Die Sternenkrone
Ratsversammlung von Ecologia-Bella, einer kleinen schlechtbezahlten Gruppe Freiwilliger – älterer Frauen und Männer, die hin und wieder zusammenkommen, wenn eine Gefahr die Stabilität des Landes bedroht. Und es ist klar, daß die gegenwärtige Situation nicht nur nach Wachsamkeit verlangt, sondern möglicherweise auch nach Aktionen.
Und so gibt eine Dame, welche von der Königin besonders geschätzt wird, ihr den folgenden Hinweis: »Wenn du Prinz Adolesco zum Gemahl nimmst, wird unsere Nation zu einem Teil von Pluvio-Acida und damit seinen Gesetzen unterworfen. Sie werden überall in Ecologia-Bella mit dem Bergbau beginnen, mit der Rodung der Wälder und dem Bohren nach Öl!«
»O nein«, entgegnet Amoretta verträumt, aber überzeugt. »Er schwört, er werde nichts verändern. Ecologia-Bella werde mein Eigentum bleiben, und ich würde weiterhin über das Land regieren.«
Die Dame sieht ihre Königin an und erkennt, daß es keinen Sinn hat, mit ihr die Veränderungen zu diskutieren, die mit den Vorsätzen eines Mannes zwischen seinem achtzehnten und seinem dreißigsten Lebensjahr vor sich gehen könnten.
»Er wird dein rechtmäßiger König sein«, sagt sie nur, »wie wird es dir gefallen, dir sagen lassen zu müssen, was du tun darfst und was nicht?«
»Oh, darüber habe ich schon nachgedacht.« Amoretta flicht eine Blume in ihr goldenes Haar. »Von König Boris oder Prinz Raoul würde mir das überhaupt nicht gefallen. Aber mein liebster Adolesco ist ganz anders. Er liebt mich wirklich. Ich bin sicher, er würde sich nie gegen meine eigenen Wünsche stellen.«
Die Dame seufzt und zieht sich zurück, um den anderen zu berichten, daß mit Vernunft nichts erreicht werden kann. Die Königin ist mit einem süßen Gift infiziert ...
Währenddessen hat Adolesco seine eigenen Probleme mit Eltern und Ratgebern. Aber sie sind nicht allzu schwerwiegend. Die Vorstellung, den alten Stachel im Fleisch friedlich zu annektieren, hat ihre Reize. Und des Königs Ratgeber betonen, daß nur Mammon allein weiß, welche wilden Ideen dem Prinzen demnächst kommen könnten, wenn ihm diese Heirat untersagt wird. So zumindest könnte man erwarten, daß er endgültig seßhaft wird, und das gar nicht so weit weg von zu Hause – außerdem würde ihn das endlich mit etwas anderem beschäftigen als mit dem Herumpfuschenwollen an Pluvio-Acidas Wirtschaft. Und einige Aristokraten des Landes blicken hinaus auf ihre Plastikbäume und denken, daß es ganz nett sein müßte, einen Grundbesitz in Ecologia-Bella zu haben.
Die Ratgeber des jüngeren Bruders, des Prinzen Slimoldi, entwerfen listig ein Dokument mit dem Inhalt, daß Slimoldi gewisse Rechte erhalten sollte für den Fall, daß Adolesco – wenn er das Königreich Pluviose Abida einmal geerbt haben wird – als neuer Herrscher mehr als einen gewissen Prozentsatz seiner Zeit den Geschäften von Ecologia-Bella widmet. So groß ist des Prinzen Verblendung, so sehr hat ihn die Liebe verzaubert – und so undurchsichtig ist der Inhalt des Dokuments auf den ersten Blick –, daß er ohne Zögern unterschreibt.
So steht also einer Eheschließung von Ecologia-Bella und Pluvio-Acida nichts mehr im Wege. Draußen auf der Felseninsel schwebt den Fusions ein Schauspiel von Leuchtraketen und Feuerwerkskörpern vor, welches seinesgleichen in der Menschheitsgeschichte noch finden muß. Und die Menschen in Ecologia-Bella, die nur den hübschen idealistischen Kronprinzen sehen und die strahlende Freude ihrer jungen Königin, freuen sich herzlich mit den beiden.
Aber es ist nicht so leicht, der Ratsversammlung von Ecologia-Bella zuwiderzuhandeln.
Ein einfach gekleideter älterer Herr, vor dem die Königin stets ein wenig Respekt gehabt hat, kommt zu ihr, ein großes Buch in Händen, in dem die Gesetze von Ecologia-Bella auf dem feinsten und haltbarsten Pergament, das im Land zu finden ist, aufgezeichnet sind.
»Meine Liebe«, beginnt er, nachdem er einen Becher gewürzten Weines dankbar akzeptiert hat, »es ist vielleicht deiner Aufmerksamkeit entgangen, daß es im Hinblick auf unseren Herrscher – nämlich dich – gewisse rechtliche Aspekte gibt.«
Sie blickt auf mit einem Gesichtsausdruck, der imstande wäre, einen steinernen Löwen zum Schmelzen zu bringen; er wappnet sein Herz.
»Oh, darüber weiß ich Bescheid«, erklärt sie. »Das Volk muß einverstanden sein. Willst du eine Volksabstimmung?«
»Nicht nötig, nicht nötig.« Mit einer Handbewegung erledigt er die Volksabstimmung.
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