Die Stimme des Wirbelwinds
die ich vor Jahren eingeatmet habe, könnte die Myelinhüllen von meinen Nerven abschälen, und ich wäre verkrüppelt. Das wäre ebenfalls Sheol. Anderen Überlebenden ist das passiert. Als ob wir alle kleine Zeitbomben in uns tragen würden.« Griffith schwitzte. Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Daß ich diese kleinen Bomben in mir habe, ist etwas, das ich nicht vergessen kann. Und die Bomben erinnern mich ständig an alles andere.« Er sah zu Steward auf. »Sie haben Glück, wissen Sie das? Sie haben dieses Zeug nicht in Ihrem Körper.« »Können Sie sich keinen neuen besorgen?« »Ich hab die Klon-Versicherung nicht abgeschlossen, so wie Sie. Ich hatte keine Familie. Ich hab' einfach meinen Risikozuschlag genommen und in der Woche, bevor wir losgeflogen sind, 'ne große Party gegeben. Und jetzt kann ich mir keinen neuen Körper leisten.« Griffith sah ihn an. »Das wußten Sie doch«, sagte er.
Steward zeigte mit einem Finger auf seine Schläfe. »Dieses Gedächtnis nicht. Das sind alte Aufzeichnungen.«
Griffith atmete aus, ein rauhes Seufzen. »Yeah. Das vergeß' ich dauernd. Daß Sie so viel jünger sind als ich. Selbst wenn Sie vor mir geboren wären.«
Ardala lehnte sich in die Kissen zurück. Sie hatte ein weißes T-Shirt an und rauchte eine Xanadu. Guys war aufgeschlagen und lag ungelesen auf ihrem Bauch. »Zweitausend Starbrights«, sagte sie. »Nicht schlecht für einen Tag Arbeit.«
»Nicht schlecht«, pflichtete Steward ihr bei. Er hatte eins ihrer Paukbücher vor sich aufgeschlagen, aber er hatte schon eine Weile nicht mehr hineingeschaut.
Ardala zog ein Bein hoch und kratzte sich die nackte Wade. »Ich nehme an, es ist was Gesetzwidriges.«
»Nein. Ich hab' deinen Computer benutzt und es in der Bibliothek nachgeprüft.«
»Wenn es nicht illegal ist, dann ist es gefährlich.«
Steward runzelte die Stirn. »Kann sein. Griffith bestreitet's.«
Ardala reichte Steward die Xanadu. Er inhalierte. »Wie gut kennst du Griffith?« fragte sie.
»Damals sehr gut.«
Sie setzte sich auf, beugte sich zu ihm und stützte die Ellbogen auf ihre Knie. »Er hat sich sehr verändert. Hast du erzählt.«
»Ja.«
»Also ist es gefährlich.«
Steward zuckte die Achseln und gab Ardala die Zigarette zurück. Sie betrachtete sie in ihrer Hand und ignorierte sie. »Bei welcher Firma arbeitet er noch gleich?«
»Lightsource, Limited.«
Sie schüttelte den Kopf. »Kenne ich nicht, aber ich werde in meinen Unterlagen nachschauen. Ich müßte irgendwas drüber rausfinden können.«
Steward zuckte wieder die Achseln. Ardalas grüne Augen wurden schmal. »Du tust so«, sagte sie, »als ob es dir egal wäre, ob dein alter Freund dich reinlegt oder nicht.«
»Er gibt mir etwas anderes, was ich haben will.«
Sie setzte die Zigarette an die Lippen, inhalierte und schnitt eine Grimasse, als sie entdeckte, daß sie ausgegangen war. Sie ließ sie in einen Aschenbecher fallen. »Er gibt dir eine Chance, in den Raum zu kommen, stimmt's? Geld? Wird dir 'ne Menge nützen, wenn du tot bist.«
Er sah sie an. »Sheol«, sagte er.
Das Wort schien einen langen Moment in der Luft zu hängen, wie Honig, der von einem Löffel tropft. Ardala schüttelte den Kopf und ließ sich in die Kissen zurücksinken. »Es ist, als wolltest du Sheol eine zweite Chance geben, dich umzubringen. Als ob es beim erstenmal nicht schlimm genug gewesen wäre.«
Er streckte die Hand aus und legte sie auf ihr Knie. »Ich kann nichts dagegen tun, ob der Job gefährlich ist oder nicht. Das einzige, was ich tun kann, ist bereit zu sein. Ich bin bereit.«
Sie wandte den Kopf ab. Er sah, wie es in ihrer Kehle arbeitete, »'n toter Mann«, sagte sie. »Ein verdammt toter Mann.«
Steward zog die Hand zurück und sah auf sein Buch hinunter. »Ich bin in einem Tag oder so zurück.«
Ardala sah ihn immer noch nicht an. »Das sagst du.«
»Am Anfang war es einfach. Ferner Ranger hatte Sheol als erstes entdeckt, aber Kohärentes Licht brachte die Eisfalken vor allen anderen ins System von Wolf 294. Sie haben mobilisiert, den Äußeren den Krieg erklärt und sind losgeflogen. Nur die männlichen Eisfalken sind nach draußen geschickt worden; die Frauenbataillone sind zum Schutz vor Sabotage und um vielleicht selber welche auszuführen im System zurückgehalten worden. Die Frauen waren nicht glücklich darüber – wozu hatte man sie dann überhaupt ausgebildet? –, und viele Männer waren genervt, weil man sie von ihren Freundinnen
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