Die Stimme des Daemons
ihn wenigstens eine Zeit lang zurückhalten.
Die Frau ging den Plan immer wieder durch und bestärkte sich selbst in dem Glauben, dass es machbar war.
Sie war felsenfest entschlossen, nicht zuzulassen, dass dem Kind etwas passierte.
71
Sam hielt den Mercedes auf dem leeren Parkplatz hinter dem Einkaufszentrum an und nahm seinen Revolver aus dem Handschuhfach. Er nahm sich Zeit, um die Waffe zu laden und sicherzugehen, dass die Kammer unter dem Hahn leer war. Schließlich steckte er den Revolver in die Westentasche und wartete.
Um Mitternacht fuhr ein schwarzer Cadillac Escalade SUV mit getönten Fenstern an ihm vorbei und hielt etwas weiter vorne an. Sam stieg aus und ging zu dem SUV, als das hintere Fenster auf der Beifahrerseite lautlos hinunterging.
Vadiks breites Gesicht lugte aus der Dunkelheit des Wagens hervor. Eine zweite Gestalt saß neben ihm, noch tiefer im Dunkeln und das Gesicht abgewandt.
»Sie haben meine Nachricht gelesen?«
»War schwer zu übersehen.« Sam konzentrierte sich auf seine Atmung, damit man ihm nicht anhörte, wie nervös er war.
»Sind Sie bereit?«, fragte Vadik.
Sam nickte mit hartem, entschlossenem Blick.
»Wie in den Filmen, was?«, meinte Vadik lächelnd und fügte etwas ernster hinzu: »Nur dass in diesem Fall alle Kameras ausgeschaltet sein müssen.«
»Das wird kein Problem sein.«
»Gut.« Vadik sah auf seine Uhr. »Meine Mannschaft wird in zwanzig Minuten hier sein. Sorgen Sie dafür, dass die Ladetore offen sind und dass wir vollen Zugang zu allen Geschäften haben.«
»Was ist mit meinem Geld?«
Vadik lächelte, und Sam sah einen Moment lang die weißen Zähne des Unbekannten neben ihm aufblitzen.
»Ein Mann nach meinem Geschmack.«
Auf ein Kopfnicken von Vadik ging die Fahrertür auf, und der hünenhafte Wächter stieg mit einem Aktenkoffer aus. Er ging um das große Fahrzeug herum und reichte Sam den Koffer. An dem schwarzen Griff
baumelte eine kurze Stahlkette mit einer Handschelle am Ende.
Sam nahm den Koffer entgegen und war überrascht von seinem Gewicht. Papier ist an sich nicht schwer, aber eine viertel Million Dollar hat durchaus ihr Gewicht. Der Wächter gab ihm noch zwei kleine Schlüssel an einem Metallring und stieg wieder in den Wagen ein.
»Sobald meine Leute drin sind und wir sicher sind, dass Sie Ihren Job gemacht haben, können Sie gehen«, sagte Vadik. »Noch Fragen?«
Sam schüttelte den Kopf und bereitete sich innerlich auf seine Aufgabe vor.
Vadik sah ihn schweigend an, und Sam hatte das unangenehme Gefühl, eingeschätzt und beurteilt zu werden. Er zuckte nicht mit der Wimper.
Vadik blickte zur Seite, und der Fremde nickte kurz. Das Fenster ging wieder hoch, und die dunkel getönte Scheibe verstellte die Sicht auf das Wageninnere.
Der SUV fuhr los, und Sam ging auf das Einkaufszentrum zu.
72
Sam klopfte an die große Metalltür am hinteren Ende der Mall, wo sich, wie er wusste, Ken um diese Zeit
aufhalten musste, wenn er seinen Rundgang wie gewohnt ging.
Er wartete einige Minuten und klopfte noch einmal.
»Wer ist da?«, fragte eine leise Stimme hinter der Tür.
»Ken, ich bin’s, Sam. Mach auf.«
Man hörte Schlüssel klimpern, ehe die Tür schließlich einen Spalt aufging und Ken hervorlugte.
»Hallo, Sam«, sagte er vorsichtig. »Ich dachte, du hast ein paar Tage Urlaub.«
Sam sah ihn mit einem freundlichen Lächeln an. »Habe ich auch, Ken.« Er hielt den Aktenkoffer hoch. »Ich muss mir nur ein paar Sachen holen.«
»Um diese Zeit?«
Sam lachte. »Na ja, ich wollte auch dich sehen.«
Ken grinste und öffnete die Tür etwas weiter, um ihn hereinzulassen. »Ohne dich ist die Nachtschicht nicht so toll, Sam.«
»Wen haben sie dir als Partner gegeben?«
Ken verdrehte die Augen. »Harry. Er hat sich freiwillig für eine Doppelschicht gemeldet, aber ich habe ihn die ganze Schicht noch nicht gesehen.«
»Ist er im Umkleideraum?«
Ken nickte. »Er hat sich hingesetzt und angefangen zu singen. Echt nervig.«
Sam lachte und klopfte Ken auf die Schulter. »Gehen wir zu ihm und sehen mal nach, ob er noch wach ist.«
Sams Lächeln schwand, als er in dem dunklen Gang vorausging.
Als Sam die Tür zum Umkleideraum öffnete, saß Harry zusammengesunken auf dem Boden, das Kinn
auf der Brust, und schnarchte laut. Eine leere Flasche Bourbon stand neben seiner Hand. Der schlafende Riese war nur mit einem weißen Unterhemd und blauen Boxershorts bekleidet. Seine Uniformhose, Hemd, Halfter und Jacke lagen auf der Holzbank.
Ken
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