Die Sternseherin
fremdartigen Akzent, den der Professor nicht einordnen konnte. Seinen Namen nannte er nicht, doch in der Aufregung fiel dem Professor dies nicht weiter auf.
Die unangenehme Spannung legte sich im Lauf der nächsten Minuten, als er erkannte, welche Chance ihm hier geboten wurde. Sein Gastgeber zeigte sich ausgesprochen gut informiert über die bisherigen Versuche, das Altern seiner betuchten Klienten zu verlangsamen. »Mit unserer Hilfe bekämen Sie die Möglichkeit, dem Geheimnis ewiger Jugend auf die Spur zu kommen. Wir würden ein Labor am Ort ihrer Wahl einrichten und die Kosten, egal in welcher Höhe, übernehmen – inklusive eines angemessenen Gehalts.«
»Und was verlangen Sie im Gegenzug von mir?« Gralon war klar, dass ihm ein solches Angebot nicht ohne Bedingungen gemacht wurde. Eine kalte Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen. »Wir suchen jemanden, der ergebnisorientiert arbeitet und sich mit unseren Zielen identifizieren kann.«
Bevor er antworten konnte, ertönte Mozarts kleine Nachtmusik. Sein Gastgeber starrte ausdruckslos auf Gralons Brusttasche, die leicht vibrierte, und schließlich begriff auch der Professor, dass sein Handy klingelte.
»Gehen Sie schon dran!«
»Mit zitternden Fingern zog er das Telefon aus der Tasche. »Ja?«, blaffte er hinein und kurz darauf wechselte seine Gesichtsfarbe von erhitztem Rot zu Kalkweiß. Am anderen Ende der Leitung war der Anwalt seiner Frau, und der ließ sich nicht beirren, selbst als Gralon ihm versicherte, später zurückzurufen.
Gralon hörte eine Weile zu, dann sagte er: »Natürlich ist es eine gute Investition!«
Aus dem Hörer war Widerspruch zu vernehmen.
Bereits sein gesamtes Privatvermögen hatte er in die Forschung investiert. Als dies nicht mehr ausreichte, war mithilfe eines geschickten Anwalts das testamentarisch als unantastbar bestimmte Erbe seiner Frau für weitere Anschaffungen und Untersuchungen ausgegeben worden. Eine gute Wertanlage für die Zukunft hatte er ihr versprochen und anfangs hatte sie ihm auch geglaubt. Doch inzwischen war auch dieses Geld fast verbraucht, und er hatte in seinem Haushalt drastische Sparmaßnahmen einführen müssen.
»Ich kenne den Vertrag, schließlich habe ich ihn unterschrieben«, Gralon warf seinem Gastgeber einen entschuldigenden Blick zu und wandte sich zur Seite, als dieser keine Anstalten machte, ihm etwas Privatsphäre für das Telefonat zu gönnen.
»Unser Haushalt wird nach ökonomischen Gesichtspunkten geführt.« Gralon hustete. »Ich würde es eher Verschwendungssucht nennen.« Die Stimme des Anrufers wurde lauter, bis es Gralon reichte. «Von mir aus, dann eben die Scheidung. Lassen Sie sich einen Termin von meinem Büro geben, sobald die Papiere fertig sind.«
Dieses verwöhnte Weib wollte nie verstehen, wie viel ihm seine Arbeit bedeutete, und nun verlangte sie die Scheidung »wegen seelischer Grausamkeit« und ihre Familie forderte ihr Geld zurück. Keine angenehme Situation und sowohl in gesellschaftlicher als auch in finanzieller Hinsicht eine ausgesprochene Katastrophe.
»Gericht? Ich bitte Sie! Ja, Ihnen auch. Guten Tag!« Wütend drückte er mehrere Tasten seines Handys.
»Probleme?«, riss ihn sein Gastgeber aus seinen Gedanken und wieder erschien dieses wissende Lächeln in seinem Mundwinkel.
»Frauen!«, sagte Gralon um Zustimmung heischend.
»Ich verstehe!« Der Mann sah nicht danach aus, als interessierten ihn Gralons Ansichten. Er legte die Fingerspitzen zusammen und runzelte die Stirn. »Sollten wir uns einig werden, verlangt das Projekt Ihre volle Aufmerksamkeit. Sind Sie sicher ...« Er machte eine Handbewegung zum Handy, das nun wieder in Gralons Tasche steckte.
»Selbstverständlich. Diese Angelegenheit ist keine große Sache!«, beeilte Gralon ihm zu versichern.
»Nun gut. Wir stellen Ihnen unsere bisherigen Forschungsergebnisse sowie ein erfahrenes Team zur Verfügung. Im Gegenzug erwarten wir absolutes Stillschweigen über das Projekt.« Er schwieg und sah Gralon ausdruckslos an. »Ihnen sollte bei allem, was Sie in Zukunft tun, bewusst sein, dass Diskretion oberste Priorität hat.«
Die Finger des Professors fuhren noch einmal in seinen schweißnassen Hemdkragen, um ihn weiter zu lockern. »Ich verstehe!«
»Gut ...« Sein Gegenüber lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor seiner Brust. »Sollten Sie verwertbare Ergebnisse erzielen, wovon wir ausgehen, erhalten wir 80 Prozent des Gewinns. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass Ihr Anteil Sie zu
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