Die stillen Wasser des Todes - Roman
schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Wissen Sie schon … Wie ist sie –«
»Das wird noch untersucht. Ebenso wie der Anschlag gestern Abend auf ein Mitglied des Suchteams, das ihre Leiche gefunden hat.«
»Was?« Hatte die Nachricht, dass Becca nach den Erkenntnissen der Polizei ermordet worden war, Milo noch nicht sonderlich überrascht, so schien er über diese Neuigkeit ehrlich erschrocken. »Was für ein Anschlag? Und auf wen?«
»Der Mann heißt Kieran Connolly. Er und seine Partnerin bildeten das Team am Wehr. Jemand hat gestern Abend seinen Bootsschuppen in Brand gesetzt – mit ihm drin. Kennen Sie ihn?«
Milo dachte einen Moment nach. »So ein stiller Typ? Repariert Boote? Ich habe ein paar Mal mit ihm geredet. Er hat gelegentlich für die Crew und auch für verschiedene Mitglieder Aufträge übernommen. Leistet gute Arbeit«, fügte er anerkennend hinzu. »Ist er okay?«
»Ich glaube ja. Wussten Sie, dass Connolly ein Verhältnis mit Rebecca Meredith hatte?«
»Ein Verhältnis ? Was meinen Sie mit Verhältnis ?« Milo schien verdutzt.
»Was man gewöhnlich damit meint, Mr. Jachym. Die beiden haben miteinander geschlafen.«
Milo zog nachdenklich die Stirn in Falten. »Möglich wäre es schon, ich habe sie im Sommer ziemlich oft zusammen auf dem Fluss gesehen«, sagte er gedehnt. »Aber sie sind beide Einer gerudert, und ich bin nie auf die Idee gekommen, dass da mehr dahinterstecken könnte. Sind Sie sicher? Hat Freddie –?« Er brach ab, und Doug erkannte an dem plötzlichen Argwohn in seinem Blick, wohin Milos Gedankengang ihn geführt hatte.
»Ob Freddie davon gewusst hat?«, vollendete Doug für ihn. »Wenn ja, wäre er eifersüchtig gewesen?«
»Ich – Nein, ich weiß nicht. Ich glaube nicht.« Milo starrte in seine Tasse, als ob die braune Brühe am Boden ihm eine Antwort geben könnte. »Becca und Freddie – sie hatten ein unkompliziertes Verhältnis. Manchmal kamen sie einem eher wie Geschwister vor. Und es war schließlich Freddie, der es mit der ehelichen Treue nicht so genau genommen hat, und nicht Becca.«
»Aber sie hat doch ihn verlassen?«
»Nach seinem Seitensprung, ja. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen, nach seinen Seitensprüngen.«
»Freddie Atterton hatte mehr als eine Affäre?«
»Freddie kann ja auch nichts dafür, dass er Charme hat«, meinte Milo. Angesichts seiner Nachsicht stellte Doug sich die Frage, ob alle anderen Freddie Atterton ebenfalls einen solchen Freifahrtschein für sein Fehlverhalten ausgestellt hatten. »Und fairerweise muss man sagen, dass Becca bei ihrem Job auch nicht viel Zeit für ihn hatte.«
»Was ist mit dem Rudern? Das hat bei ihr doch sicher auch einen sehr großen Raum eingenommen?«
»Erst seit etwa einem Jahr. Ehrlich gesagt, ich dachte schon, sie hätte es endgültig aufgegeben, auch wenn sie ihre Mitgliedschaft im Leander wohl eher aus alter Verbundenheit nicht gekündigt hat. Und dann hat sie im Frühjahr ein Boot gekauft. Aber sie hat ein ziemliches Geheimnis um ihr Training gemacht. Sie hat ihr Skiff hier abgestellt, aber sie ist nicht mit der Crew gerudert. Na ja, das eine oder andere Wettrennen am Wochenende, aber da konnte ich sehen, dass sie sich zurückhielt, dass sie nur locker paddelte. Inzwischen glaube ich, dass sie nur die Konkurrenz austesten wollte.«
»Und wann ist Ihnen dann klar geworden, dass es ihr ernst war?«, fragte Doug.
»Vor ein paar Wochen.« Milo blickte zum Fenster hinaus auf den Fluss, und Doug hatte den Eindruck, dass er sich unbehaglich fühlte, vielleicht sogar ein wenig verlegen war. »Ich habe sie gestoppt.«
»Ohne ihr Wissen?«
»Es ist schließlich nicht verboten«, entgegnete Milo mit einer gewissen Schärfe. Er schien die Fassung recht schnell wiedergefunden zu haben. »Es war nur eine kleine Verschwörung mit einem unserer Ruderer. Einer der Jungs hatte zuvor ausgeplaudert, dass sie ein paar von ihnen bestochen hatte, damit sie ihr halfen, Gewichte und ein Ergo in ihr Cottage zu schaffen. Ich war … neugierig. Es ist schließlich mein Job, die Konkurrenz meiner Crew zu kennen.«
»Und?«
»Sie war besser.« Er sah Doug wieder in die Augen.
»Wäre sie für Ihr Team gerudert?«
»Vielleicht. Aber Becca war nie wirklich eine Teamspielerin. Und die anderen Frauen wären auch nicht gerade begeistert gewesen, wenn sie plötzlich dahergekommen wäre und sie von ihren Positionen verdrängt hätte.«
»Also eine ziemlich komplizierte Situation.«
»Nicht wirklich.
Weitere Kostenlose Bücher