Die Sternenlegion - Angriff der Cyborgs: Roman (German Edition)
aus, um einen knapp einen Meter langen Schneidestrahl zu projizieren. Rings um die blau-weiße Energiestrahlung kochte das Wasser. Harmon spürte, wie die Wärme auf ihrem Arm ausstrahlte. Schon vorher war aus Sicherheitsgründen festgelegt worden, dass nur zwei Teammitglieder schneiden würden, die anderen hielten sich für Notfälle bereit.
Harmon hatte sich dafür entschieden, selbst eines der Schneidwerkzeuge zu bedienen. Sie schwamm an die entsprechende Position, vergewisserte sich, dass sie auf der anderen Seite der wogenden Biomasse ihr Pendant sehen konnte, und erteilte die nötige Anweisung. »Okay, Neely, mit dem Schnitt gehen … und auf mich achten. Eine Amputation ist für heute mehr als genug.«
Neely, ein erfahrener Medizintechniker, bestätigte: »Aye, aye, Ma’am«, und zog seinen Stab mit beiden Händen herunter. Zwischen dem Siphon und dem Gewicht des Say’lynt gespannt, schienen die Fasern voneinander wegzuspringen. Harmon ahmte die Bewegung Neelys nach und sah, wie auf ihrer Seite das Gleiche geschah. Eine milchig wirkende Substanz schoss aus den abgeschnittenen Enden, ein schrecklicher Schrei füllte Harmons Bewusstsein, und sie sah, wie Neely sich an die Ohren griff. Die vom Körperzentrum weiter entfernten Gehirnknoten starben und brüllten ihren Schmerz hinaus.
Harmon wollte dem Techniker sagen, dass das Geräusch nicht durch seine Ohren gekommen war und dass er unter allen Umständen den langsam zum Meeresgrund sinkenden Stab holen und seine Aufgabe zu Ende bringen müsse, aber dafür war keine Zeit. Sie arbeitete sich schneidend vor und schnitt weiter. Mehr und mehr von der milchigen weißen Flüssigkeit quoll ins Meer, bis sie nicht mehr sehen konnte, was sie tat, und damit jeder Anschein von Methode dahin war.
Harmon hackte jetzt einfach, benutzte ihren Stab wie eine primitive Axt, schmetterte ihn immer wieder herunter, während lang gezogene Schreie ihr Bewusstsein erfüllten und aus dem Funkgerät Stimmen zu hören waren. Aber jetzt war nicht die Zeit, dem Delta-Team zu sagen, was zu tun war, sie musste handeln und hoffen, dass alles gut ging.
Duncan klammerte sich mit beiden Händen an seinem Kommandosessel fest. Aus dem Gleichgewicht geraten, zu wenig mit Energie versorgt und zugleich immer schwerer werdend, war die Nooni dabei, sich selbst in Stücke zu rütteln. Der bis an die Grenze der Selbstabschaltung belastete Hauptantrieb war überhitzt. Überall ertönten Hupen, Summer und Piepser. Duncan hatte sich noch nie so hilflos, so machtlos gefühlt wie in diesem Augenblick. Und er konnte nur warten und hoffen, dass die unerfahrene Wissenschaftlerin sein Schiff retten würde. Und er konnte beten. Auch wenn wir durch das Tal der Schatten des Todes wandeln, fürchten wir nicht das Böse …
Die letzte Faser brach ab, ehe Harmon sie durchtrennen konnte. Die Enden peitschten herum, hüllten sie in ein Netz von Fasern und zogen sie auf den Siphon zu. Die Wissenschaftlerin erkannte die Gefahr, schlug um sich und verwickelte sich nur noch mehr. Der Stab! Sie konnte sich freischneiden! Aber der Stab war weg, beim ersten Peitschenschlag ihrer Hand entfallen, und so fern wie die Erde selbst. Harmon tastete nach ihrem Tauchermesser, fand es und hatte gerade begonnen, sich den Weg freizuschneiden, als sie ein polterndes Geräusch hörte. Wasser wirbelte, etwas zerrte an ihr, und das Messer entfiel ihr. Der Siphon! Kaum dass Harmon begriffen hatte, wurde sie auch schon durch das Rohr nach oben gezogen und in den Biotank der Nooni gezerrt. Sie taumelte Hals über Kopf dahin, prallte von den Wänden des Rohrs ab und wurde in das Schiff hineingesogen.
Duncan las die Sensoren ab, bekam vom Rest des Delta-Teams die Bestätigung und befahl volle Kraft. Die Nooni erbebte in ihren Grundfesten, als das Gewicht des Siphonschlauchs herunterfiel, taumelte seitwärts, als der NAVCOM sich alle Mühe gab, das defekte Zusatzaggregat zu kompensieren, und stöhnte, als die jetzt laut brüllenden Schubaggregate es nach oben stoßen wollten. Zentimeter für Zentimeter, Meter für Meter kämpften die Nooni und ihre Crew sich durch die Widerstand leistende Luft in die Höhe, frohlockten, als sie dünner wurde, und seufzten erleichtert auf, als die gewaltige Schiffskugel in die Leere des Weltraums hinausplatzte. Sie hatten es geschafft.
Unterdessen trieb unten im Biotank eine von den letzten Minuten mitgenommene Captain Cynthia Harmon auf dem Rücken und blickte nach oben auf ein stahlgraues Schott. Floß Eins
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