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Die stillen Wasser des Todes - Roman

Die stillen Wasser des Todes - Roman

Titel: Die stillen Wasser des Todes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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und dieses Rennen.
    Von unten betrachtet, wirkte der lange weiße Rumpf beinahe unwirklich in seinen Proportionen, so unglaublich langgestreckt und schlank, dass man sich unwillkürlich fragte, wie das funktionieren sollte. Seinem natürlichen Element, dem Wasser, entrissen, hätte es auch das fliegende Schwert eines Riesen sein können.
    Auf einem großen Bildschirm am Ende des Saals lief in einer Endlosschleife ein Video des Rennens. Kincaid hatte es damals natürlich gesehen – der Sieg von Team GB hatte tagelang sämtliche Nachrichten- und Sportsendungen beherrscht –, aber er hatte meist nur mit halbem Auge hingeschaut.
    Nun jedoch sah er sich die sechs Minuten des Rennens aufmerksam an, gebannt von der Demonstration der Kraft, dem Anblick der schmerzverzerrten Gesichter und der schieren, atemberaubenden Schönheit des Ganzen. Als der Film von vorne anfing, wandte er sich widerstrebend ab, während die Jubelrufe der Zuschauer ihm noch in den Ohren tönten.
    Er hatte gehofft, besser zu verstehen, wer Rebecca Meredith gewesen war, was sie angetrieben hatte. Und während er das Boot betrachtete und das Video verfolgte, kam ihm der Gedanke, dass Rudern auf diesem Niveau wohl eine Erfahrung sein musste, die jenseits des Horizonts der meisten Normalsterblichen lag – ein verführerischer Kreislauf aus Schmerz, rauschhaftem Hochgefühl und nahezu unfassbarer Eleganz.
    Aber hatte es für Rebecca Meredith mehr bedeutet als alles andere in ihrem Leben? Hatte es ihr so viel bedeutet, dass sie dafür in einen Deal einwilligte, der sie auf ganz andere Weise beschädigt hätte als Angus Craigs Tat?
    »Verdammt«, sagte Doug Cullen. Er stand neben Kincaid auf dem Rasen vor der geschwärzten Ruine von Kieran Connollys Bootsschuppen.
    Vom Bahnhof waren sie zum Bootsverleih oberhalb der Henley Bridge gegangen und hatten eine kleine Motorbarkasse gemietet, um auf die Insel zu gelangen. Kincaid hatte Cullen bereitwillig das Steuer überlassen, der sie auch sehr geschickt über den Fluss lotste und das Boot ganz sanft an den Anleger manövrierte.
    Zwei uniformierte Brandermittler durchsuchten systematisch die Trümmer, fotografierten, maßen aus und nahmen Proben. Kincaid vermutete, dass das Motorboot, das an dem größeren Anleger des Nachbargrundstücks festgemacht war, den beiden gehörte. Das blau-weiße Absperrband, das rund um den Schuppen zwischen Pflöcken gespannt war, flatterte leicht in der aufkommenden Brise.
    Der Fotograf kam aus dem Schuppen und ging über den handtuchgroßen Rasen auf sie zu.
    Kincaid hielt seinen Dienstausweis hoch. »Superintendent Kincaid, Sergeant Cullen. Scotland Yard.«
    »Owen Morris, Brandermittlung Oxfordshire.« Morris nahm die Kamera in die linke Hand, um Kincaid und Cullen zu begrüßen. »Hab Sie schon erwartet.« Er hatte kurz geschorenes, graublondes Haar und die rötliche Gesichtsfarbe eines hellhäutigen Mannes, der zu viel Zeit in der Sonne verbracht hatte.
    Der Geruch der nassen Asche war noch stark, selbst an diesem kühlen Morgen, und Kincaid konnte sich vorstellen, dass der Gestank gestern in der feuchtwarmen Luft unerträglich gewesen war.
    »Dieser Bursche hat verdammt viel Glück gehabt«, sagte Morris und deutete mit dem Kopf zum Schuppen, wo seine Partnerin, eine junge Rothaarige, die Kincaid einen kurzen Moment lang an Gemma erinnerte, noch damit beschäftigt war, Proben zu nehmen und die Stellen in einem Diagramm zu vermerken.
    Kincaid zog überrascht eine Augenbraue hoch. »Glück? Ich finde, es sieht verheerend aus.«
    »Ein ziemliches Chaos, ja, aber der Baukörper ist noch intakt. Die Wände, alle Deckenbalken bis auf einen, sogar fast das ganze Dach.« Morris schüttelte den Kopf. »Die Bude war voll mit Lösungsmitteln. Noch ein paar Minuten länger, und die ganze verdammte Insel hätte in die Luft gehen können.«
    »Haben die den Brand ausgelöst?«, fragte Kincaid. »Die Lösungsmittel?«
    »Nein. Sehen Sie sich das mal an.« Morris ging zum Schuppen, und sie folgten ihm. Er wies auf das, was vom Fenster übrig war – nur noch ein Loch in der Wand und ringsum ein paar zersplitterte Rahmenstücke. »Es war tatsächlich ein Molotowcocktail. Wir haben Reste der Flasche und des Lappens gefunden, der als Lunte diente. Und Sie können sehen, wie sich die Flammen trichterförmig ausgebreitet haben.«
    Kincaid spähte in den Schuppen, konnte aber außer Ruß, Trümmern und Wasserpfützen nicht viel erkennen. »Wenn Sie es sagen … Aber wurde der Brandsatz

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