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Die Stimme des Feuers

Titel: Die Stimme des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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liebe. Seine Augen verdunkelten sich. Ärgerlich dachte er: Wie konnte ich ihr das auch nur einen Moment glauben!
    Hart schlug Graelam mit der Faust an den Stein. Welche nie erlebten Gefühle sie in ihm erweckt hatte! Wenn Edward zu einem neuen Kreuzzug aufgerufen hätte, wäre er ihm sofort gefolgt. Doch gleich darauf sah er ihr Gesicht mit den weitgeöffneten, staunenden Augen vor sich, als er ihr das erste Mal die Wonnen der Liebe bereitet hatte.
    »Zum Teufel, ich habe das alles satt!« murmelte er. Dann ging er in die Burg zurück und schüttelte den Regen ab wie ein nasser Hund.
    Sie würden für die Reise nach London sechs Tage brauchen, aber das machte Kassia nichts aus, so aufgeregt war sie. Er kümmerte sich nicht mehr um sie und überließ ihr sämtliche Vorbereitungen. Die vielen Entscheidungen, die sie zu treffen hatte, ließen sie ihre Gefühle für ihn vergessen. Nur des Nachts, wenn sie seinen regelmäßigen Atemzügen im Bett lauschte, spürte sie wieder den Schmerz. Am Tag vor der Abreise war Graelam zu unerwarteter Zeit ins Schlafzimmer gekommen, als Kassia gerade ihr neues blaues Seidenkleid anprobierte. Trotz ihrer zerbrechlichen Schlankheit sah sie bildhübsch aus. Ihre Haare waren inzwischen so weit gewachsen, daß sie ihr bis auf die Schultern fielen.
    »Das Kleid steht dir gut, Mylady«, sagte er in grobem Ton. Ihr Gesicht wurde ausdruckslos. »Danke, Mylord.«
    »Zu diesem Kleid legst du die Halskette an.« Ihre Abneigung dagegen war unverkennbar. Er ging an die Truhe, holte die Kette heraus und hob sie ans Sonnenlicht, das durch das kleine Fenster fiel. Die kostbaren Steine funkelten. »Komm her!« sagte er.
    Langsam trat sie auf ihn zu, drehte sich um und hob hinten das Haar hoch. Sie fühlte die schwere Kette auf der Brust. Kalt lag das dicke Gold an ihrem Hals. Er schloß die Spange und trat zurück.
    Sie sieht aus wie eine fremdländische Prinzessin, dachte er. »So wirst du zur Krönung gehen«, sagte er und verließ das Zimmer.
    In dieser Nacht nahm er Kassia wieder, nicht grob, aber rasch. Sie meinte ihn stöhnen zu hören, als er auf ihr erschlaffte. Sie wollte aufstehen, um sich zu waschen. Aber da schloß sich sein Arm um ihre Taille und hielt sie fest. »Nein«, sagte er, »du wirst dir meinen Samen nicht aus dem Schoß spülen.«
    Sie war entsetzt. Dann fiel ihr ein, daß er in ihr ja nichts anderes als eine Zuchtstute sah.
    »Jetzt schlafe, wir reisen morgen früh ab!« Gibt es denn keine Möglichkeit, dein Herz zu gewinnen? dachte sie traurig.
    Schmutzig und müde trafen sie eine Woche später in London ein. Die Pferde und Wagen starrten vor Schlamm. Kassia war den größten Teil der Strecke geritten.
    Sie hatte keine Ahnung gehabt, was sie hier erwartete, aber der Anblick so vieler Menschen auf einem so kleinen Gebiet verschlug ihr den Atem. Und dieser Dreck! Überall stank es nach menschlichen Exkrementen und faulenden Speiseabfällen. Dazu der Krach, den die Händler machten, die ihre Waren den Passanten mit höchster Lautstärke anpriesen.
    »So sind alle großen Städte«, sagte Graelam. »Aber da, wo wir
    Quartier beziehen, ist es nicht so schlimm. Das Haus liegt im Norden der Stadt an der Themse. Der Herzog hat es mir zur Verlobung mit Lady Joanna geschenkt. Er bestand darauf, daß ich es behalte, als er dich als mein Weib für würdig befand.«
    Ständig fiel ein feiner Nieselregen, und der Erdboden war morastig. Bluebell rutschte aus. Sofort griff Graelam ihr in die Zügel und beruhigte die Stute. »Du bist schon schmutzig genug«, sagte er zu Kassia. »Ich will nicht, daß du dir obendrein noch ein Bein brichst.«
    »Dann müßtest du die elende Halskette selber tragen«, murmelte sie vor sich hin.
    Sie ritten an der Westminsterabtei und am Weißen Tower vorbei, wo Edward und Eleanor jetzt wohnten. Kassia schwankte im Sattel. Sie war so müde, daß sie die vielen Sehenswürdigkeiten kaum wahrnahm. Schließlich kamen sie an eine von einer hohen Mauer umgebene Festung. Langsam schwang das Tor mit den dicken Eisengittern auf, und ihr Troß ritt in einen verschlammten, trostlosen Hof ein. Vor ihnen erhob sich ein zweistöckiges, rechteckiges Holzhaus. In der einbrechenden Dunkelheit sah es grau und alles andere als einladend aus.
    Graelam hob sie vom Pferd. Sie stellte sich vor, wie es innen aussehen würde, und ihr war elend zumute. Doch zu ihrer Überraschung brannten innen viele Dutzend Kerzen, und am Ende des langen, schmalen und niedrigen Zimmers loderte ein großes

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