Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
Vom Netzwerk:
Weg zur Ehrentribüne, doch der gesamte Bereich neben dem Schiff, von wo aus Angli unvorhergesehene Exkursionen ins Publikum hätten unternehmen können, war ebenfalls abgeriegelt. Und die Menschen standen diesmal hinter einer Reihe provisorischer Sitzplätze, für deren Benutzung bezahlt werden mußte. Über dem Gelände hatte man große Videobildschirme montiert, damit auch alle, die kamen, das Geschehen vorn miterleben konnten.)
    Und wie viele kamen! Bald waren sowohl Sitzplätze wie auch das gesamte Gelände völlig mit Menschen überfüllt, die sich in jedes freie Plätzchen hineinquetschten.
    Als das Schiff landete, sah man, daß es viel größer als das erste war, mit erheblich größeren >Blasen< und eine riesigen Blase oder Kuppel in der Mitte. Alle Angli hatten sich wieder eingefunden. Sie standen in einer für sie ungewohnt formellen Weise in einer Reihe um das Schiff, die einer Absperrung glich, bei sich eine Gruppe menschlicher Kinder, deren Arme mit Blumen für die göttlichen Besucher beladen waren.
    Schließlich öffnete sich eine äußere Tür, und ein riesiges, gebrechlich wirkendes krakenähnliches Wesen schwankte heraus. Sein großes Auge blinzelte tränend ins Scheinwerferlicht. Es war vollständig mit Tierüberresten, insbesondere Fischköpfen und Schwanzflossen, behängt, und sein Kopf verbarg sich unter der monströsen Maske eines unbekannten wilden Tiers.
    »Eine ... äh... animistische Gottheit aus uralter Zeit«, sagte die Stimme des Ansagers. »Erstaunlich langlebig.« Anglisische Helfer überreichten dem Stammesidol etwas Triefendes zu essen und führten es dann zu einem abgesperrten Platz, wo Ruhelager aufgebaut waren. Der Totemgott rutschte mehr auf seinen Fangarmen vorwärts als aufrecht zu gehen. Offensichtlich stammte er aus einer Zeit, als die Angli noch vorwiegend im Meer gelebt hatten.
    Als nächstes kam ein faßförmiges, völlig verhülltes Etwas zum Vorschein, fettleibig und anscheinend ziemlich senil. Es rollte bösartig drohend mit dem Auge, als es beiseite geführt wurde, wobei es watschelte und eine schleimige Spur hinterließ.
    »Ein frühe Fruchtbarkeitsgottheit«, erklärte der Ansager, ein eilends herbeigerufener Anthropologe. »Als nächstes folgen vermutlich jüngere Ausbildungen dieser frühen Form. Wir werden daran die fortschreitende kulturelle Entwicklung bemerken.«
    (Die pfiffigeren der Journalisten, die den Trend der Situation erfaßt hatten, hingen bereits an ihren Telefonen, um dringendst Anthropologen, Ethnologen oder irgend jemanden, der solche Sachverhalte erklären konnte, anzufordern.)
    »Diese hier«, sagte einer dieser Fachleute, als sich eine Reihe noch größerer und eindrucksvollerer anglisischer Gottheiten in unterschiedlicher Fortbewegungsart den roten Teppich entlangbewegte, »sind vergleichbar mit den Gottheiten, die wir auf der Erde Astarte oder Ishtar nennen.«
    Die Göttin, deren verschleierte Gestalt an ihm vorbeiwogte, wandte ihm das riesige Auge zu. Sie bedachte ihn mit einem Blick, daß ihm der Notizblock aus der Hand fiel.
    Inzwischen zeigten Größe und Habitus der Neuankömmlinge bereits, daß es sich nicht einfach um Angli in Kostümen handelte, geschweige denn um Statuen oder bewegliche Götterbilder. Nein, es handelte sich um Wesen besonderer Art, die hier mitten in der Nacht vor uns auftauchten. Eine merkwürdige Stille senkte sich über die Menschenmenge. Bis heute wissen wir nicht, mit wem wir es eigentlich genau zu tun hatten. Wir wissen nur, daß es Götter waren.
    Die letzte Gottheit dieser ersten Gruppe wirkte selbst für menschliche Augen überirdisch strahlend, und sie schien auch als einzige die Ehrentribüne wahrzunehmen. Im blendenden Licht der Scheinwerfer, die ihre schimmernde verschleierte Gestalt funkeln ließen, erschien sie uns – denn es war für uns eindeutig ein weibliches Wesen – abwechselnd wie ein seltsam verführerisches außerirdisches Geschöpf oder eine außergewöhnliche irdische Schönheit. Während sie hoheitsvoll den roten Teppich entlangschritt, erhob sie einen ihrer blauen Fangarme, und aus dem dunklen Himmel schoß eine Nachtschwalbe herunter und ließ sich darauf nieder. Von irgendwo her erklang geheimnisvolle Musik.
    Mit einem Hauch Geringschätzung ließ sie sich von ihren Helfern zu dem mit Seilen abgesperrten Warteplatz bringen, wobei sie der päpstlichen Eminenz aus ihrem geschminkten Auge einen verführerischen Blick zuwarf. Dann hielt sie inne, um von einem völlig verwirrten Kind eine

Weitere Kostenlose Bücher