Die Sternenkrone
schlafendes Feuer abhebt.
Nach ihrer Rückkehr an die Uni wurde sie fast bis zur Unerträglichkeit erregt durch das Thema Vulkanismus. Und da die Bank ihr immer noch die Gewinne aus Onkel Robbies früheren Anteilpapieren gutschrieb, spendierte sie ihrem ganzen Geologie-Semester zu Ostern einen Charterflug zu einem lebenden Vulkan vor Island.
So kam es, daß ihr Dozent und vierzig Mitstudenten sich in der Situation befanden, ein Champagner Picknick den Hang eines Küstenkraters in der Nähe von Surtsey hinaufzuschleppen. Dieser spezielle Vulkan hatte sich bis auf einen kleineren inneren Eruptionskanal zurückgebildet und wurde für ziemlich ungefährlich gehalten. Auf dem Gipfel des Kraters erstreckte sich eine Ebene aus Tuff und Bimsstein; P. rannte begeistert in ihren handgefertigten Designerschleichern darauf herum. Kleine Fumarolen wurden spuckend lebendig, als sie an ihnen vorüberkam. Sie lächelte freudig. Die anderen blieben zurück. Zitternd vor Aufregung ging P. allein bis an den Rand des noch aktiven Kraters und beugte sich vor, um hineinzugehen.
Unter ihr brodelte SEIN geschmolzenes Wesen! Fließendes Feuer, mit einem Spitzenbesatz aus sonderbarer Kruste. War das vielleicht SEIN Blut, das auf kosmischen Narben getrocknet war? Oder vielleicht – eine freudvollere Absonderung?
Sie starrte gebannt hinein und verspürte nur schwach die Lust, sich hineinzustürzen. (Die Zeit, das wußte sie irgendwie, war noch nicht gekommen.)
Flammenzungen schossen hoch, wärmten ihr Gesicht. O Geliebter! P. starrte weiter in die Tiefe, voller Entzücken.
Plötzlich packte sie jemand von hinten und trug sie gewaltsam mit stolpernden Schritten über die Ebene. Es war Dr. Ivvins, ihr Dozent.
»Halt! Lassen Sie mich los!«
»Weg! Weg, schnell!« brüllte er ihr zu, während er sie zu Boden ließ. Er zerrte sie im Laufschritt über die Schlacke zur Kraterwand. Sie sah die anderen rennen und hörte über und unter sich ein immer lauter werdendes Rumoren.
»Der gottverdammte Gipfel explodiert!« Dr. Ivvins keuchte, als sie die Furche erreichten, die zu den äußeren Hängen führte. Mehrere große Gesteinsbrocken tanzten durch die Luft. Während die anderen durch die Furche stürmten, riß sich P. von Ivvins los, um sich umzudrehen und hinabzublicken.
Mit donnerndem Getöse brach Lava aus dem Vorsprung, auf dem sie gestanden hatte, und schleuderte Geröll hoch. Explosionen – ein Krachen und Bersten – eine Säule aus blendendem Licht: Eine Flut von schäumender, orangefarbener Lava brodelte aus dem Boden des Kraters heraus. Eine Woge von Hitze überrollte sie. Ein Ding flog aus dem Feuer und landete federnd vor ihren Füßen, glühend und speiend. P. erkannte die Spindelform – eine vulkanische Bombe. Wie wundervoll!
In der geschmolzenen Oberfläche der Bombe zeigten sich zwei rosige, vollkommen geformte menschliche Lippen. Sie lächelten sie an.
P. stieß einen wortlosen Schrei aus und hätte sich daraufgestürzt, wenn sie nicht wieder gepackt und weggezerrt worden wäre. Asche regnete nun ringsum herab; der Himmel war verfinstert. Ivvins drängte sie die kahlen Hänge hinab, während der Berg brüllte. Als ihr Flugzeug abhob, sah P., wie die ganze Kraterwand langsam nach außen zerbarst und eine Sturzwelle dunkler Flammen in die Tiefe rollte. SEIN Abschiedsgruß! Sie nahm ihn liebevoll in ihre Seele auf und sandte später ein Telegramm an Reinhold, den Überlebenden und Hinterbliebenen eine Entschädigung zu zahlen.
Freudig kehrte P. zu ihren Studien zurück – und mußte einen Rückschlag hinnehmen. Der Lehrstoff führte sie jetzt unter SEINE Haut und ins Innere SEINES riesigen Körpers. SEINE wahre Größe kam ihr immer mehr zu Bewußtsein. Die unendlichen Tiefen der Ozeane, so erkannte sie, waren für IHN nicht mehr als für sie die Grübchen auf ihrem Rücken. Was lag darunter? Hoffnungsvoll folgte sie ihren Lehrern hinunter durch die sialische Schicht, durch die Lage des Andesit-Gesteins bis tief in die Siama-Schicht. Doch all das war noch SEINE äußere Haut. Die Mohorovicic-Bohrungen waren nur ein Nadelstich für IHN. Selbst die dicken Lavaschichten waren für IHN nicht mehr als eine flache Kruste, nicht dicker als eine Talgablagerung. Darunter, so erfuhr sie, lagen Hunderte von Kilometern einer Olivin-Gesteinsmasse, die als Erdmantel bezeichnet wurde. Und darin eingehüllt war, wie ein planetarischer Eidotter von dreitausend Kilometer Breite, SEIN innerer Kern. Ach! Was war dort?
Zu ihrer großen
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