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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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gelehrt habt. Und hier ist frischgebackenes warmes Brot mit Honig.«
    Kassia aß. Doch bald war sie so erschöpft, daß sie nicht einmal mehr den Löffel heben konnte. Sie sank in die weichen Kissen zurück. »Wo ist Lord Graelam?«
    »Im Saal«, sagte Etta vorsichtig. Sie ließ ihre Herrin nicht aus den Augen. »Alle machen sich große Sorgen um Euch. Der arme Rolfe hätte Bran am liebsten umgebracht.«
    »Es war aber nicht Brans Schuld«, sagte Kassia und schloß die Augen. Nach längerem Schweigen sagte sie tonlos: »Graelam gibt mir die Schuld.«
    »Ihr werdet ein anderes Kind bekommen. Ich meine, daß Ihr keinen bleibenden Schaden erlitten habt, mein Kindchen.«
    »Ja, es ist meine Pflicht, alles zu tun, was Mylord wünscht«, sagte Kassia dumpf. »Ich werde nicht mehr so dumm sein und mehr vom Leben verlangen - nie wieder.«
    »Wir leben in einer Männerwelt«, sagte Etta. Sie suchte nach den richtigen Worten. »Männer sind es, die Befehle erteilen. Und Männer machen die Gesetze.«
    »Ja, und es ist die Pflicht der Frauen, ihnen wieder Söhne zu gebären, damit die Söhne wiederum alle anderen unters Joch zwingen können, die das Unglück haben, als Mädchen zur Welt zu kommen!«
    Graelam war unbemerkt eingetreten. »Da hast du etwas Wahres gesagt, Mylady. Doch deine Worte waren viel zu hart und bitter. Die Männer geben den Ton an, weil sie dazu geschaffen sind. Doch du hast insofern recht, als auch eine Frau ihren Wert hat. Denn wie sollten die Männer weiter die Welt beherrschen, wenn die Frauen ihnen keine Söhne schenken?«
    »Nun, dann bin ich völlig wertlos«, sagte Kassia sachlich.
    »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Graelam in ruhigem Ton. »Ich hoffe nur, daß du in Zukunft deinen Pflichten als Frau nachkommst.«
    Sie sah ihm in die Augen. Alle Hoffnung war in ihr erloschen. Dann sagte sie in völliger Ruhe: »Wenn ich wüßte, wie ich eine Botschaft an Dienwald de Fortenberry senden könnte, wäre ich versucht, ihm die elende Halskette dafür anzubieten, daß er mich hier wegholt. Damit würde ich auch dir einen großen Gefallen tun. Schade nur, daß du Blanche nicht mehr heiraten kannst.«
    Er biß die Zähne zusammen. Dann stieß er hervor: »Aber du weißt doch, wie du Dienwald de Fortenberry erreichen kannst, nicht wahr?«
    Etta erhob sich. »Mylord, sie ist übermüdet und weiß nicht mehr, was sie spricht. Sie braucht Ruhe!«
    Ihre langsam gesprochenen Worte verscheuchten seinen Zorn. »Ich überlasse sie deiner zärtlichen Pflege«, sagte er bitter und ging aus dem Zimmer.
    »Ihr dürft so etwas nicht sagen«, schalt Etta milde ihre Herrin.
    »Warum nicht? Es kommt ja nicht mehr darauf an, Etta. Es ist alles unwichtig geworden. Alles.«
    Die Gänsefeder mit der Tinte schwebte unsicher über dem Pergament. Kassia wußte, daß sie ihrem Vater nichts von der Verzweiflung in ihrem Herzen schreiben konnte. So erkundigte sie sich nach seinem Wohlergehen und nach dem Winterwetter in der Bretagne und beschrieb eingehend die Verbesserungen im Haushalt, die sie eingeführt hatte. Sie fragte nicht nach Geoffrey. Wenn der etwas plante, würde ihr Vater seine Botschaft ja doch an Graelam und nicht an sie schicken. Sie hatte gerade Sand auf das Papier gestreut, als Blount in die kleine Kammer trat.
    »Ihr schreibt an Euren Vater, Mylady?«
    »Ja, bin gerade fertig geworden, Blount.«
    Er sah sie an und schaute dann auf das Pergament. In mildem Ton erinnerte er sie: »Der Lord wird den Brief lesen, Mylady.«
    »Ich weiß. Ich habe aber nichts geschrieben, was ihn erzürnen könnte.« Langsam begab sie sich an das schmale Fenster und schob die Holzläden weg. »Wir haben erst Ende Februar, und doch weht schon eine milde Frühlingsluft.«
    Blount betrachtete voller Besorgnis seine Herrin. »Ja, es ist heute ungewöhnlich warm. Wie wäre es, wenn Ihr ausrittet, Mylady?«
    »Vielleicht werde ich es tun.« Kassia drehte sich um. »Ja, das ist eine gute Idee.«
    Trotz des milden Wetters zog Kassia sich warm an. Sie wählte einen Samtumhang mit Fehpelz. Seit einem Monat hatte Graelam sie kaum beachtet. Aber daran war sie nun gewöhnt. In ihrer kurzen Ehe hatte sie mehr schlimme als schöne Stunden erlebt, und jetzt schien das Schlimme nicht mehr enden zu wollen. Sie grüßte die Bediensteten und Graelams Krieger, die alle voll Mitgefühl waren.
    Im Stall fand sie Bran vor. Als er sie sah, wurde er blaß und stürzte auf sie zu. »Mylady, Ihr müßt mir verzeihen! Ich war an allem schuld!«
    Kassia hob

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