Die Strafe des Seth
gesagt?«
Beschämt senkte der Grieche den Kopf. »Nein, Hoher Herr«, gab er kleinlaut zu und wagte nicht, den Blick zu heben.
»Glaubst du also wirklich, dass er ein Attentat auf den Pharao verübt haben soll?«
Wortlos schüttelte Theokrites den behelmten Kopf.
»Dann komme dem Befehl des Nomarchen nach. Übergib uns Amunhoteps Leib und den seines Sohns.«
»Aber was soll ich dem Wesir erzählen?«, wand sich der griechische Getreue. Er wusste nicht, was er tun sollte.
»Erzähle ihm einfach die Wahrheit«, empfahl Netnebu. »Du hast mit deinen Männern die Körper der beiden Verbrecher in die westliche Wüste geschafft, und die Raubtiere haben sich ihrer angenommen.« Er schmunzelte listig. »Du musst nicht erwähnen, dass die Raubtiere auf zwei Beinen daherkamen. Sage einfach, du hast die Körper abgelegt und bist gegangen. Als du dich nach einer Weile noch einmal umgedreht hast, waren sie bereits verschwunden.«
Nachdenklich nahm der Grieche den blank polierten Helm vom Kopf und kratzte sich am Hinterkopf. »Du bringst mich und meine Männer in eine verzwickte Lage, Herr«, stellte er mit einem abschätzenden Seitenblick auf seine und die Soldaten des Amun-Regiments fest. Seine neun Getreuen konnten gegen eine solche Übermacht nichts ausrichten. Er seufzte. »Was ist, wenn Senbi oder Seine Majestät davon erfahren?«
»Wie sollten sie, Theokrites? Ich werde es ihm nicht sagen, und auch nicht Seine Hoheit. Prinz Chaemwaset hat seine Männer fest im Griff. Sie sind ihm treu ergeben und werden schweigen. Wie steht es um den Gehorsam deiner Leute?«
Damit hatte Netnebu an der Ehre des Griechen gekratzt, der sich viel darauf einbildete, dass ihm seine Krieger blind gehorchten.
Empört schnappte Theokrites nach Luft, schluckte und stieß hervor: »Auch meine Soldaten gehorchen mir aufs Wort, Hoher Herr. Wenn ich ihnen sage, dass sie schweigen sollen, werden sie es tun. Nie wird jemand etwas erfahren.«
»Dann ist alles in bester Ordnung, Theokrites«, schaltete sich wieder Chaemwaset ein, der schweigend dem Gespräch gelauscht hatte, »und wir sind uns einig.« Er griff an seinen Gürtel und löste den prall gefüllten Ledersack, den er dem Oberst zuwarf. »Das hier ist für deine Verschwiegenheit.«
»Behalte es!«, knurrte Theokrites und warf das Säckchen zurück. »Weder ich noch meine Männer sind bestechlich.«
Chaemwaset schmunzelte. »Etwas anderes hatte ich nicht von dir erwartet, Oberst.«
Er befestigte den Lederbeutel wieder an seinem Gürtel und gab seinen Männern ein Zeichen, die beiden derben Leinensäcke zu nehmen, in denen sich die Körper von Amunhotep und dessen Sohn befanden.
Dann richtete er das Wort noch einmal an die Getreuen. »Kehrt auf das Ostufer zurück und schweigt über das, was vorgefallen ist!«
Widerspruchslos begaben sich Theokrites’ Krieger zum Fluss zurück, wo ihre Boote lagen.
»Im Namen der gesamten Osiris-Priesterschaft möchte ich dir meinen Dank aussprechen«, wandte sich Netnebu an Chaemwaset, nachdem die Getreuen abgezogen waren.
Der Prinz winkte ab und stieg vom Wagen. »Ich habe es als meine Pflicht angesehen«, erwiderte er. »Beeile dich, Netnebu. Bringe deinen toten Herrn und den Knaben nach Abydos und übergib ihre Leiber den Einbalsamierern.«
Er legte dem Zweiten Propheten freundschaftlich die Hand auf die Schulter und nickte ihm aufmunternd zu. Dann bestieg er wieder den Wagenkorb, um seine Soldaten zurück in ihre Unterkünfte zu begleiten.
Netnebu hingegen bettete die Körper von Amunhotep und Usirhotep in mit Natron gefüllte Kisten, die unter einem Berg Stroh versteckt wurden. Moses führte daraufhin das Ochsengespann eine halbe Tagereise weiter nördlich zum Ufer des Nil, wo eine schlichte Barke ihn bereits erwartete.
* * *
Ramses-Sethherchepeschef blieb eine Woche länger als geplant in Theben, um sein Thronjubiläum zu begehen.
An jenem Morgen begab er sich nach Opet-sut, um eigenhändig die heiligen Riten zu vollziehen. Nachdem diese beendet waren, betete er vor dem Bildnis des Amun-Re und dankte dem Gott, dass er ihm in seinem ersten Jahr seit seinem Erscheinen auf dem Thron der Beiden Länder so wohlgesonnen gewesen war. Die Ernte war hervorragend ausgefallen, und auch das einsetzende Hochwasser ließ auf volle Speicher im kommenden Jahr hoffen.
Das alles war sein Verdienst, der Verdienst des Pharaos, der den Göttern seinen Gehorsam entgegengebracht hatte. Dennoch wagte der Zweite Prophet, ihn daran zu erinnern, dass es
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