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Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Die Stille über dem Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clara Salaman
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Meer auf einen Fels aufzulaufen und zu sinken. Nervös umklammerte sie die Reling.
    »Was war das?«, rief sie.
    »Scheiße!«, stieß Frank hervor und drehte den Zündschlüssel, doch der Motor gab keinen Laut von sich. »Das ist ja seltsam.«
    Johnny drehte sich um. »Probier’s noch mal«, sagte er.
    Frank versuchte ein zweites Mal, den Motor zu starten, doch auch diesmal geschah nichts. »Klingt, als hätte sich etwas in der Schraube verfangen«, meinte er und beugte sich über die Reling.
    Johnny trat neben ihn und versuchte, durch das goldfarben glitzernde Wasser einen Blick auf die Schraube zu erhaschen. »Könnte ein Fischernetz sein.«
    »Möglich. Es könnte so ziemlich alles sein, verdammt.«
    Fest entschlossen, den Motor zum Laufen zu bringen, probierte Frank es noch einmal, doch auch jetzt regte sich nichts. »Da hat sich eindeutig etwas verfangen, keine Frage.«
    »Ich sehe mal nach«, sagte Johnny und zog sich das Hemd über den Kopf. »Du übernimmst das Ruder, Clem.«
    Clem trat ans Ruder und richtete die Nase in den Wind, sodass die Segel heftig flatterten.
    »Pass aber auf, Johnny«, bat sie ihn, während er unter dem Cockpitsitz nach einer Schnorchelmaske kramte. Sie hasste es, wenn er ins Meer sprang, weil sie jedes Mal Angst hatte, er könnte abgetrieben werden oder ein Ungeheuer könnte aus den Tiefen auftauchen, ihn packen und mit nach unten ziehen, dorthin, wo es kalt und dunkel war.
    »Du wirst ein Messer brauchen«, warf Frank ein. »Falls es ein Netz oder ein Stück Tau ist.«
    Annie ging in die Kombüse und kehrte mit exakt demselben Messer zurück, mit dem sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hatte – ein Umstand, der keinem von ihnen entging. Johnny nahm das Messer entgegen, setzte sich die Maske auf und kletterte über die Reling, wobei er Clem einen Blick zuwarf, der ihr verriet, dass auch ihm nicht ganz wohl bei der Sache war.
    Das Wasser war tintenschwarz, denn die Sonne war schon fast untergegangen.
    »Egal, was du tust, mach bloß den Motor nicht an«, sagte Johnny und lächelte durch die Maske. »Clem, du hältst sie im Wind, verstanden?«
    Sie nickte.
    Johnny trat auf die Fußreling, ging in die Knie und hielt sich mit einer Hand am Beiboot fest, während er sich ins Wasser gleiten ließ. Erschrocken schnappte er nach Luft. Es war eiskalt. Er tauchte wieder auf und klammerte sich am Beiboot fest, dann tauchte er mit dem Gesicht unter Wasser und spähte zur Schraube, während die anderen über ihm an der Reling standen und versuchten, von oben einen Blick darauf zu erhaschen.
    Johnny holte tief Luft und tauchte etwa zehn Sekunden lang unter Wasser, während Frank, Annie und Clem wortlos dastanden und in die endlose Schwärze blickten. Außer ihren vom letzten Licht des Tages verzerrten Schemen war nichts zu erkennen. Japsend tauchte Johnny wieder auf, hielt sich am Beiboot fest und rückte die Maske zurecht. »Gleich hab ich’s«, rief er und tauchte abermals unter – Clems Empfinden nach blieb er minutenlang verschwunden, doch diesmal schien er tatsächlich etwas entdeckt zu haben.
    »Ein Tau hat sich in der Schraube verfangen«, rief er. »Aber ich kann es nicht genau sehen. Es ist zu dunkel. Kann jemand ins Beiboot klettern und mir mit der Taschenlampe leuchten? Außerdem brauche ich einen Schraubenzieher.«
    Frank kramte unter dem Cockpitsitz nach einer Taschenlampe und einem Schraubenzieher, zog das Beiboot heran und kletterte hinein. Er knipste die Taschenlampe an und richtete den Lichtkegel auf die Schraube. Johnny tauchte ein weiteres Mal unter, erschien jedoch wenige Sekunden später und klammerte sich mit dem Rücken zu Frank an der Fußreling fest. Annie beugte sich über die Reling, ebenso wie Clem, die, eine Hand am Ruder, das Boot im Wind hielt.
    »Okay, Frank«, schrie Johnny über das laute Flattern der Segel hinweg und drehte sich zu ihm um. »Und jetzt die Taschenlampe auf diese Seite der Schraube richten.«
    Clem spähte in die Finsternis, während Johnny ein weiteres Mal verschwand. Augenblicke später erschienen Fetzen des abgeschnittenen Taus und trieben an der Oberfläche.
    »Es klappt!«, rief sie. »Los, weiter, Johnny.«
    Inzwischen schien er eine Ewigkeit unter Wasser zu sein. Bestimmt ging ihm bereits die Luft aus. In diesem Moment schoss er pfeilartig mit einem kurzen, zerfransten Taustück in der Hand aus dem Wasser.
    »Und? Ging’s?«, fragte Frank.
    Clem blickte zum Beiboot hinunter. Die untergehende Sonne stand in seinem Rücken, sodass sein

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