Die Sternenkrone
eurem Schlafsaal?«
»Manche Mädchen behaupten es.«
»Dann gewöhnt euch an, sie zu füttern!«
»Ach, es geht doch gar nicht um die Mäuse. Du verstehst nicht, was ich ...“
»O doch«, unterbricht er sie mit düsterer Miene. »Du sagst es überdeutlich.«
Sie haben den Brief noch nicht ganz zu Ende gelesen, als das Telefon erneut klingelt. Als Di ans Schlafzimmer-Sprechgitter geht, fragt eine mürrische Männerstimme, ob sie einen Besucher, erwarten und wenn ja, wie er heißt.
»Oh, Fred. Frederick, glaube ich ... äh ...«
»Fred Tillum«, wirft Don ein. »Von Enklave 55.«
»In Ordnung. Sie sprechen mit Captain Jordan. Wie ich höre, haben Sie beide heute einen Zeitwechsel vollzogen. Wir werden so rasch wie möglich provisorische Ausweise für Sie anfertigen lassen.«
»Ja, das habe ich soeben unseren Unterlagen entnommen. Aber wir sind noch todmüde und werden das Haus heute ganz bestimmt nicht verlassen. Könnten wir morgen kommen?«
»Sie geben mir Ihr Wort, daß Sie heute abend nicht ausgehen?«
»Natürlich, Captain Jordan.«
Don verspricht ebenfalls feierlich, in der Wohnung zu bleiben. »Dann reicht uns morgen früh. Könnten Sie um sieben Uhr hier sein? Haben Sie Dreiräder?«
»Allem Anschein nach ja.«
»Dann denken Sie daran, daß die Dinger nur auf den Straßen benützt werden dürfen – keinesfalls auf den Gehwegen. Befindet sich in Ihrer Wohnung eine Karte der Enklave?«
»Ich glaube, daß eine an der Eingangstür hängt. Aber ich habe sie noch nicht genau angesehen.«
»Gut. Melden Sie sich an der Wachstation der Ostpforte ... Die Südpforte wird vor allem für den Durchgangsverkehr benutzt, während die Westpforte zum medizinischen Betreuungszentrum und in den Einkaufsdistrikt führt. Das Nordtor ist permanent geschlossen.«
»Weshalb diese Maßnahme, Captain?«
»Aus Angst vor den Brandstiftern, die sich vor der Enklave herumtreiben. Außerdem wurde es ohnehin kaum benutzt. So stimmte die Mehrheit dafür, es zumindest eine Zeitlang zu versiegeln.«
»Ich verstehe. Vielen Dank. Wir werden um sieben da sein, falls wir uns nicht verirren.«
»Gut.« Er unterbricht die Verbindung »Ganz schön umständlich«, kommentiert Di.
»Tja, manche Leute sind es gewohnt, daß sich die Cops in ihre Villa bemühen. Nein, nicht gleich wütend werden! Kannst du mit einem Dreirad fahren? Wenn ich es mit fünfundsiebzig konnte, kann ich es jetzt sicher auch.«
»Klingt logisch. Was hast du da?«
»Unsere alten Ausweise, die mit im Brief steckten. Kannst du dir vorstellen, daß wir so ausgesehen haben? Ein Alptraum!« Sie zieht ihr Foto zurück, aber er hält ihre Hand fest.
»Du übertreibst maßlos. Wir sind alt, okay – aber dafür haben wir uns bemerkenswert gut gehalten. Du vor allem!«
Sie zieht die Nase kraus und schiebt die Ausweise beiseite. Wieder ein Klingeln. Diesmal ist es nicht das Telefon. »Verflixt, wo ist gleich wieder die Eingangstür?«
»Da drüben.«
Wie sich zeigt, ist Fred ein eleganter alter Herr mit weißem Kinnbart, der locker und wortreich plaudert. Zu ihrer großen Überraschung ist er schwarz – dunkelschwarz. Selbst Don war irgendwo davon ausgegangen, daß in den Enklaven vorwiegend Weiße leben würden.
»Ach, du liebe Güte, laßt euch ansehen!« ruft Fred. »Jetzt begreife ich erst, warum die Leute mich damals so anstarrten ... Die Jugend, die Jugend ... Wer hat gesagt, daß die Jugend an die Jungen verschwendet wird? Aber es ist mehr als die Jugend, Di – du bist atemberaubend schön! Darf ich?« Er tritt dicht vor sie hin.
Ehe sie ausweichen kann, hat er ihr Gesicht sanft in seine großen Hände genommen und dreht es ins Licht. Er betrachtet sie einen Moment lang und küßt sie dann sanft auf die Stirn. »Ach Gott, hoffentlich habe ich dich nicht erschreckt!« fügt er lächelnd hinzu. Seine Knie knirschen hörbar, als er auf einem Diwan neben dem Sofa Platz nimmt.
»Wenn ihr wüßtet, wie oft ich das gemacht habe«, erzählt er ihnen. »Ich erinnere mich, daß wir anfangs sogar in einem Bett übernachteten. Als ihr noch bei mir wohntet, überließen wir Di die eine Hälfte des Betts, während Don und ich abwechselnd auf dem Fußboden schliefen.« Er lacht fröhlich. »Ihr wißt nichts von früher, stimmt's?«
»Absolut nichts.«
»Tja, so ist das nun mal.« Er kneift die Augen zusammen und mustert Don. »Du siehst auch nicht schlecht aus, mein Junge. Aber ich könnte dir etwas gegen deine ... äh ... Hautprobleme empfehlen.«
»Danke, nicht
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