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Die Sternseherin

Titel: Die Sternseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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»Nur Gutes, will ich hoffen?«
    Sie schmunzelte, was ihn zu irritieren schien. Eingebildeter Laffe! Estelle konnte seine Erregung geradezu riechen. Offenbar hielt er sie für eine betuchte Mandantin der verachteten Sara – herzlichen Dank an ihr Designer-Kostüm – und wollte sie für sich gewinnen. Er schien überzeugt, so entnahm sie es seinen eindeutigen Gedanken, Estelle noch heute in seinem Bett wiederzufinden. Fast hätte sie laut losgelacht, senkte aber stattdessen ihre Lider und entgegnete: »Aber nicht gut genug, wie ich jetzt erkenne.« Damit hatte sie ihn an der Angel – was nun? »Ich bin ein wenig in Eile.« Estelle sah ihn bedeutungsvoll an.
    »Sie erreichen mich jederzeit – falls Sie es sich anders überlegen.« Saras Kollege klang nicht, als hege er den geringsten Zweifel daran, dass sie bei der nächsten Gelegenheit die Nummer wählen würde, die er mit raumgreifender Handschrift niederschrieb. Immerhin zog er sich mit einer angedeuteten Verbeugung zurück, als sie wortlos seine Visitenkarte entgegennahm. Eine konservative Erziehung konnte durchaus auch seine Vorteile haben. »Bevor du fragst, ich habe kein Interesse daran, meine Bekanntschaft mit diesem Schnösel zu vertiefen!«, sagte sie an Sara gewandt. »Aber ich habe meine Pläne geändert. Wenn du hier fertig bist, möchte ich zum Friseur und dann so richtig einkaufen, das Essen kann warten.« Gegen die Liebe konnte sie nichts unternehmen, aber wenn ihre neue Bekannte sich schon mit ihm einlassen wollte, dann sollte sie dies wenigstens als unwiderstehliche Schönheit tun. Dieses Potential besaß jede Feentochter, bei einigen musste es jedoch erst geweckt werden. Insgeheim hoffte Estelle, eine elegante Sara würde schnell erkennen, dass es durchaus bessere Partner für sie gab als ausgerechnet diesen Kollegen.
    Keine Stunde später gab sie leise Anweisungen in einem Day Spa in Kensington. Während Sara eine Generalüberholung erfuhr, wie sie die Behandlung mit einem nervösen Gesichtsausdruck nannte, genoss Estelle ihre Massage und die Annehmlichkeiten eines Ruheraums.
    »Ah, da bist du ja! Lass dich mal ansehen!«
    Die Anwältin drehte sich schüchtern um die eigene Achse. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll!«
    »Indem du deine Haare nicht mehr färbst?«, schlug Estelle lachend vor und stellte fest, dass es Spaß machte, ihrer Feenschwester, wie sie Sara in Gedanken nannte, das Rüstzeug mitzugeben, das ihr noch fehlte, um in der oberflächlichen Welt da draußen zu bestehen. »Warte, jetzt kommt das Finish!« Wie auf Befehl wurden elegante Modelle der verschiedensten Designer hereingebracht und Estelle traf eine Auswahl, mit der sie Sara in die Umkleidekabine schickte. Sie hatte sich nicht geirrt, was deren Figur betraf, und in kürzester Zeit waren Kleider, Kostüme, Hosen, Schuhe und selbst Dessous ausgesucht. Von Saras wiederholten Protesten wollte sie nichts hören. Schließlich fragte Estelle nach ihrer Adresse, um die Sachen dorthin schicken zu lassen. Sie rechnete es den Mitarbeiterinnen dieses exklusiven Hauses hoch an, dass sie nicht die Nase rümpften, als sie die Anschrift notierten, die in einem wenig repräsentativen Teil der Stadt lag. Sie vergaß auch nicht, ein stattliches Trinkgeld zu geben, als sie sich für den zuvorkommenden Service bedankte. Niemand in Saras Nachbarschaft konnte davon träumen, jemals hier einzukaufen. Kieran würde der Schlag treffen, wenn er die nächste Kreditkartenabrechnung erhielt. Dieser Gedanke bereitete ihr weit weniger Freude, als sie geglaubt hatte.
    »Ich habe mich noch nie so elegant gefühlt!« Sara betrachtete ihr Spiegelbild, das eine wohlgeformte Brünette in dezenter Kleidung zeigte.
    Estelle fand, dass dieser außerordentlich befriedigende Ausflug geradezu danach schreie, ihn mit einem ausführlichen Fünf-Uhr-Tee zu beenden. »Ich verhungere«, bekräftigte sie ihren Vorschlag.

Sara ließ sich nicht lange bitten. »Eine fantastische Idee!«
    Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass es später war als gedacht, und Estelle beschlich ein ungutes Gefühl. Asher würde wahrscheinlich bald erwachen und nicht glücklich sein, wenn er feststellte, dass sie nach London gefahren war. Sie war sich nicht sicher, wie weit seine Kräfte reichten und ob er sie hier aufstöbern konnte, aber vorsichtshalber kaschierte sie alle Gedanken, die ihren Aufenthaltsort verraten konnten. Wenn er herausfand, wo sie war, würde er ihr gewiss sofort folgen, und das Letzte, was sie gebrauchen konnte,

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