Die Strafe des Seth
vorgeworfen.«
»Bitte, Majestät.« Die Große Königliche Gemahlin fiel vor dem Pharao auf die Knie und umschlang mit den Armen seine Beine. »Ich flehe dich an, Sethi. Was muss ich tun, damit du mich erhörst?«
»Nichts«, erwiderte er, »denn ich lasse mich nicht umstimmen. Ich muss verhindern, dass sich Amunhotep oder sein Sohn mit Meritusir im Schönen Westen wieder zusammentun. Wenn ich sie nicht in dieser Welt besitzen darf, so soll es auch Amunhotep nicht in der nächsten. Wenigstens dort soll sie nur mir gehören.« Er sah auf Bintanat herab. »Eigentlich sollten dir diese Gedanken nicht fremd sein, meine Liebe. Immerhin haben sie dich bewogen, den Hohepriester der versuchten Vergewaltigung zu bezichtigen.«
Zusammengesackt hockte Bintanat auf den Knien und blickte ungläubig zum Gesicht des Königs auf. »Hoffst du allen Ernstes, dass sie sich dir in die Arme wirft, wenn sie erfährt, dass du ihren Mann und ihr Kind vernichtet hast?« Sie schüttelte verständnislos den Kopf. »Du lässt ihren Gemahl und den erst fünfjährigen Sohn töten und glaubst, dass sie dich dafür lieben wird?«
Bintanat erhob sich wieder und trat an den Tisch, um sich einen Becher Wein einzuschenken. Sie nahm ihn in die Hand und drehte sich Ramses-Sethherchepeschef zu. Prüfend sah sie ihm in die Augen.
»Manchmal frage ich mich, ob du dich nicht in die Hände der Götter begeben hast, Sethi.« Sie wollte den Becher an den Mund führen, aber Sethherchepeschef sprang auf sie zu und packte sie an der Gurgel.
»Wage es nie wieder, so mit mir zu reden, Bintanat. Anderenfalls wirst auch du meine Macht zu spüren bekommen«, zischte er und ließ ihren Hals wieder los. »Eine Große Königliche Gemahlin kann genauso bestraft werden wie jeder andere Untertan Meiner Majestät. Und jetzt scher dich hinaus und komme mir heute nicht mehr unter die Augen!«
Bintanat knallte den Becher auf den Tisch, sodass der Wein überschwappte. Dann schenkte sie ihm einen vernichtenden Blick und schritt würdevoll auf die Tür zu, wobei sie sich den schmerzenden Hals rieb.
»Er ist in der Tat verrückt geworden«, murmelte sie vor sich hin, öffnete die Tür und war aus Sethis Blickfeld verschwunden.
* * *
Verstört blickten die Getreuen des Pharaos auf die Schwerter und Speere der Soldaten, die auf sie gerichtet waren, als sie um das kleine Felsmassiv bogen, hinter dem sich die endlose Wüste anschloss. Unschlüssig verharrten sie und sahen zu ihrem Kommandanten, der sich an Chaemwaset wandte, welcher die Abteilung zu befehligen schien.
»Verzeih, Hoheit, was hat das zu bedeuten?«
Hoch erhobenen Hauptes stand der Prinz auf seinem Streitwagen und blickte auf ihn und die Gefolgsleute herab. »Ich will kein Blut vergießen. Hinter mir stehen fünfzig Soldaten, hinter dir nur zehn.« Chaemwaset legte eine Pause ein, damit dem Oberst bewusst werden konnte, dass er keinerlei Chancen hatte. »Ich will nur die Leiber des Mannes und des Kindes. Übergib sie mir, und es wird dir und deinen Männern nichts geschehen!«
Der Grieche glaubte, sich verhört zu haben. »Du willst, dass ich dir die Leiber der beiden Verurteilten übergebe? Aber so lautet nicht mein Befehl.«
Der Nomarch lächelte. »Richtig, aber genau das befehle
ich
dir!«
Verlegen trat der Getreue von einem Bein auf das andere. »Hoheit, der Wesir persönlich übergab sie mir mit dem Befehl Seiner Majestät, sie in die westliche Wüste zu bringen und den wilden Tieren zum Fraß vorzuwerfen.«
»Das werde ich nicht erlauben!« Chaemwaset verzog keine Miene.
In der Zwischenzeit hatte sich der Zweite Prophet des Osiris den beiden Männern genähert, dem die Stimme des Hauptmanns sehr vertraut vorkam. »Bist du das, Theokrites?«
Überrascht wandte sich der Angesprochene Netnebu zu und verneigte sich, als er ihn erkannte. »Ja, Herr, der bin ich.«
»Wie lange hast du in Abydos den Tempel der Millionen Jahre von Osiris Ramses bewacht?«, wollte Netnebu von ihn wissen.
Nachdenklich legte der griechische Gefolgsmann die Stirn in Falten. »Ungefähr fünf Jahre, Hoher Herr.«
»Hast du nicht auch in den fünf Jahren im Haus des Hohepriesters deinen Dienst versehen?«
»Das ist richtig«, antwortete Theoktites, ohne lange nachzudenken.
»Ist dir jemals aufgefallen, dass der Erste Prophet ein schlechter Mensch war, dass er seine Frau oder seine Diener schlecht behandelt hat? Hat er dir jemals Unrecht angetan oder ein böses Wort über den Herrn der Beiden Länder
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