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Die Stimme des Daemons

Die Stimme des Daemons

Titel: Die Stimme des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grant McKenzie
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Hintern und die schmerzenden Beine strömte. Er spürte, wie jede Menge Sand und der Rauch, der an ihm haftete, weggespült wurde, und die Kabine füllte sich angenehm mit Wasserdampf.
    Als er die Augen wieder öffnete, zitterte er; der Dampf hatte sich längst verflüchtigt, und aus der Dusche kam nur noch ein eiskalter Sprühregen.
    Sam ärgerte sich über sich selbst, dass er eingeschlafen war. Er griff nach der Seife, riss die Plastikhülle herunter und rieb seinen zitternden Körper vom Kopf bis zu den Zehen ein. Als er schließlich aus der Dusche kam, waren seine Lippen blau.
    Er zog sich rasch an – der Rauchgeruch haftete noch an seinen schmutzigen Kleidern – und ging ins Badezimmer zurück. Der Raum hatte ein großes Fenster mit Milchglasscheibe in einem alten Holzrahmen. Das Fenster war wohl seit vielen Jahren nicht mehr geöffnet worden; mehrere Farbschichten hatten es offenbar fest versiegelt.
    Sam zog ein Schweizer Taschenmesser aus der Hose, öffnete die kleinere der beiden Klingen und kratzte am Rand die Farbe ab. Er brauchte zehn Minuten, einiges an Körperkraft und den Rest der Seife als Schmiermittel, aber schließlich konnte er das Fenster weit genug aufdrücken, um sich durchzuzwängen.
    Sam sprang hinunter in eine enge Gasse, die voller zerbrochener Flaschen, weggeworfener Nadeln und Unkraut war, das entlang des Gebäudes wuchs. Auf jeden
seiner Schritte achtend, folgte er der Gasse bis ans Ende des Blocks, wo er zu einem dünnen Drahtzaun kam, der schon so viele Lücken aufwies, dass er praktisch ein offenes Tor war.
    Sam überquerte die Seitenstraße zum nächsten Block und ging bis zur Ecke vor. Ein rascher Blick sagte ihm, dass der Mercedes immer noch unter dem Baum geparkt war.
    Sam atmete tief durch, klappte die größere Klinge an seinem Taschenmesser auf und ging los.

21
    MaryAnns Schrei zog noch mehr Bewegung nach sich – da waren Schritte, dann das Schnappen eines Riegels und das Kratzen von rostigem Metall.
    Im nächsten Augenblick tauchte ein stechendes blaues Lichtviereck wie eine Fata Morgana in der Dunkelheit auf.
    MaryAnn schirmte die Augen gegen das schmerzende Licht ab.
    »Du bist wach«, sagte eine männliche Stimme; sie sprach langsam und klang ziemlich rau. »Ist dir übel?«
    MaryAnn schluckte; ihre Kehle fühlte sich trocken an.

    »Wer sind Sie?«, fragte sie schüchtern. »Wo bin ich?«
    »Unwichtig. Wie geht es dir?«
    MaryAnn verbiss sich eine empörte Bemerkung.
    »Ich habe Durst und … hier drin sind Ratten.«
    »Ich bringe dir Wasser.«
    Das blaue Licht verschwand, und die Dunkelheit kehrte zurück – noch tiefer und undurchdringlicher als zuvor. MaryAnn kämpfte gegen die Tränen an; wenn sie erst anfing zu weinen, so fürchtete sie, würde sie nicht mehr aufhören können.
    Bald war das blaue Lichtviereck wieder da.
    »Mach keinen Unsinn«, sagte die Stimme, »dann passiert dir nichts.«
    »Wo ist meine Mom?«, fragte sie.
    »Mach dir wegen ihr keine Sorgen.«
    Das Licht wuchs zu einem großen Rechteck an, das jedoch fast ganz von einer bulligen Gestalt verdeckt wurde.
    Der Mann duckte sich und trat in die kleine Zelle ein. Er blieb gebückt, weil der Raum zu niedrig für ihn war. Mit seinem vornübergebeugten kräftigen Körper erschien er ihr wie ein Ungeheuer.
    MaryAnn konnte den Blick kaum von dem Mann wenden, als er näher kam, doch sie zwang sich, ihre Umgebung zu erkunden, solange sie Licht hatte.
    Die Zelle war nicht einmal vier Quadratmeter groß und vielleicht einen Meter achtzig hoch. Die vier Ecken wurden von dicken groben Holzbalken gestützt. Das Holz war dunkel und mit Teeröl behandelt, sodass es an versteinerte Knochen erinnerte. Die Balken waren
unten am Boden mit morschen ölgetränkten Holzlatten verbunden. Die Wände bestanden nur aus getrocknetem Lehm und rauem Stein.
    Mary Ann blickte auf und schluckte. Die Decke über ihr hatte so viele Risse, dass sie wie ein riesiges Spinnennetz aussah.
    Der plötzliche Gedanke, dass sie hier sterben könnte, machte es ihr noch schwerer, sich zu beherrschen, und sie spürte, dass sie innerlich am Rande des Zusammenbruchs stand.
    Der Mann reichte ihr eine Flasche Wasser. Er stand so nah vor ihr, dass sie sein widerlich süßliches Rasierwasser riechen konnte. An seinem Hals klebte ein quadratischer Wundverband mit einem getrockneten Blutfleck in der Mitte.
    »Ich will zu meiner Mom und meinem Dad«, sagte MaryAnn mit schwacher Stimme.
    Der Mann zuckte mit den Achseln.
    MaryAnn blickte zu ihm auf, und

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