Die Stimme des Herrn.
mich unbedingt vorbereiten, was ich auch tat, ich weiß also nicht, wer den größeren Nutzen davon hatte: ich oder meine Hörer.
Das Wetter war in jenem Sommer schön, aber zu heiß,selbst in der Heide, die dürr und ausgetrocknet war. Ich hatte schon immer sehr viel übrig für das Gras, weil wir ihm unsere Existenz zu verdanken haben. Erst nach jener pflanzlichen Revolution, die die Kontinente ergrünen ließ, konnte das Leben mit seinen tierischen Arten auf ihnen Fuß fassen. Ich will übrigens nicht behaupten, daß diese meine Vorliebe ausschließlich auf derlei Evolutionsgedanken zurückzuführen wäre.
Der August war schon recht weit fortgeschritten, als eines Tages ein Vorbote der Veränderung in der Person eines Dr. Michael Grotius auftauchte, der mir einen Brief samt einer vertraulichen mündlichen Botschaft von Yvor Baloyne überbrachte.
Dort, im zweiten Stock des alten pseudogotischen Gebäudes aus dunklem Backstein mit dem spitzen Dach, das von wildem Wein umrankt war, der sich schon färbte, in meinem nicht eben gut belüfteten Zimmer (in dem alten Gemäuer gab es keine Klimaanlage), erfuhr ich von einem jungen, stillen Mann, der zart und zerbrechlich wirkte wie chinesisches Porzellan und einen halbmondförmigen schwarzen Bart trug, daß eine Nachricht auf die Erde herabgekommen sei, ob eine gute, wisse man noch nicht, weil es trotz reichlich zwölfmonatiger Bemühungen noch nicht gelungen sei, sie zu entschlüsseln.
Obwohl mir Grotius nichts davon sagte und ich in dem Brief meines Freundes keine Bemerkung darüber fand, begriff ich doch sofort, daß es sich um Versuche handelte, die unter sehr hoher Schirmherrschaft oder – wenn man so will – Aufsicht standen. Denn wie war es möglich gewesen, daß über Arbeiten von solchem Rang nichts in die Presse oder in die Kanäle des Rundfunks oder Fernsehens durchgesickert war? Es stand fest, daß sich erstklassige Spezialisten mit deren Abdichtung befaßten.
Grotius entpuppte sich trotz seiner Jugend als gewandter Spieler. Weil noch nicht sicher war, ob ich mich bereitfinden würde, am Projekt mitzuarbeiten, durfte er nichts Konkretes darüber verlauten lassen. Er mußte an mich appellieren und meiner Eigenliebe schmeicheln, indem er unterstrich, daß zweieinhalbtausend Menschen ausgerechnet mich unter den übrigen ganzen vier Milliarden zum potentiellen Erlöser auserkoren hätten, aber auch hierin kannte er das Maß, denn er nahm nicht zu plumpen Komplimenten seine Zuflucht.
Die meisten Menschen glauben, es gäbe keine Schmeichelei, die der damit Bedachte nicht genußvoll schlucke. Wenn das die Regel ist, dann bilde ich die Ausnahme, denn ich habe Lob niemals geschätzt. Loben kann man gewissermaßen nur von oben nach unten, aber nicht umgekehrt, und ich weiß sehr wohl selber, was ich wert bin. Grotius war von Baloyne präpariert worden, oder er hatte einfach einen guten Riecher. Er redete viel, beantwortete meine Fragen sozusagen erschöpfend, doch am Ende unserer Unterhaltung hätte ich alles, was ich erfahren hatte, auf zwei Seitchen niederschreiben können.
Die Hauptklippe war der geheime Status der Arbeiten. Baloyne war sich bewußt, daß dies der heikelste Punkt sein werde, und so berichtete er mir denn in dem Brief von seiner persönlichen Zusammenkunft mit dem Präsidenten, der ihm versichert habe, daß sämtliche Arbeitsergebnisse veröffentlicht werden würden, die Informationen ausgenommen, die den Interessen der Vereinigten Staaten schaden könnten. Es sah so aus, als stelle nach Meinung des Pentagons oder zumindest der Abteilung, die das Projekt unter ihre Fittiche genommen hatte, die Botschaft von den Sternen eine Art Plan für eine Superbombe oder eine andere ultimative Waffe dar – eine Konzeption, die auf den ersten Blick eher komisch anmutete und mehr über die allgemeine politische Atmosphäre aussagte als über die galaktischen Zivilisationen.
Nachdem ich Grotius für drei Stunden weggeschickthatte, ging ich in aller Ruhe in die Heide und legte mich dort in der sengenden Sonne ins Gras, um die Sache zu durchdenken. Weder Grotius noch Baloyne hatten etwas darüber verlauten lassen, daß ich das Versprechen oder gar den Schwur zu leisten habe, Schweigen zu bewahren, doch verstand sich eine solche »Initiation« bei dem Projekt von selbst.
Es war eine der typischen Situationen, in die ein Wissenschaftler unserer Zeit geraten kann – in spezifischer Vergrößerung, ein wahres Ausstellungsstück. Um reine Hände zu behalten, ist
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