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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Melody mit der Geschäftsführerin sprach. Der Geräuschpegel im Pub war so hoch, dass sie nur ein paar Worte mitbekam, doch als sie sah, wie die Geschäftsführerin mit dem Kopf auf das Mädchen deutete, das am anderen Ende der Theke Bier zapfte, verließ sie der Mut.
    Die Bedienung war mollig, mit Sommersprossen und blondierten Haaren, die sie zu einem Knoten hochgebunden hatte, und reichlich bunten Tattoos an den nackten Armen. Als sie auf ein Zeichen der Geschäftsführerin herbeikam, sah Gemma, dass sie älter war, als sie auf den ersten Blick gewirkt hatte – vielleicht Mitte zwanzig.
    »Rosamond«, sagte die Geschäftsführerin, »das sind die Damen von der Polizei.«
    Gemma trat nahe genug heran, um zu hören, wie Melody fragte: »Können wir uns irgendwo unterhalten?«
    »Hinten beim Kücheneingang ist ein freier Tisch«, antwortete die Kellnerin. »Da ist es ruhiger.« Sie drehte sich um und ging voran durch ein Labyrinth von Räumen, bis sie zu Gemmas Überraschung einen kleinen Innengarten betraten. Hier war es tatsächlich ruhiger und auch kühler, und sie quetschten sich zu dritt an einen kleinen Tisch in der Ecke.
    »Ich nenne es immer unsere kleine Farngrotte«, sagte Rosamond. Gemma fiel auf, dass sie einen gebildeten Mittelschicht-Akzent hatte.
    »Theresa sagte, dass Sie mit mir über Jenny Hart reden wollten«, fuhr die junge Frau fort und sah die beiden mit ernster Miene an. Gemma zählte Offenheit und Selbstsicherheit als Pluspunkte dazu und schöpfte wieder Hoffnung.
    Ihre Vorurteile waren ihr dabei keineswegs peinlich – sie machte diesen Job nun schon lange genug, um zu wissen, dass Zeugen mit Mittelschicht-Hintergrund automatisch mehr Glauben geschenkt wurde. Und, dachte sie, während sie Rosamond eingehender betrachtete, wenn man ihr eine langärmelige Bluse anzöge, könnte man sie eigentlich ganz präsentabel herrichten.
    »Sie erinnern sich also an Jenny Hart?«, fragte Melody.
    »Natürlich«, entgegnete Rosamond mit einer gewissen Schärfe. »Sie war an mindestens zwei oder drei Abenden in der Woche hier, und ich habe sie bedient, wann immer ich konnte.« Sie schüttelte betroffen den Kopf. »Als ich gehört habe, was ihr zugestoßen war, konnte ich es einfach nicht glauben.«
    »Woher kannten Sie ihren Namen?«, fragte Gemma, die für einen Moment vergessen hatte, dass sie die Rolle der Untergebenen spielen sollte.
    Melody brachte sie mit einem Blick zum Schweigen und sagte: »Es ist doch immer viel los hier, und Sie müssen jeden Tag bestimmt Hunderte von Gästen bedienen.«
    »Aber es gibt nicht so viele Frauen, die regelmäßig ohne Begleitung herkommen. Und sie war nett, hatte immer ein freundliches Wort für alle Angestellten.«
    »Wussten Sie, dass sie Polizistin war?«, fragte Melody.
    »Das habe ich erst ein paar Monate vor ihrem Tod erfahren. Es gab da ein bisschen Stress – ein paar Typen, die eigentlich alt genug waren, um es besser zu wissen, haben sich wegen eines Fußballspiels in die Haare gekriegt. Jenny ist aufgestanden – sie hatte schon zwei Martinis intus, aber das hat man ihr nicht angemerkt –, hat ihren Dienstausweis gezückt und ihnen gesagt, dass sie sich schleichen sollen.« Rosamond lächelte, als sie sich daran erinnerte. »Und sie haben sich geschlichen. Mit Jenny legte man sich besser nicht an, und das haben die gespürt.
    Danach haben wir uns noch öfter unterhalten. Ich hatte überlegt, einen Bachelor in Strafjustiz zu machen, und sie war so freundlich, mir Tipps zu geben.«
    »Und haben Sie es gemacht?«, fragte Melody. »Haben Sie Strafjustiz studiert?«
    »Nein. Ich studiere jetzt Jura.«
    Gemma wusste nicht, ob sie begeistert oder entsetzt sein sollte. Die Tatsache, dass diese junge Frau klug und gebildet war, bedeutete sicherlich einen Vorteil – die Tatsache, dass sie genau verstehen würde, worauf sie sich einließ, wohl eher nicht.
    Melody öffnete ihre Tasche, und Gemmas Herz schlug schneller. Obwohl sie sich von den Zimmern mit offenen Kaminen entfernt hatten, fand sie es plötzlich viel zu warm.
    »Rosamond«, sagte Melody. »Sie haben der Polizei gesagt, dass Jenny an dem Abend, als sie ermordet wurde, hier gewesen sei. Und dass Sie sie im Gespräch mit einem Mann beobachtet hätten. Können Sie mir etwas darüber erzählen?«
    Rosamond nickte. »Es war ein Samstag – na ja, das wissen Sie ja schon. Die Bude war brechend voll. Ich habe Jenny am Tresen ein paar Martinis serviert. Wodka mit nur einem Hauch Wermut und einer

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