Die Stimme
beschäftigt. Aber ich werde sie mir heute abend vorknöpfen. Wer war es denn?«
»Dieser gräßliche Alexander spielte mal wieder den Anführer.«
»Dann waren wohl auch Stephen und Philip dabei wie üblich?«
»Wie üblich.«
»Ich nehme sie mir heute abend ganz sicher vor.« Die Köchin sah besänftigt aus. Im Hinausgehen brummelte sie vor sich hin:
»Gottseidank ist es mittlerweile nicht mehr so schwer, diesen Haushalt mit Pasteten zu versorgen, seit nämlich dieser lange, ausgehungerte Kerl nicht mehr kommt.« Sie hätte es zwar nie zugegeben, doch die Köchin vermißte Bruder Gregory, so wie jeder Künstler einen wirklich begeisterten Bewunderer seiner Schöpfungen vermißt. Nun hatte sich Bruder Gregory aber nicht etwa aus dem Staub gemacht, hockte anderswo rum und stopfte sich voll, der undankbare Kerl, nachdem er sich in ihre Küche eingeschlichen und herumgeschnüffelt und sich dann wohl hingesetzt und der Köchin Gelegenheit gegeben hatte, an seiner Person die erstaunliche Verwandlung von bleicher Bissigkeit bis zu erhitzter Umgänglichkeit in all ihren staunenswerten Einzelheiten mitzuerleben. Man konnte nicht nur praktisch sehen, wie sich das Essen bei ihm bis in alle Extremitäten verteilte, nein, er sagte dann wohl auch: »Ach, hat das gutgetan. Das war wohl Safran, was Ihr darangegeben habt, oder? Ja, mit Safran zu würzen, das ist eine Kunst.« Dann errötete die Köchin wohl und bot ihm noch etwas an, was er in der Regel auch noch verputzte. Ja, selbst der Vogel hatte sich an ihn gewöhnt und mit seinem Warngekreische aufgehört. Jetzt war sie auf den Hund gekommen, das heißt, auf diebische, kleine Jungen, die nicht wußten, was gut ist.
Margaret konnte das Gebrumm der Köchin nicht überhören und seufzte. Dann schob sie sich Tinte, Federn und Papier neu zurecht, daß die Arbeit besser gelingen möge. Sie hatte gerade ein einziges Wort geschrieben, als die Mädchen hereingepoltert kamen, die Kinderfrau ihnen auf den Hacken.
»Mama, Mama, Alexander hat eine ganze Pastete. Wir wollen auch was haben.«
»Ihr wißt doch, daß bald Essenszeit ist. Es tut nicht gut, wenn man zwischendurch ißt: das verdirbt den Appetit.«
»Alexanders Appetit hat's auch nicht verdorben«, schmollte Alison.
»Hat es wohl; und außerdem wird er es heute abend noch sehr bedauern.«
Doch Cecily, ihre Älteste, warf ihr einen schlauen Blick zu und sagte:
»Aber Mama, Bruder Gregory hat immerzu gegessen und sich nie den Appetit verdorben.«
Wieder seufzte Margaret, als die Kinderfrau die Mädchen unter lautstarkem Protest abführte.
Dann brachte Margaret ein zweites Wort zu Papier. Vielleicht sollte ich die Tür schließen, dachte sie. Aber was ist, wenn etwas Furchtbares geschieht und ich mich nicht rechtzeitig darum gekümmert habe, weil die Tür zu war?
In diesem Augenblick fand Roger Kendall, der den ganzen Morgen über mit seinen Schreibern und Gesellen die Buchführung und die Lagerbestände durchgesehen hatte, daß er eine Pause brauchte.
»Du liebe Zeit, siehst du aber klug aus, wie du da so mit der Feder in der Hand vor dem Papier sitzt. Ich hab's ja immer gewußt, daß du eine ungewöhnlich intelligente Frau bist«, rief er ihr fröhlich durch die offene Tür zu. Margaret blickte auf und errötete vor Freude. Er kam herein, umarmte sie von hinten und blickte ihr über die Schulter.
»Noch nicht viel, was? Mach dir nichts draus, mach dir nichts draus. Bald wird meine kluge, hübsche, kleine Margaret eine ganze Seite vollgeschrieben haben.«
Margaret blickte auf die Seite und lächelte wehmütig.
»Was rieche ich denn da, was gibt es zu essen? Haben wir heute viele Gäste?«
»Geschmortes Kaninchen, glaube ich. Wir haben diese hansischen Tuchhändler zu Tisch, die du eingeladen hast, mehr nicht.«
»Schade, daß du keinen deiner exzentrischen Bekannten dazu gebeten hast. Ich müßte meinen Witz mal wieder an einem richtigen Disput schärfen.«
»Wir haben doch Master Will.«
»Den? Der versteift sich zu sehr auf eine Idee, als daß man mit ihm gut streiten könnte. Seitdem er aber mit diesem langen Gedicht angefangen hat, in welchem er die Reichen verteufelt, ist er zum Langweiler geworden. Ob er es wohl jemals fertigstellt? Wahrscheinlich muß ich ihn noch jahrelang mit Papier versorgen. Nein, ich brauche jemand Bissigeres. Also, dieser Bruder Gregory, der konnte wirklich streiten.« Und Master Kendall verschwand wieder, um seine Buchführung fertig zu machen.
Ich muß die Tür wirklich
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