Die Strafe des Seth
auf dem Schoß seines Großvaters sitzen geblieben. Schnell hatte er jedoch seine Enttäuschung vergessen und baute weiter an seinem Palast aus den bunten Holzklötzchen, die Moses ihm geschenkt hatte.
Amunhotep hatte sich in der Zwischenzeit neben seinen Vater auf die Bettstatt gesetzt.
»Nun ist es bald soweit, mein Sohn«, hob Nesamun an, und die Tränen traten ihm in die Augen. »Ich habe dir etwas mitgebracht, damit du nicht Hand an dein Kind legen musst.« Er griff in die Falten seines Priesterschurzes und holte ein tönernes Fläschchen hervor, das er Amunhotep reichte. »Es wirkt schnell und zuverlässig. Mische es dem Wein bei und gib Usirhotep davon zu trinken. Dann trinke du und nach kurzer Zeit ...« Er konnte nicht weitersprechen. Weinend barg er das Gesicht in seinen Händen.
Amunhotep ließ das Röhrchen in seinem Gewand verschwinden und legte die Arme um seinen Vater, um ihn an sich zu drücken. »Weine nicht, Vater. Vielleicht finden uns die Götter. Und wenn das geschieht, werde ich schon bald meine Mutter, meinen Bruder und Osiris Ramses wiedersehen. Ich freue mich darauf, sie alle wieder in die Arme schließen zu können.«
Nesamun nickte unter Tränen. »Bestelle ihnen meine Grüße und sage ihnen, dass ich euch bald folgen werde.«
»Nein, Vater, deine Zeit ist noch nicht gekommen«, versuchte Amunhotep ihn aufzumuntern, doch Nesamun schüttelte den Kopf.
»Ich fühle mich alt und schwach. Zu viel Elend ist in kurzer Zeit über mich hereingebrochen. Erst meine geliebte Frau, dann Meritusir und nun du und Usirhotep.« Wehmütig sah er vor sich auf den gestampften Boden der Zelle. »Doch ich habe zum Schluss noch gute Neuigkeiten für dich, die dir das Sterben etwas erleichtern werden.« Er beugte sich seinem Sohn zu und erzählte ihm flüsternd von der Unterhaltung mit Chaemwaset.
»Dem Prinzen ist Seth im Traum erschienen und hat ihm befohlen, die Maat wieder über das Chaos zu setzen?« Amunhotep hielt die Luft an und stieß sie wieder aus.
»Genau, und Chaemwaset wird mir helfen, eure Leiber vor der Zerstörung zu bewahren. Ich werde euch den Anubis-Priestern übergeben, das schwöre ich dir, Amunhotep. Die Götter werden euch finden!«
Zweifelnd sah Amunhotep seinen Vater an. »Pharaos Handwerker und Beamte sind sicher schon fleißig dabei, jegliches Andenken an mich und Usirhotep zu tilgen«, erwiderte er betrübt. »Ramses-Sethherchepeschef wird nichts unversucht lassen, damit die Götter mich nicht finden können. Sicher hofft er, dass er so Meritusir in der anderen Welt allein besitzen wird.«
Nesamun schmunzelte verschwörerisch. »Ich bin auch noch da, mein Sohn. Zudem gibt es einen Platz, wo eure beiden Namen zusammen mit dem deiner Gemahlin bereits verewigt sind.«
Verwirrt riss Amunhotep die Augen auf und starrte Nesamun an. »Wo sollte das wohl sein?«
»In eurem Grab. – Meritusir muss Schlimmstes geahnt haben und hat eure Namen hinter die gemauerte Wand in eurem Westlichen Haus schreiben lassen. Nur Moses, sie und ich wissen davon, nun auch du. Und weder Moses noch ich werden es je erzählen.«
Amunhotep stand der Mund vor Überraschung offen. »Ich wusste in der Tat nichts davon«, gab er ehrlich zu, und seine Augen begannen, vor Glück zu strahlen.
»Das ist mir bekannt, obwohl ich davon ausgegangen bin, dass Meritusir es dir hinterher erzählen würde«, erwiderte Nesamun. »Sie kam während der Trauerzeit um Osiris Ramses zu mir, als du im Delta warst.«
Amunhotep lächelte. »Meine geliebte Meritusir. Selbst jetzt, wo sie nicht mehr an meiner Seite ist, gehorcht sie ihrem Schwur und wendet alles Böse von mir ab.«
»Ja, mein Sohn, nur dich und euren Sohn vor dem Tod bewahren, das kann auch sie nicht.« Nesamun griff nach seinem Amtsstab und stand mühsam auf. »Ich werde jetzt Lebewohl sagen.«
Er umarmte Amunhotep, gab seinem Enkel einen Kuss auf die Stirn und klopfte an die Tür, damit die Wächter ihn wieder hinausließen.
Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ er die Zelle und ging gebrochen in den Tempel des Großen Gottes Amun-Re zurück, um für die beiden Todgeweihten vor dem Allerheiligsten zu beten.
Nachdem sein Vater gegangen war, setzte sich Amunhotep neben seinen Sohn auf den Boden und spielte mit ihm und den Bauklötzchen. Erst als es in der Zelle schon beinahe dunkel war, erhob er sich.
Er trat an das kleine vergitterte Fenster in der Tür und starrte hinaus in den von den Gebäuden eingeschlossenen Garten.
Überall senkten sich die
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