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Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon

Titel: Die Sterne von Marmalon - Link, C: Sterne von Marmalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Dunkelheit. Zu ihrem Erstaunen stand Mary einem fremden, jungen Mann gegenüber, der sie erschrocken anblickte.
    Einen Moment lang standen sie voreinander, ohne etwas zu sagen.
    Mary faßte sich als erste. »Verzeihen Sie«, sagte sie, »ich suchte eigentlich Mr. Belville. Ich meine, Frederic Belville.«
    Der Fremde schien sich nur schwer von seinem Schreck zu erholen, was Mary etwas verwunderte. Wie konnte er sich vor ihr so ängstigen? Da er nicht antwortete, fügte sie hinzu: »Vielleicht können Sie mir sagen, wo er ist?«
    Jetzt endlich hatte ihr Gegenüber sich erholt. »Er ist fortgegangen«, erklärte er, »Mr. Bruce Belville ist heute früh gestorben. Ich glaube, Mr. Frederic wollte mit dem Priester über die Beisetzung sprechen.«
    »Ach so... es tut mir leid... ich hoffe, der alte Mr. Belville hat nicht zu sehr gelitten?«
    »Es war schnell vorbei.«
    »Dann hatte er noch Glück. Meine Mutter ist auch an der Seuche gestorben, und bei ihr dauerte es entsetzlich lange.«
    »Mein Beileid«, entgegnete der junge Mann hilflos. Mary hatte den Eindruck, daß er nichts so sehr wünschte, als daß sie endlich verschwände. Kurz entschlossen reichte sie ihm die Hand.
    »Ich bin Mary Askew. Es war sehr unhöflich, Sie hier einfach
auszufragen und nicht zu sagen, wer ich bin. Mr. Belville und ich werden heiraten.«
    »Das freut mich.« Der Fremde schien nicht bereit, seinerseits zu erklären, wer er war und was er hier tat. Mary zuckte mit den Schultern.
    »Ich werde jetzt gehen«, sage sie, »wenn Mr. Belville zurückkommt, sagen Sie ihm bitte, daß ich da war.«
    »Das werde ich tun, Miss Askew. Entschuldigen Sie mich bitte. Ich möchte ins Haus zurück.« Er ging davon. Mary sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Seltsame Gäste hielten sich in Marmalon auf. Eine unheilvolle Stimmung hatte sich über das Gut gebreitet. Ihr fiel ein, was Frederic gestern gesagt hatte:
    »Uns stehen schwere Zeiten bevor. Es wird einen Krieg zwischen der Kirche und dem König geben, und wir werden uns für eine Seite entscheiden müssen. «
    »Lieber Himmel«, murmelte sie ahnungsvoll, während sie den Hof verließ und den Hügel hinaufstieg, »Frederic Belville, du wirst dich doch nicht schon entschieden haben? Wer ist der geheimnisvolle Fremde? Und weshalb bist du so verändert?«
     
    Jammernd, stöhnend und glühend vor Fieber legte sich Ambrose noch am selben Tag, da er die ersten Symptome der Seuche verspürt hatte, ins Bett, streckte alle viere von sich und verlangte laut jammernd nach Hilfe. Mary war jetzt von morgens bis abends auf den Beinen, um seine ständig wechselnden Wünsche zu erfüllen, und es kostete sie eine unendliche Mühe, das Haus jetzt nicht wieder in seinen alten Verwesungszustand geraten zu lassen, denn die stechende Sonne machte alle ihre Bemühungen schnell zunichte. Natürlich bekam sie von niemandem Hilfe, Edward rührte nie einen Finger und schon gar nicht jetzt, wo sein Vater krank war, denn er zitterte aus Furcht vor einer Ansteckung und verbarrikadierte sich im Schuppen auf dem Hof. Morgens, mittags und abends kam er scheu hinübergeschlichen, um sich sein Essen abzuholen, wobei er Mary mißtrauisch musterte, ob sie vielleicht auch schon Anzeichen einer Ansteckung zeigte.
    Einmal kam Pater Joshua vorbei, der von Ambroses Erkrankung
gehört hatte und nachsehen wollte, ob er noch etwas für ihn tun könnte. Ambrose, der ihn sonst nur unter Schmähungen und Beleidigungen auf die Straße gewiesen hatte, klammerte sich diesmal geradezu an ihm fest und versprach, seine Seele auf ewig Gott und der Kirche zu weihen, wenn er nur diesmal noch davonkommen durfte. Er sah schauderhaft aus, übersät mit dunklen Flecken, entstellt durch seine geschwollenen, aufgerissenen Lippen, tränenden Augen und offenen Wunden am ganzen Körper. Er stank wie die Pest selber und sogar der Priester, der in diesem Jahr Dutzende von Kranken und Sterbenden erlebt hatte, verließ das Zimmer schnell wieder. Er ging hinunter in die Küche zu Mary und sah sie mitleidig an.
    »Sie brauchen dringend etwas Ruhe«, sagte er, »Sie sind viel zu blaß und zu dünn.«
    Mary wandte sich zu ihm um. Sie war tatsächlich bleich im Gesicht und ausgezehrt, aber ihre Wangen leuchteten.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte sie, »machen Sie sich keine Sorgen. «
    Der Priester, der sie jeden Abend an der Mauer seines Gartens vorbei zum Dorf hinauslaufen sah, nickte verständnisvoll.
    »Frederic Belville«, sagte er, »ihr habt euch

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