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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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immer im Flüsterton, weil sie dachten, er hörte sie nicht blöken, allen voran Cecilia Báscones, die trotz ihres Alters einfach nicht zu bremsen war. Es war weiß Gott schwer, alle Schäfchen seiner Herde zu lieben, vor allem, wenn die Báscones jetzt schon zum dritten Mal seit ihrer Ankunft in Rom vor ihren Anhängern fallenließ, eigentlich sei diese Reise in die Heilige Stadt nur ihr zu verdanken. Hochwürden Rella riß sich zusammen, damit man ihm nicht anmerkte, wie sehr sie ihm die Laune verdarben, besonders die Gruppe von Frauen, die ihn gerade anlächelten und stolzerfüllt daran dachten, wie sie nach ihrer Rückkehr erzählen könnten, sie seien in den Privatbereich des Vatikans vorgelassen worden, und zwar durch eine Tür, die Ehrengästen wie uns vorbehalten war. Und dieser Angehörige der Schweizergarde war ein hübscher Junge, das muß man sagen, auch wenn ich mir nicht so recht vorstellen kann, wie er mit seiner Blechlanze Wache halten soll. Aber was für Augen! Wie mein Enkel. Und ein Saaldiener hat uns hereingebeten, während dieser Schwachkopf von Rella uns immer wieder gezählt hat, als wären wir Schafe oder mit den Nonnen auf einem Schulausflug.
    »Quarantanove e cinquanta«, sagt der Pfarrer laut. DerSaaldiener würdigt sein Bemühen, Italienisch zu sprechen, mit keinem Lächeln. Ein arroganter Kerl.
    Die Gruppe, bestehend aus einem Dutzend steinalter ehemaliger Falangemitglieder samt Anhang, aus fünf Bürgermeistern unterschiedlicher Couleur und einer bunten Mischung von Pfarrgemeinderäten des Bistums, wird ohne weitere Erklärungen in einen Korridor gelotst, der so breit ist, daß er als Festsaal dienen könnte. Entlang den Wänden läuft ein Fries aus Fresken, die in regelmäßigen Abständen von runden Fenstern unterbrochen sind. Und es gibt ein riesiges Bild des heiligen Josef mit dem erblühten Stab. Am anderen Ende des Korridors wartet eine weitere Gruppe, die laut Senyor Guardans Russisch oder etwas ähnliches spricht.
    »Dieser heilige Josef blickt aber ziemlich gallig drein.«
    »Stimmt. Wenn ihr mich fragt, sind die Gallenbeschwerden dieses Heiligen auf eine ungenügende Erythropoese zurückzuführen, das heißt auf eine intramedulläre Hämolyse der roten Blutkörperchen.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Ja.«
    »Und das soll der heilige Josef sein?«
    »Bitte etwas leiser, meine Herrschaften«, sagt der Pfarrer leicht gereizt.
    »Fragen Sie doch mal, ob es hier eine Toilette gibt.«
    »Es muß ja eine geben.«
    »Sei still.« Und an den Pfarrer gewandt: »Warum fragen Sie nicht?«
    Der Pfarrer wendet sich ab, damit man ihm seinen Unmut nicht ansieht. Natürlich muß ausgerechnet die vermaledeite Báscones aufs Klo. Er sieht sich um und entdeckt nur eine Rüstung, die an der Wand hinter den Russen lehnt.
    »Die werden uns doch hier nicht vergessen haben?«
    »Das will ich nicht hoffen. Ich bin nicht hergekommen, um in einem Korridor herumzustehen, umringt von Russen …«
    »Haben die nicht eine andere Religion?«
    »Ich muß doch bitten, meine Damen.«
    Schritte nähern sich, anfangs kaum hörbar, dann immer lauter, übertönen den leisen, aber heftigen Protest der betreffenden Damen, und strahlen eine unzweifelhafte Autorität aus, die die Macht hat, das Murren nach und nach verstummen zu lassen. Alles lauscht, keiner weiß, woher die Schritte kommen, weil es in diesem riesigen Gebäude überall hallt. Dann biegt ein junger Mann um die Ecke des Korridors, offensichtlich erfreut, sie gefunden zu haben. Er wendet sich an den erstbesten und bedeutet ihm lächelnd, die Gruppe möge ihm folgen. Hochwürden Rella tritt auf den Mann zu und gibt ihm die Hand, um deutlich zu machen, wer hier das Sagen hat. Der andere begreift und nimmt die ausgestreckte Hand. Aber der Pfarrer hat noch etwas auf dem Herzen. Er sagt: »WC?«
    Der Mann sieht ihn verwundert an.
    »Toilette, gabinetto«, versucht es der Pfarrer.
    Jetzt versteht der junge Mann. Er hält an, denn sie stehen genau vor einem gabinetto . Eine halbe Stunde Pause, packt eure Rucksäcke nicht aus und trinkt nicht zuviel Wasser, ihr könnt euch setzen, aber nicht hinlegen, und euch umsehen. Soll euch doch das nächste Mal die heilige Rita führen, denkt der Pfarrer.
    Die Russen – oder was auch immer sie sein mögen – sind ihnen gefolgt, angezogen von der Bewegung, die in die Gruppe gekommen ist. Sie sind gefährlich nahe, und als Guardans, der Gebildetste der Gruppe, einen von ihnen auf englisch fragt, ob sie Russen seien, antwortet

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