Die Stimme des Nichts
Nachteiliges bemerkte, wieder in Schlaf.
Paarweise und in Familiengrüppchen verließen die Leute die Fahrzeugkabine, bis nur noch zwei Paare mitfuhren. Als der Transporter das nächste Mal abbremste, stand Clarity auf, nahm die beiden Wanderrucksäcke, gab einen davon Flinx und ging zum Ausstieg.
»Endstation«, sagte sie. »Von hier aus gehen wir zu Fuß.«
Er folgte ihr nach draußen. Zuletzt war er auf Pyrassis mit einem Rucksack unterwegs gewesen. Diesmal war die Umgebung etwas freundlicher.
Statt in einer feindseligen Wüste lief er durch einen Wald exotischer, blühender Bäume mit hellen Stämmen. In Lila, Kirschrot, Rosa und Türkis, Weiß und glitzernden Goldtönen saßen die Blüten an den Zweigen, die in Spiralen zum Himmel emporwuchsen. Während die Pflanzen auf anderen Welten um jedes bisschen Sonnenlicht und Boden rangen, schienen die Bäume hier darum zu wetteifern, welcher die auffälligsten Blüten hervorzubringen vermochte. Über ihren Köpfen kreisten Pip und Scrap fröhlich brummend in den Zweigen.
Flinx hatte noch nie so viele Blüher an einem Fleck gesehen. Die Luft war duftgeschwängert, und ihm wurde schwindlig, wenn er sich für alle Farben eine Bezeichnung ausdenken wollte. Die hohen Korkenzieherstämme in einem Takari-Hain, an dem sie vorbeiwanderten, waren über dreißig Meter hoch. Von den untersten Ästen bis zu den obersten Zweigen war alles dicht mit Blüten besetzt. Eine Natur von so üppiger Schönheit hatte er noch nie gesehen. Als er das zu Clarity sagte, lachte sie nur.
»Nur ist voll von solchen Tälern. Es wurden so viele wie möglich in unberührtem oder halbwegs unberührtem Zustand gelassen, damit die Leute sich daran erfreuen können.«
Sie blieb stehen und wies auf einen Teppich von dunkelblauen Trichterblüten, die summten, wann immer der Wind darüberstrich. Sie waren so fein und makellos wie die Takari hoch und robust. »Das ist der Grund«, bemerkte sie, »weshalb niemand auf New Riviera zu irgendeiner Gelegenheit Blumen schenkt. Sie sind nichts Besonderes, und wer welche haben möchte, braucht nur nach draußen zu gehen und kann sich welche pflücken, sogar mitten in einer Stadt wie Soothal oder Nelaxis.«
»Du schmeichelst ihnen mehr als sie dir«, meinte er.
Sie machte ein schelmisches Gesicht. »Also, aus welchem Buch hast du das denn?« Sie war nicht ungehalten, glaubte er. Das war eine Sache, die er während seiner Reisen über Frauen gelernt hatte. Wo ihre persönliche Erscheinung betroffen war, gab es nicht eine, die nicht lieber eine geistreiche Lüge als eine unschöne Wahrheit hörte. Clarity bildete da keine Ausnahme.
»Es ist wahr«, beharrte er.
»Bill würde es nicht gefallen, wenn er dich so hörte.«
Wenn sie ihm eine Reaktion abringen wollte, indem sie ihren Geliebten erwähnte, war sie auf dem Holzweg. Zumindest verzog er keine Miene. Seine Aufmerksamkeit blieb auf die wunderschöne Landschaft gerichtet, während er nach dem Namen dieses Baumes und jenes Busches fragte oder wissen wollte, was für kleine Pelztiere sie unterwegs aufscheuchten, wenn sie sich näherten. Ab und zu sausten die fliegenden Schlangen zu ihnen herab, um sich zu vergewissern, dass ihre jeweiligen Besitzer wohlauf waren, und nahmen dann ihr Possenspiel in den Baumwipfeln wieder auf.
»Wohin wandern wir?« Flinx sah zu seiner alten Freundin hinüber. »Hast du ein bestimmtes Ziel im Auge, oder streifen wir einfach nur umher?«
»Sowohl als auch«, verkündete sie. »In einer Stunde sind wir da.« Sie deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Ich würde gern die anderen Touristen hinter mir lassen, du nicht auch?«
Flinx war mehr als einverstanden. Je einsamer sie waren, umso besser gefiel es ihm. Wenn es für ihn nur so einfach wäre wie für sie. Sie konnte sich umschauen und nur Wald und Blumen sehen, aber er kam nicht umhin, noch auf ein paar Kilometer Entfernung die unverfälschten Gefühle fremder Wanderer aufzufangen. Nicht dass er das wollte. Er hatte in dieser Hinsicht gar nicht die Wahl.
Doch Clarity hielt Wort. Je länger sie liefen und je weiter sie die Transportstation hinter sich ließen, desto schwächer und seltener wurden die menschlichen Empfindungen, die er spürte. Er erlebte nicht die völlige Stille des Alls, doch es war viel ruhiger als in dem emotionalen Pandämonium einer Großstadt.
Die Sonne hatte den Zenith noch nicht erreicht, als sie an den See gelangten. Die Minidrachen waren längst wieder auf die Schulter ihres
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