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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Gedanken abdriften, und das war gefährlich.
    Finn stupste ihn an und leckte sein Kinn ab. Der Hund wusste, dass es Zeit war, an die Arbeit zu gehen, und er konnte Kierans Zögern nicht verstehen. »Guter Junge«, sagte Kieran und trat einen Schritt zurück, damit Finn aus dem Auto springen konnte.
    Die Hunde begrüßten sich mit Schnüffeln und Schwanzwedeln, doch sie wandten ihre Aufmerksamkeit rasch wieder ihren Führern zu. Tavie beobachtete Kieran mit besorgter, ja beinahe angstvoller Miene, und er rang sich ein Lächeln ab.
    »Du siehst fürchterlich aus«, sagte Tavie. Das Lächeln hatte sie keine Sekunde lang täuschen können.
    »Du hast doch immer ein Kompliment parat.« Sein Versuch, sich in ihr übliches scherzhaftes Geplänkel zu flüchten, klang selbst in seinen eigenen Ohren verlogen. »Es ist alles in Ordnung, ehrlich.« Er deutete mit dem Kopf auf die Tüte, die sie aus ihrem Wagen genommen hatte. »Komm, legen wir los. Was hast du für die Hunde?«
    »Ich habe den Wäschekorb geplündert, als wir das Cottage überprüft haben. Eine wahre Fundgrube – Socken oder Unterhosen für jedes Team. Aber jetzt lass uns erst mal auf die andere Seite vom Zaun gehen.« Tavie trat als Erste durch das Gatter, während Tosh sich an ihr vorbeizwängte und in ihrem Eifer auf Tavies Füße trat. Finn wirkte ungewöhnlich verhalten, und Kieran wusste, dass der Hund sich von seiner Stimmung anstecken ließ.
    Als sie den Zaun hinter sich gelassen hatten und nur noch eine matschige Wiese sie vom Uferweg trennte, blieb Tavie stehen. Sie und Kieran ließen die Hunde von der Leine, und nachdem sie sich Handschuhe angezogen hatte, öffnete sie die Tüte – oder vielmehr die Tüten, denn es steckte noch eine papierne in der aus Plastik – und zog einen weißen Stofffetzen heraus: eine Damen-Stretchunterhose, von der zweckmäßigen Sorte, die den Schweiß beim Rudertraining besonders gut absorbierte. Ein idealer Geruchsartikel – und ein Gegenstand, der Kieran erschreckend vertraut war.
    Tavie hielt den Hunden die Unterhose hin, nur Zentimeter von ihren Nasen entfernt. »Riech, Tosh! Riech, Finn!«, forderte sie die beiden in dem hohen, singenden Tonfall auf, bei dem sie vor Aufregung zu zittern begannen.
    Die Hunde nahmen gehorsam Witterung auf, und Kieran malte sich wie jedes Mal aus, wie die Geruchsmoleküle in ihre Nasen strömten und die Rezeptoren in ihren Gehirnen erregten – eine Empfindung, die Menschen nie würden nachvollziehen können. Zum ersten Mal löste die Vorstellung in ihm eher Widerwillen als Neid aus.
    Die Funkgeräte knackten und rauschten, als die Teams auf beiden Seiten des Flusses ihre Positionen durchgaben, und Kieran hörte in der Ferne das Brummen eines Hubschraubers. Das musste der Helikopter der Thames Valley Police sein. Die Besatzung würde das Areal gleichzeitig aus der Luft absuchen und dabei auch Wärmebildkameras einsetzen.
    Tavie steckte die Unterhose wieder ein und sagte: »Such sie, Tosh, such Rebecca!«
    Doch ehe Kieran Finn das gleiche Kommando geben konnte, begannen beide Hunde zu winseln und an seinen Beinen zu kratzen. Finn sprang an Kieran hoch und setzte ihm die Vorderpfoten auf die Brust – sein Zeichen dafür, dass er etwas gefunden hatte.
    »Finn, weg da!« Er drückte den Hund nach unten, während Tavie ihn anstarrte.
    »Kieran, was zum Teufel hat das zu bedeuten? Hast du etwas von den Sachen angefasst?«
    Er wusste, dass sie sich nicht nur Sorgen machte, er könnte die Hunde verwirren. Sie hatte sicherlich für alle mitgenommenen Geruchsartikel, die wie Beweismittel behandelt werden mussten, unterschrieben und würde zur Verantwortung gezogen, wenn etwas davon kontaminiert wäre.
    »Natürlich nicht. Ich habe deine Tüte nicht angerührt.« Das war nur halb gelogen. Er versuchte sich zusammenzureißen. »Komm jetzt, wir verlieren nur Zeit.« Er wandte sich den Hunden zu und klatschte in die Hände. »Finn! Such sie!«, kommandierte er, doch ihren Namen brachte er nicht über die Lippen. Er trabte los in Richtung Fluss – das Signal für Finn, dass er den Geruchskegel absuchen sollte. Tavie folgte ihm, und die Hunde liefen rasch voraus, um sogleich in ihr typisches Zickzackmuster zu verfallen.
    Der Wind wehte flussaufwärts, was ideale Arbeitsbedingungen für die Hunde bedeutete, doch Kieran wusste, dass der heftige Regen am Morgen ihre Chancen, eine Hochwindspur aufzunehmen, wohl deutlich verringert hatte.
    Im selben Moment, als sie den Fluss erreichten, hörten

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