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Die Stimme des Blutes

Titel: Die Stimme des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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und beäugten ihn. Langsam ging er auf eine niedrige Eiche zu und lehnte sich dagegen. Dann pfiff er ein Lied, das Dienwald de Fortenberrys Narr Crooky einmal gesungen hatte. Lächelnd rief er sich die belanglosen Worte ins Gedächtnis.
    Gebt nach, mein edler Lord,
    Scheucht die Bedenken fort!
    Küßt ihren süßen Mund 
    Und laßt sie seufzen und 
    Schenkt Wonne ihr und Lust!
    Gebt nach, mein edler Lord!
    Es tut Euch gut, mein Wort.
    Küßt ihren Hals, seid nett,
    Macht glücklich sie im Bett!
    Es war sicherlich ein einfältiges Lied, aber er sang es noch einmal. Crooky hatte noch viele Strophen vorgetragen, in denen dem >edlen Lord< die verschiedensten Körperteile als küssenswert gepriesen wurden. Er hatte dabei mit den Augen gerollt und lüsterne Gesichter geschnitten, bis Dienwald ihm einen kräftigen Fußtritt versetzte.
    Auf einmal hörte Roland einen gellenden Schrei und verstummte. Burg Tyberton
    Graf Edmond von Clare lehnte sich an die kalte Steinwand. Man hatte den Bauern - möge seine treulose Seele in der Hölle brennen -halbtot geschlagen. Zuerst hatte Clare seinem Mann befohlen, die Peitsche nicht so hart zu gebrauchen. Doch dann hatte ihn Blutverlust erfaßt, und jetzt hing der walisische Schweinehund schlaff in den eisernen Handschellen, und sein Blick war trübe und leer.
    »Nun, was ist? Sollen wir dich weiter foltern, oder willst du lieber einen schnellen Tod? Sag mir die Wahrheit! Sag mir, von wem du das Pferd hast, und ich erlöse dich von deinen Leiden!«
    Der Bauer hob den Blick zu dem unerbittlichen Gesicht des Grafen und dachte: Ich wollte doch nur das Geld für vier Kühe. Doch es sollte nicht sein. Man hatte ihm so viele Knochen zerschlagen, daß sie nie mehr heilen würden, auch wenn die Folter aufhörte. In gebrochenem, stockenden Englisch sagte er mühsam: »Der Mann und der Knabe sind nach Wales hineingeritten. Mehr weiß ich nicht. Er ritt einen kräftigen Rappen, ein Ritterpferd. Seinen Namen kenne ich nicht. Er gab mir Geld. Dafür sollte ich das andere Pferd in die entgegengesetzte Richtung reiten und es dann laufen lassen, damit ihr es findet. Aber ich war so dumm und wollte das Pferd behalten, und jetzt muß ich meine Dummheit mit dem Tode bezahlen.«
    »Komm, Mann, überleg noch mal! Er hat dir bestimmt seinen Namen genannt. Los, sprich, dann darfst du einen schnellen Tod sterben!«
    Noch ein Schlag mit der Peitsche! Dann sagte der Bauer: »Roland. Er hieß Roland!«
    Edmond von Clare nickte seinem Henker zu. Der zog den Dolch aus dem Gürtel und stach ihn dem Bauern ins Herz. Der Mann sackte zusammen. Der Kopf fiel ihm auf die Brust.
    Edmond schritt in den großen Saal auf Tyberton zurück und dachte: Wer ist Roland? Zweifellos ein Mann, den Damon gekauft hatte, um ihm das Mädchen zurückzubringen. Nun, es würde ihm nicht gelingen, dem verdammten falschen Priester, dem er sein Vertrauen geschenkt hatte. Doch nein, insgeheim hatte er geahnt, daß der Mann ein Betrüger war. Er sah zu gut aus, und sein Körper war zu wohlgebildet für einen Geistlichen. Er hätte es gleich wissen müssen, als die Burgweiber ihn so deutlich angehimmelt hatten.
    Edmond rief nach MacLeod, seinem Waffenmeister. »Stell einen Trupp von zwölf Männern zusammen! Wir reiten nach Wales, um die kleine Herrin und den falschen Priester zu suchen. Wir werden ihm das Mädchen wieder abjagen. Wir müssen Vorräte für mehrere Wochen mitnehmen. Und wir reiten hart.«
    MacLeod erwiderte nichts. Es stand ihm nicht zu, die Befehle seines Herrn zu kritisieren. Sie würden das Mädchen aufspüren, den falschen Priester töten und die kleine Herrin zurückbringen, in das Bett des Grafen.
    Eine Stunde später ritten sie los, der Graf an der Spitze.
    In Wales
    Roland zog Dolch und Schwert und rannte Hals über Kopf auf den Fichtenwald zu. Unterwegs hörte er einen leisen gurgelnden Laut und fühlte, wie ihm das Blut stockte. Hatte man sie getötet?
    Dann vernahm er zwei Männerstimmen und verlangsamte den Schritt. Die Männer unterhielten sich leise im weich klingenden Walisisch. Dennoch konnte er ihre Worte verstehen. Sie hatten Daria gefangen.
    »... nach Llanwrst, schnell!«
    »Aber der Mann! Was machen wir mit dem Mann?«
    »Wenn er sie vermißt, sind wir schon weg. Laß ihn, laß ihn in Ruhe! Geh leise! Leise!«
    Roland tauchte in den Fichtenwald und kam an eine Lichtung. Hier rieselte ein Bächlein durch das feuchte Gras. Ein großer Mann, ein Berg von einem Mann, hatte sich Daria über die Schulter

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