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Die Sternseherin

Titel: Die Sternseherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Kragenspitze, die über den löchrigen Rand lugte, streifte die Krawatte nur mit einem Blick und starrte dann voller Zweifel auf seine klassisch geschnittene Hose. Die Schuhe waren zwar ungeputzt, schienen aber so weit in Ordnung zu sein. »Hast du denn dafür etwas zum Anziehen mitgebracht?« Sie grinste bei der Vorstellung, wie er womöglich mit einem Koffer durch die Zwischenwelt gereist war. Aber selbst wenn er seinen halben Kleiderschrank mitgebracht hätte, wäre ganz bestimmt nichts nach ihrem Geschmack dabei gewesen. »Wann warst du das letzte Mal Einkaufen?«
    Asher sah an sich herunter. »Was ist mit meiner Kleidung nicht in Ordnung?«, fragte er schließlich irritiert. Er hasste Geschäfte und sein letzter aktiver Einkauf lag lange zurück. Wenn er genau darüber nachdachte, konnten es auch Jahrzehnte sein. Regelmäßig fiel seine Schwester bei ihm ein und entrümpelte seinen Kleiderschrank, was unweigerlich zur Folge hatte, dass er nichts mehr wiederfand und Lieblingsstücke durch irgendwelche modischen Verrücktheiten ersetzt wurden, von denen Vivianne behauptete, sie seien der letzte Schrei. Anschließend musste er seinen Vorrat an zeitlosen Pullovern und neuerdings Jeans in der Savile Row aufstocken, wo auch sein Schneider seit fast 200 Jahren zu Hause war. Glücklicherweise genügte dafür ein Anruf. Er schien zu glauben, sie habe einen Scherz gemacht, und erst als sie ihren Mantel anzog und nach einer kleinen Handtasche griff, wurde ihm klar, dass sie es ernst meinte.
    »Wegen des Geldes musst du dir keine Sorgen machen, ich bin sicher, dein Bruder bezahlt gerne für dich!«, sagte sie auf dem Weg hinaus und er beeilte sich, mit ihr Schritt zu halten. Es fehlte noch, dass Kieran über seine Kreditkartenabrechnung erfuhr, was hier mit ihm passierte. Das schadenfrohe Gelächter des kleinen Bruders, der von sich selbst glaubte, stets modisch auf der Höhe zu sein, konnte Asher sich schon jetzt vorstellen.
    Zwei Stunden später stand er mit dem Rücken zu einem Modegeschäft im Licht der Straßenlaternen und schwor sich, nie wieder einkaufen zu gehen.
    »Siehst du, es war gar nicht so schlimm!«, lachte Estelle und kam mit einem kleinen Beutel in der Hand durch die Tür auf ihn zu. Er hatte keine Ahnung, was es war, das sie »unbedingt« noch kaufen musste, nachdem sie nahezu den ganzen Laden leer geräumt hatten, jedenfalls der Anzahl der Einkaufstüten in seiner Hand nach zu urteilen. Ihr fröhliches Lachen versöhnte ihn jedoch sogleich mit seinem Schicksal, und wenn sie ihn so ansah, das ahnte er in diesem Moment, würde er jede Tortur auf sich nehmen, um dieses wunderbare Lächeln wieder zu sehen, vielleicht sogar eine weitere Shoppingtour.
    »Ich sterbe vor Hunger!«, riss sie ihn aus seinen Gedanken. »Dort drüben ist ein Restaurant, lass uns etwas Essen. Ich liebe Italiener!«
    Asher begleitete sie über die stark befahrene Straße und fragte sich, ob er ihr erzählen sollte, dass er in Verona geboren war, aber vielleicht meinte sie ja nur die italienische Küche und nicht die männlichen Einwohner seines Heimatlandes. Es war wirklich an der Zeit, dem Rat seiner Geschwister zu folgen und etwas mehr auf die Entwicklung der Welt um ihn herum zu achten, wenn er sich weiter in ihr zurechtfinden wollte. Sein letzter Restaurantbesuch lag Jahrzehnte zurück und ein wenig bang, was ihn erwarten würde, öffnete er die Tür. Wärme, der Geruch von geröstetem Brot und das Gemurmel vieler Menschen schlugen ihnen entgegen. Darüber lag der unverkennbare Duft ihres Blutes und – leider auch von Knoblauch. Asher verzog das Gesicht, er hatte das Gewürz schon vor seiner Transformation nicht besonders geschätzt.
    Eine Kellnerin erschien, erfasste mit einem Blick seine Aufmachung und wollte gerade erklären, das Restaurant sei ausgebucht, da machte sie den Fehler, Estelle anzusehen und plötzlich geschah etwas Merkwürdiges mit ihr. Die heruntergezogenen Mundwinkel verschwanden. Mit einem freundlichen »Willkommen!« bat sie die beiden, ihr zu folgen, und führte sie zu einem etwas ruhiger gelegenen Tisch.
    »Unartiges Mädchen!«, flüsterte Asher Estelle ins Ohr, nahm ihr den Mantel ab und wartete höflich, bis sie sich gesetzt hatte, bevor er ebenfalls Platz nahm. Nachdem die Kellnerin ihnen die Speisekarte gebracht und sich anschließend zurückgezogen hatte, sah er sie streng an. »Keine Magie in der Öffentlichkeit!«
    »Du bist schuld.«
    »Ich?«, verdutzt legte er die Karte beiseite.
    »Hast du nicht

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