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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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um das Dinner mit ihr zu besprechen, aber Mylady konnte nicht reden. Sie war völlig betrunken, schon vor dem Frühstück!«
    Mary zuckte mit den Schultern. Agnes übertrieb meistens, aber vielleicht betäubte sich Cathleen tatsächlich manchmal mit ein paar Schlucken Branntwein. In ihre Erinnerung trat der Abend von Cathleens Hochzeit, als sie die Braut zusammen mit dem Priester als schattenhafte Gestalten in einem dunklen Gang von Fernhill hatte stehen sehen und die heftigen Worte gehört hatte:
    »Es wird eine Tragödie geben, ich weiß es! Es kann gar nicht anders enden als schrecklich!«
     
    Eines Nachts, als Mary wach im Bett lag, und durch das Fenster auf dunkle, tiefhängende Wolken sah, hörte sie ein Geräusch aus einem der unteren Stockwerke, das sie aufhorchen ließ. Es war nur ein leises Knacken, aber es schien aus dem Flügel zu kommen, in dem Cathleen schlief. Mary richtete sich auf und lauschte. Sie dachte an die Nacht eine Woche zuvor und alles in ihr krampfte sich zusammen.
    »Nicht schon wieder«, murmelte sie, »oh, verdammt!«
    Sie überlegte, daß es besser wäre, oben zu bleiben, denn schließlich ging sie das alles nichts an, aber ihr fiel ein, wie Cavendor Anne niedergeschlagen hatte. Ihre Unruhe wuchs. Es mochte gut sein, wenn ein Mensch in der Nähe wäre, der nicht den Verstand verlor. Womöglich könnte sie das Schlimmste verhüten. Sie erhob sich, hängte sich ihre Decke um die Schultern und verließ ihr Zimmer. Sie nahm keine Kerze mit, um im Notfall ungesehen verschwinden zu
können. Glücklicherweise kannte sie das Haus gut genug, um ihren Weg auch im Dunkeln zu finden. Leichtfüßig kletterte sie die steile Dachbodentreppe hinab, wobei sie die knarrenden Bretter sorgfältig vermied. Es mußten nicht noch mehr Leute aufwachen.
    In den unteren Gängen bedeckten dicke Teppiche den Boden, es wurde leichter, dort entlang zu huschen. Mary wagte kaum zu atmen. Aus Cathleens Zimmer sickerte ein schmaler Streifen Helligkeit unter der Tür hindurch auf den Flur. Unterdrücktes, erregtes Flüstern war zu hören. Es waren Frauenstimmen, die da sprachen, und zwar offensichtlich die Stimmen von Cathleen und Anne. Cavendor schien nicht dabei zu sein.
    Gerade als Mary, die unschlüssig stehengeblieben war, umkehren und wieder nach oben schleichen wollte, vernahm sie Cathleen, die mit etwas erhobener, schriller, flackernder Stimme sagte: »Anne, er ist tot! Er atmet nicht mehr! Was soll ich machen? Oh, Jesus im Himmel, was...« Die Stimme brach, ehe sie sich zum Schreien steigern konnte.
    Anne antwortete sanft: »Regen Sie sich nicht auf, Cathleen. Nur wir beide wissen, was geschehen ist, und außer uns wird keiner je das Geheimnis kennen. Wenn wir keinen Fehler machen, kann nichts passieren. Aber wir müssen ihn gleich fortbringen. Oh, Cathleen, bitte, halten Sie jetzt durch!«
    Mary zögerte, für die Dauer eines Augenblicks von dem Wunsch getrieben, alles was sie gehört hatte als einen bösen Traum abzutun. Aber natürlich siegte die Neugier. Leise öffnete sie die Tür.
    Cathleens Schlafzimmer wurde von drei Kerzen erhellt, die in einem geschwungenen silbernen Leuchter standen und im Luftzug der Tür heftig zu flackern begannen. In der Mitte des Raums lag auf dem kostbaren Webteppich die massige Gestalt Lord Cavendors, unverkennbar, obwohl sein Gesicht dem Fußboden zugewandt war. Er trug seine wuchtigen Reitstiefel aus Leder mit den schimmernden Sporen daran und einen knielangen Mantel aus Wolle, bestickt mit kleinen Stücken Hermelin und taubeneiergroßen Saphiren. Sein Barett war ihm vom Kopf gerutscht und lag einsam vor dem erkalteten Kamin. Die Hände des Lords, an deren Finger die großen Ringe prangten, krallten sich in den Teppich.

    Direkt neben ihm, wie zwei lange graue Schatten aufragend, standen Cathleen und Anne und starrten in fassungslosem Schrecken zur Tür. Cathleen trug ein Nachthemd aus dunkler Seide, ihre blonden Haare fielen ihr offen den Rücken hinab, in ihrem hohlwangigen, blassen Gesicht glühten die Augen. Ihr Entsetzen schien nicht so sehr vom plötzlichen Erscheinen Marys herzurühren, sondern ihr graute vor dem toten Mann, der da zu ihren Füßen lag, wohingegen Anne, im schwarzen Morgenmantel, mit einer Haube aus Seide über dem Haar, sofort die Lage erfaßte, ihren Schrecken überwand, mit wenigen Schritten bei Mary war und sie ins Zimmer zog.
    Während sie die Tür schloß, fauchte sie mit gedämpfter Stimme: »Wo kommst du her? Was suchst du hier?«
    Mary

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