Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stimme des Herrn.

Die Stimme des Herrn.

Titel: Die Stimme des Herrn. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
phantastisch –, sondern er fragte nur an, ob er ihm die im Archiv von Mount Palomar verbliebenen Bänder überlassen könne. Hailer, darüber verärgert, daß er persönlich in die LaserowitzAffäre verwickelt worden war, lehnte ab. Erst da verbiß sich Rappaport wohl richtig und wandte sich direkt ans Observatorium. Sein Name war in wissenschaftlichen Kreisen hinreichend bekannt, und bald darauf hatte er einen reichlichen Kilometer Bänder in den Händen, die er an seinen Freund, Dr. Howitzer, weiterleitete, damit der sie mit dem Rechenautomaten auf die Häufigkeitsverteilung der Elemente hin untersuche, mit anderen Worten eine sogenannte Distributionsanalyse vornähme.
    Bereits in dieser Phase war das Problem längst komplizierter, als ich es hier darstelle. Eine Information erinnert um so mehr an ein reines Rauschen, je genauer der Sender die Kapazität des Übertragungskanals ausnutzt. Wird sie restlos ausgenutzt, unterscheidet sich das Signal für einenUnvoreingenommenen durch nichts vom vollständigen Chaos. Wie ich schon sagte, läßt sich solch ein Rauschen nur dann als Information »entlarven«, wenn die Ausstrahlungen ein und derselben Mitteilung immer wiederkehren und man sie vergleichend nebeneinanderstellen kann. Genau das hatte Rappaport vor, und dabei sollten ihm die Apparaturen des Rechenzentrums behilflich sein, in welchem Howitzer arbeitete. Auch ihm sagte er nicht sofort, worum es sich drehte, weil ihm daran lag, daß das Geheimnis gewahrt blieb. Außerdem würde, falls sich seine Idee als Blindgänger entpuppt hätte, niemand davon Wind bekommen haben.
    Diesen spaßigen Anfang einer später durchaus nicht mehr spaßigen Geschichte gab Rappaport sehr oft zum besten, ja er bewahrte sogar die Ausgabe der Zeitung, die ihn auf den entdeckerischen Einfall gebracht hatte, als Reliquie auf.
    Howitzer, mit Arbeit überlastet, hatte keine rechte Lust, die mühselige Analyse vorzunehmen, ohne ihren Zweck zu kennen: Und so entschloß sich Rappaport denn letzten Endes, ihn in sein Geheimnis einzuweihen. Howitzer lachte ihn zunächst aus, doch gab er, beeindruckt von Rappaports suggestiven Worten, schließlich seiner Bitte nach.
    Als Rappaport wenige Tage später nach Massachusetts zurückkam, empfing ihn Howitzer mit der Botschaft, die Untersuchungen seien negativ verlaufen, was seiner Meinung nach die phantastische Hypothese zu Fall brachte. Rappaport war schon drauf und dran – das weiß ich von ihm selbst – die Finger von der Geschichte zu lassen, aber erbost über die Sticheleien des Freundes fing er an, mit ihm zu streiten. Die gesamte Neutrinostrahlung eines einzigen Quadranten des Himmelsgewölbes sei doch ein regelrechtes, sich über ein riesiges Frequenzspektrum ausdehnendes Meer, sagte er zu ihm, und selbst wenn Hailer und Mahoun, als sie dieses Spektrum einmal durchkämmten, dortrein zufällig ein »Stückchen« künstlicher Strahlung herausgefischt hätten, das von einem vernunftbegabten Absender stamme, dann wäre es, wenn sie das, wiederum durch Zufall, ein zweites Mal vollbracht hätten, schon ein wahres Wunder.
    So also gälte es, die Bänder zu beschaffen, die im Besitz von Swanson seien. Howitzer leuchtete diese Argumentation ein, er bemerkte jedoch, da auch er recht behalten wollte, wenn man die Alternative »Nachricht von den Sternen« oder »Swanson betrügt« prüfe, dann spreche eine millionenfach größere Wahrscheinlichkeit für letzteres. Er fügte noch hinzu, falls Rappaport die Bänder auftreiben sollte, werde ihm das nicht viel nutzen: Swanson habe, als er vor Gericht geladen wurde, um sich eine Grundlage für eine erfolgreiche Verteidigung zu schaffen, von dem Band, das er besaß, womöglich einfach eine Kopie anfertigen lassen, und diese Kopie als angeblich einzelnes Original der Neutrinoaufzeichnung ausgegeben.
    Rappaport konnte nichts darauf erwidern, aber da er einen Bekannten hatte, einen Spezialisten für Apparaturen für die halbautomatische Langzeitaufzeichnung, rief er ihn an und erkundigte sich, ob sich Bänder, auf denen gewisse natürliche Abläufe festgehalten sind, irgendwie von solchen unterscheiden ließen, auf denen die Aufzeichnung erst sekundär »aufgetragen« worden sei, mit anderen Worten, welcher Unterschied – falls es einen gäbe – zwischen dem Original der Aufzeichnung und einer Kopie bestünde. Es stellte sich heraus, daß eine solche Unterscheidung möglich war. Daraufhin wandte sich Rappaport an Swansons Rechtsanwalt, und eine Woche später

Weitere Kostenlose Bücher