mary.
    »Geh jetzt schlafen, Mary. Ich hoffe, es hat dich nicht zu sehr verstört, was du eben erlebt hast?«
    »Nein, Madam«, erwiderte Mary mit einem leisen ironischen Lächeln. Als Einzige hatte sie immerhin nicht geschrien und war nicht in Ohnmacht gefallen.
    Ich habe bessere Nerven als die beiden zusammen, dachte sie, Anne Brisbane ist fast wahnsinnig geworden, nicht ich!
    Sie stand auf und sah auf die beiden Frauen hinunter, die eng aneinandergepreßt auf dem Boden kauerten. Anne hatte ihre Ruhe wiedergefunden und ihre alte Mutterrolle übernommen. Sie hielt Cathleen in ihren Armen und schaukelte sie sacht hin und her. May begriff, daß niemand mehr an ihrer Anwesenheit interessiert war. So schnell sie konnte huschte sie durch das dunkle Haus, unter den Ahnenporträts entlang die Treppe hinauf. Sie atmete auf, als sie ihr Zimmer erreicht hatte, ohne Cavendor zu begegnen. Als sie lag und die Anspannung von ihr abfiel, merkte sie, daß sie verwirrter war, als sie geglaubt hatte. Ihre Hände zitterten und so sehr sie sich bemühte, sie konnte keinen Schlaf finden. Sie wälzte sich unruhig hin und her, bis der Morgen graute und sie endlich aufstehen konnte.
     
    Eine seltsame Grabesruhe lag von da an über dem Haus. Alle wirkten wie versteinert und liefen auf Zehenspitzen umher. Cathleens zerbrochene Zimmertür rief bei den Dienstmädchen große Augen, bei den älteren Dienerinnen vielsagende Blicke hervor. Anne huschte wie ein Schatten herum, sorgenvoll und gedankenabwesend. Sie hatte ihren früheren Umgangston verbindlicher Liebenswürdigkeit gegenüber den anderen Bewohnern ganz verloren. Als ein Tischler kam und eine neue Tür für Cathleens Zimmer anbrachte, wurde er von Anne mit harten Worten zurechtgewiesen, als er nur für einen kurzen Moment verschnaufte.
    »Weißt du, was ich gehört habe?« fragte Agnes Mary vertraulich,
und als sie den Kopf schüttelte, kicherte sie. »Alle sagen es. Mylady trinkt zuviel. Deshalb kommt sie jetzt gar nicht mehr aus ihrem Zimmer. Gestern konnte sie keinen Schritt tun ohne zu schwanken. Es kommt, weil sie mit Seiner Lordschaft so unglücklich ist. Neulich nachts soll es einen furchtbaren Streit gegeben haben und Seine Lordschaft hat... na ja, ich will nicht klatschen. Hinterher heißt es wieder, Agnes kann den Mund nicht halten. Aber sie trinkt!«
    »Du redest ja Unsinn!«
    » Nein, nein. Frag nur die Köchin. Gestern ging sie einmal zu Mylady,

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