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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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Civil Atilano Báscones Atienza aus Calahorra, Spanien, von einer Gruppe Maskierter schwer verletzt wurde, von Schmugglern, die mit außergewöhnlicher Brutalität die Leute von Caregue vertrieben hatten, der seit Jahren zur allgemeinen Zufriedenheit im Vall de Tor und im Vall Ferrera tätig gewesen war und gute Kontakte nach Andorra hatte. Er hatte sich im Pallars wie zu Hause gefühlt, lange bevor die Fünfzehnte Brigade sich im Vall Ferrera blamierte, weil sie nicht diejenigen um Rat gefragt hatten, die sich wirklich auskannten. Offenbar war Caregue nach Sort gegangen, um sich über die Jugend zu beschweren, die keinen Respekt mehr hatte, und war bei den Behörden auf offene Ohren gestoßen, weil die Maskierten niemandem Kommissionen bezahlten. Gut informierte böse Zungen behaupteten, daß Careguesein Unglück nicht etwa dem Ungestüm des jungen Valentí Targa zu verdanken hatte, sondern einem seiner Männer – niemand wußte, wer es war –, der die Wassernymphen in der Höhle der Guten Frauen von Tor verärgert hatte. Wie auch immer, Caregues verzweifelte Verhandlungen hatten zur Folge, daß eine Patrouille bei Tor die Ufer der Noguera durchkämmte, jeden Stein umdrehte und in alle Höhlen kroch, um die Maskierten zu finden und ins Gefängnis zu stecken. Aber es kam ganz anders. Eine verheerende Niederlage (ein Toter und drei Verletzte, darunter der Vater von Cecilia Báscones, dessen Knie zertrümmert wurde) zwang die Behörden wegzuschauen, denn jetzt, da Primo de Rivera die Zügel in die Hand nahm, wollte man keine Probleme. »Mein Vater, der nach dem Schuß pensioniert wurde, ging mit meiner Mutter und mir nach Torena; ich war damals zwei. Und der Handel mit Andorra blieb in den Händen der Maskierten, von denen niemand wußte, wer sie waren. Bis dann das in Malavella passiert ist. Ach, Sie kennen die Geschichte nicht? Natürlich, Sie sind nicht aus der Gegend … Aus Balaguer? Da habe ich ein paar Cousins. Naja, eigentlich sind sie schon tot. Die Campàs, ja. Also, jedenfalls war das in Malavella ein Skandal. Und neunzehnhundertvierzig habe ich dann den Tabakladen übernommen, ja. Nun ja, ich verkaufe Tabak und alles mögliche andere, Sie wissen ja, wie das im Dorf so ist. Da hatte ich wirklich Glück, denn mit der Waisenrente wär ich nicht weit gekommen. Was halten Sie denn davon, den Caudillo heiligzusprechen?«
    »Wie bitte?«
    »Na, das, was auf den Zetteln steht, daß Franco es verdient …«
    »Schwachsinn.«
    »Nun, ich kann das nur voll und ganz unterstützen. Und soll ich Ihnen was sagen? Ich hätte nichts dagegen, auch in diesem Fall ein kleines Wunder zu bewirken. Sehen Sie mal, das sind bestimmt die Angehörigen von dieser Japanerin. Nein, ich bin ein wenig schwerhörig und kriege nichtalles mit, was die da sagen. Aber meine Augen sind noch so gut wie als junges Ding, ja. Nicht wie Senyora Elisenda, die Arme, die ist schon lange blind.«
    »Ach ja? Von Geburt an?«
    »Woher denn: Diabetes mellitus, erkennbar an einer erhöhten Zuckerausscheidung im Urin. Genauer gesagt handelt es sich um eine diabetesbedingte Gefäßerkrankung, eine diabetische Retinopathie, die Amaurosis hervorruft.«
    »Amaurosis … Ist das ansteckend?«
    »Das bedeutet Blindheit.«
    »Ach so, Blindheit.Woher kennen Sie sich denn so gut mit Krankheiten aus?«
    »Eiserner Wille. Im Tabakladen habe ich mich gelangweilt, und da habe ich angefangen, Pharmazie zu studieren. Fragen der Gesundheit haben mich immer interessiert. Syndromologie. Synechotomie. Parthogenetisch.«
    »Phantastisch.«
    »Mir gefällt es, wie die Medizin sich anhört. Orthopantomographie.«
    »Wenn ich in Ihrem Alter noch so einen klaren Kopf habe …«
    »Was möchtest du denn mal werden, Cecilia?« hatte ihr Vater sie gefragt, und sie hatte geantwortet: »Franco.« Der Vater mit seinem zertrümmerten Knie hatte gelacht und zu den Gästen von Marés gesagt: »Ist sie nicht drollig, die Kleine? Sie will Franco werden.« Und die Gäste hatten ihren eisigen Blick auf den Grund ihres Kaffees mit Schuß gerichtet.
    »Als ich klein war, wollte ich Franco werden oder Arzt. Aber als Frau war mir der Arztberuf verwehrt.«
    »Aber ein Tabakladen ist doch auch etwas, nicht wahr?«
    Die Báscones erzählte nicht, daß sie in jungen Jahren Gassia (einem ekelhaften republikanischen Katalanisten) nicht etwa ein Päckchen Celtes verkauft hatte und dem von den Feliçós (einem ekelhaften republikanischen Katalanisten) keineswegs Tabak und Zigarettenpapier, und auch keine

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