Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
Vom Netzwerk:
Ton war ungewöhnlich ungehalten. »Sie können sich darauf gefasst machen, dass unsere Freunde von der Presse gleich morgen früh vor Ihrer Tür stehen und fieberhaft nach Schlagzeilen suchen werden. Man wird DCI Meredith’ Leben und ihre Laufbahn genauestens unter die Lupe nehmen.« Childs schwieg einen Moment, und Kincaid sah ihn vor sich, wie er in seiner typischen Geste die Fingerspitzen aneinanderlegte. »Natürlich wäre es das Beste«, fuhr Childs fort, »wenn Sie herausfinden sollten, dass Meredith’Tod nur ein bedauernswerter Unfall war. Rufen Sie mich morgen früh an.« Und damit beendete Chief Superintendent Childs das Gespräch.
    Und wie Kincaid feststellte, hatte er seine Frage nicht beantwortet.
    Er saß da unter dem Vordach des Hotels, starrte das Telefon in seiner Hand an und ging das Gespräch im Kopf noch einmal durch. Sicherlich hatte er das, was er da gehört hatte, falsch interpretiert. Denn er hätte schwören können, dass sein Chef ihm soeben nahegelegt hatte, das Ergebnis einer Ermittlung zu manipulieren.

8
    Es ist eine Ruderregatta auf der Themse, über viereinviertel Meilen von Putney nach Mortlake, ausgetragen zwischen zweien der renommiertesten Universitäten der Welt, Oxford und Cambridge. Die Wettkämpfer trainieren zweimal täglich an sechs Tagen in der Woche; sie geben alles, um das große Ziel zu erreichen, für ihre Universität antreten zu dürfen. Alles andere in ihrem Leben tritt dagegen in den Hintergrund. Sie tun es nicht für Geld, sondern für die Ehre und für die Hoffnung auf den Sieg. Es gibt keinen zweiten Platz, denn der zweite ist der letzte. Sie nennen es einfach The Boat Race.
    David und James Livingston, Blood Over Water
    Das hartnäckige Läuten des Telefons drang wie kleine Nadelstiche in Freddies Bewusstsein. Er hätte das Geräusch am liebsten verscheucht wie eine lästige Fliege, doch sein Gehirn schien die Verbindung zu seinem Körper zu verweigern. Erst als das Läuten aufhörte, gelang es ihm, ein Auge aufzuschlagen. Er lag auf dem Rücken, doch was er sah, war nicht die Decke seines Schlafzimmers.
    Er kniff die Augen wieder zu, während er das Bild einzuordnen versuchte. Eine gewölbte Decke. Weiß. Schwarze Balken. Schließlich dämmerte es ihm – es war sein Wohnzimmer.
    Mit wachsender Panik schlug er beide Augen auf und hob den Kopf. Ein jäher Schmerz durchzuckte seinen Schädel, doch bevor er die Augen wieder schloss, hatte er schon gesehen, dass er auf seinem Sofa lag und dass er immer noch Hemd und Anzugshose trug, allerdings keine Schuhe und auch – er fasste sich an den Kragen – keine Krawatte. Sein Telefon lag auf dem Couchtisch, daneben stand eine leere Flasche Balvenie mit zwei Gläsern. Eine Erinnerung flackerte in ihm auf. Milo. Er hatte mit Milo getrunken. Aber was –
    Das Telefon begann wieder zu läuten, als ob seine Gedanken es ausgelöst hätten, und er stöhnte. »Sei doch einfach still«, wollte er sagen, doch es kam nur ein Krächzen heraus. Er schnappte nach dem Telefon, und die Bewegung löste eine Welle von Übelkeit aus. Zugleich war die Erinnerung wieder da.
    Becca. O Gott. Die Bruchstücke setzten sich in seinem benebelten Hirn zusammen. Milo hatte ihn nach Hause gebracht und ihm einen Whisky nach dem anderen eingeschenkt. Auf dem Rückweg vom Cottage hatten sie am Spirituosenladen Halt gemacht, nachdem der Mann von Scotland Yard ihm gesagt hatte, er dürfe die Flasche Balvenie aus Beccas Haus nicht mitnehmen. Weil es nicht seine sei. Weil sie ein Beweisstück sein könnte. Weil Becca tot war.
    Freddie stand schwankend auf und tappte ins Bad. Dort fiel er auf die Knie, ließ die Stirn auf die kühle Toilettenbrille sinken und erbrach sich, bis nichts mehr übrig war.
    Als sein Magen endlich zur Ruhe kam, hob er den Kopf, lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und begann das, was er sah, im Kopf zu katalogisieren, als könne er so sein Wissen um das Geschehene ausblenden. Grau gesprenkelter Dielenboden. Graue Wände. Die gläserne Duschkabine. Das Waschbecken aus weißem Porzellan. Die freistehende Badewanne, verkleidet mit schwarzem, vernietetem Metall. Und über allem – seine Augen schmerzten, als er sie nach oben richtete – der Kristallkronleuchter.
    Als er die Wohnung nach der Scheidung gekauft hatte, engagierte er eine Innenarchitektin aus London, wohl in der Hoffnung, dass Becca von seinem neuen Lebensstil irgendwie beeindruckt sein würde.
    Als sie dann gekommen war, um die Wohnung anzuschauen, hatte

Weitere Kostenlose Bücher