Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
Vom Netzwerk:
Unterhaltung war gestiegen und übertönte manchmal die Musik.
    Er glaubte zu wissen, wer Spassky war – ein kleiner, lebhafter Bursche in Blue Jeans, Halbstiefeln und einer leuchtend gelben kurzärmeligen Jacke mit einer Menge Reiß- und Klettverschlüssen. Seine Haare waren zu schwarzen Kornreihen arrangiert und verwandelten sich zu gezackten, senkrechten Tätowierungen, die über sein Gesicht liefen. Er hatte spitze Metallzähne, die geschärft und gestaffelt waren, damit sie in Löcher im Zahnfleisch paßten und er sich nicht jedesmal biß, wenn er den Mund zumachte. Er trug eine Brille mit in die Rückseiten eingesetzten Videoschirmen.
    Ein Mädchen und zwei Jungen saßen am selben Tisch. Das Mädchen hing am Arm des kleinen Jungen und ignorierte die Tatsache, daß er ihr keinerlei Beachtung schenkte. Ihre Stirn war tätowiert, und ein Verband lief mitten über ihr Gesicht. Steward vermutete, daß sie sich gerade die Nase hatte ändern lassen.
    Die Jungs waren groß, mindestens eins fünfundneunzig. Schwere Stiefel. Rasierte Köpfe mit Tätowierungen. Einer war fett, der andere dünn. Der Fette trug eine Video-Sonnenbrille, der Dünne hatte transparente Augenimplantate, bei denen man die Schaltungen im Innern sehen konnte. Steward fragte sich, ob sie Nahkampffäden in ihre Hirne gewoben hatten, und kam zu dem Ergebnis, daß es wahrscheinlich so war.
    Steward sah, daß sich ihre Köpfe jedesmal leicht drehten, wenn die Türscanner grünes Licht gaben und jemand hereinkommen konnte. Sie sahen nie direkt zur Tür. Das hätte sie nervös wirken lassen. Aber sie warteten eindeutig auf jemanden.
    Die Musik hörte abrupt auf. Die Tanzenden hielten inne, zögerten und kehrten zu ihren Sitzplätzen zurück. Sie sahen verloren aus.
    Ein blasser Junge von etwa fünfzehn Jahren kam auf die Bühne. Er hatte eine pickelige, eingesunkene Brust und trug keine Kleider. In einer Hand hielt er einen Beutel. Es gab vereinzelten Applaus. Ein Mikrophon senkte sich von der Decke herab. Bunte Scheinwerfer färbten die Haut des Jungen pastellgrün. »Der Todeswurm windet sich in ihren Herzen!« rief er ins Mikrophon. Beim letzten Wort brach seine Stimme. Der Junge nahm eine fünfzehn Zentimeter lange Stahlnadel aus seinem Beutel. Er hielt die Nadel mit der linken Hand fest und trieb sie durch die Handfläche seiner Rechten. Blut schimmerte auf dem Stahl. Jetzt applaudierten alle.
    Steward spürte den scharfen Geschmack von Metall im Mund. Das war interessant.
    »In den Herzen der Hundemeute, die langsam durch die tränengestreiften Straßen läuft«, sagte der Junge. Er bückte sich und hob eine weitere Nadel auf. Seine Haut war pastellrosa.
    Es gab Ermunterungsrufe. Steward schaute aufmerksam zu, um zu sehen, wie es gemacht wurde. Bei dem pastellfarbenen Licht war es möglich, daß es einen Trick gab. Der Junge steckte die Nadel durch die lose Haut unter seinem Arm, wobei er seine Gedichte rezitierte. Weitere Nadeln drangen ein. Steward kam zu dem Schluß, daß es echt war. Danach verlor er das Interesse.
    Statt ein Spezialist mit einem interessanten Trick zu sein, war der Junge ein weiterer Dummkopf geworden, der sich keinen anderen Weg vorstellen konnte, berühmt zu werden, als sich in der Öffentlichkeit zu verletzen.
    Darwin-Tage, dachte er. Natürliche Auslese, gleich hier auf der Bühne.
    Steward bestellte sich noch einen Starbeast und wartete darauf, daß der Barkeeper ihn brachte. Er zeigte auf den Tisch mit den Leuten, die so aussahen, als warteten sie auf jemanden. »Ist das Spassky?« fragte er.
    Der Barkeeper warf ihm einen wachsamen Blick zu. »Kommt drauf an, wer Sie sind«, sagte er.
    Steward nahm seinen Drink. »Danke«, sagte er und ging zu Spasskys Tisch. Video-Sonnenbrillen wandten sich ihm zu.
    »Ich komme von Griffith.«
    »Setz dich!« Spassky hatte eine Altstimme, die so jung klang, daß Steward überrascht war. Er tadelte sich selbst. Die Reflexe waren noch nicht wieder da. In Spasskys Alter, als er Canard gewesen war, hatte er sich jeden Tag mit solchen Sachen abgegeben.
    Steward sah sich den Jungen an, als er sich hinsetzte. Er sah, daß in der Brille zwei winzige Kameras über der Nasenbrücke und Kopf-Interface-Pickups in den Bügeln eingesetzt waren, so daß Spassky die Kanäle wechseln konnte, indem er daran dachte, ohne sich der Mühe unterziehen zu müssen, Knöpfe zu drücken. Gehirn und Video, fest verwachsen.
    Steward probierte seinen Beast. Feuer berührte seinen Gaumen und machte ihn wachsam.
    Auf

Weitere Kostenlose Bücher