Die Stimme des Herrn.
nur ein einziges Mal getan und dann, statt in den nächsten Folgen weitere Zufallssequenzen zu liefern, mechanisch die erste Folge kopiert und dabei nur unbeträchtlich die einzelnen Seiten gemischt habe. Swanson hatte, zumindest in dieser Angelegenheit, ein reines Gewissen, wies also Loomis’ Anschuldigungen zurück und schrieb ihm, zutiefst empört, ein paar gepfefferte Worte. Nun war wiederum Loomis beleidigt und fühlte sich obendrein betrogen, übergab also den Fall dem Gericht. Swanson wurde zu einer Geldstrafe wegen persönlicher Beleidigung verurteilt, darüber hinaus entsprach das Gericht dem Antrag des privaten Klägers und erklärte die neue Tabellenfolge für eine betrügerische Wiederholung der ersten. Swanson legte Berufung ein, doch fünf Wochen später zog er sie zurück, zahlte die ihm auferlegte Geldstrafe und verschwand spurlos.
Der »Morning Star« aus Kansas berichtete mehrfach über den Prozeß Loomis gegen Swanson, denn es war gerade Sauregurkenzeit und kein besserer Stoff zur Hand. Einen dieser Artikel las Dr. Saul Rappaport vom Institute for Advanced Study auf seiner Fahrt zur Arbeit – wie er mir erzählte, hatte er die Zeitung auf einem Sitz in einem Eisenbahnabteil gefunden, selbst kaufte er sie nie.
Es war an einem Sonnabend, und das Blatt hatte, um seine erweiterte Wochenendausgabe aufzufüllen, neben dem Gerichtsbericht auch noch eine Auslassung von Laserowitz über »die Brüder im Verstand« mitsamt dem zornigen Dementi von Dr. Hailer gebracht. Rappaport bekam also einen Einblick in die ganze sonderbare, wenngleich läppisch wirkende Affäre. Als er die Zeitung weglegte, kamihm ein irrsinniger, ja nachgerade komischer Gedanke: Laserowitz spann zweifelsohne, wenn er die »Stillezonen« auf den Bändern für Signale hielt. Und dennoch war es denkbar, daß er gleichzeitig recht hatte, als er in den Bändern die Aufzeichnung einer »Mitteilung« sah, falls diese Mitteilung das Rauschen war.
Der Gedanke war wahnwitzig, aber Rappaport kam nicht von ihm los. Ein Informationsstrom, zum Beispiel der der menschlichen Rede, läßt nicht immer erkennen, ob er nun eine Information enthält oder auch nur ein Gewirr von Lauten. Wir empfinden eine fremde Sprache oftmals als ein absolutes Gestammel. Die einzelnen Worte unterscheidet nur, wer die Sprache versteht. Für einen, der sie nicht versteht, gibt es nur eine einzige Methode, die ihm diese ausschlaggebende Unterscheidung ermöglicht: Wenn wir ein echtes Rauschen empfangen, wiederholen sich die einzelnen Signalfolgen niemals in derselben Reihenfolge. So verstanden, bilden zum Beispiel tausend Zahlen, die auf einem Roulette erscheinen, eine »Rauschfolge«. Es ist völlig ausgeschlossen, daß bei den nächsten tausend Spielen die Ergebnisse der vorangegangenen Folge in derselben Anordnung wiederkehren. Eben darin besteht das Wesen des »Rauschens«, daß die Reihenfolge im Auftauchen der Elemente – der Töne oder anderer Signale – nicht vorhersehbar ist. Wenn sich die Folgen jedoch wiederholen, beweist das, daß die »Rauschartigkeit« des Phänomens nur eine Täuschung ist und wir es in Wahrheit mit einem arbeitenden Sender zur Informationsübermittlung zu tun haben.
Dr. Rappaport kam auf die Idee, daß Swanson vor dem Gericht womöglich nicht gelogen und nicht immer nur das eine Band wieder von vorn kopiert, sondern daß er nacheinander die Bänder benutzt habe, die während der sich über viele Monate erstreckenden Aufzeichnung der kosmischen Strahlung entstanden waren. Falls die Strahlung einebeabsichtigte Signalgebung darstellte und falls die eine Strahlungsfolge der »Mitteilung« damals zu Ende gewesen und die Mitteilung danach wieder von vorn gesendet worden war, wäre schließlich das entstanden, worauf Swanson sich so sehr versteifte. Die einzelnen Bänder hätten genau dieselben Impulsfolgen festgehalten, die durch ihre Wiederholbarkeit verraten haben würden, daß sie nur wie ein Rauschen aussahen!
Das war im höchsten Maße unwahrscheinlich, aber gleichwohl möglich. Immer wenn ihm solcherart Erleuchtungen kamen, legte Rappaport, im täglichen Leben eher ein bequemer Mann, eine außerordentliche Wendigkeit und Tatkraft an den Tag. Da die Zeitung Dr. Hailers Adresse mit angegeben hatte, war es für ihn ein leichtes, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Am meisten war ihm daran gelegen, die Bänder in die Hand zu bekommen. Er schrieb folglich an Hailer, ohne ihn jedoch in seine Konzeption einzuweihen – sie klang allzu
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