Die Strafe des Seth
Bildnisse und Inschriften von Amunhotep und seinem Sohn getilgt. Einzig die Erfolge der von ihm geliebten Frau standen an den Wänden verzeichnet.
Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf seinem Antlitz. Er legte einen Strauß Rosen auf den Deckel des Sargs und verließ die Grabstätte.
Dem vor dem Ewigen Haus wartenden Zweiten Propheten erteilte er den Befehl, alles wieder ordentlich herzurichten und das Grab zu weihen. Dann begab er sich in seinen Palast zurück.
Drei Tage später kehrte der Pharao der südlichen Königsstadt den Rücken und fuhr flussabwärts in Richtung Per-Ramses.
Unterwegs machte er in der heiligen Stadt des Großen Gottes Osiris Halt und ließ Amunhoteps gesamte Dienerschaft verhören. Er wollte sicher sein, keinen Hinweis auf seinen Rivalen und dessen Sohn übersehen zu haben. Er ließ alles vermerken, erteilte Anweisungen und setzte tags darauf beruhigt seine Reise fort.
Er hatte es geschafft. Schon bald würde jegliche Erinnerung an den Osiris-Hohepriester ausgelöscht sein. Meritusir hatte in dieser Welt Amunhotep gehört, in der nächsten würde sie ihm, Ramses-Sethherchepeschef, gehören!
* * *
Der Pharao weilte noch nicht einmal eine Stunde in seinem Palast in Per-Ramses, als eine aufgebrachte Nubchesbed in seine Gemächer stürmte.
»Bist du von Sinnen, Sethherchepeschef?«, fuhr sie ihn barsch an, ohne auf die Aufforderung zum Sprechen gewartet zu haben. »Wie kannst du es wagen, ein Kind zum Tod zu verurteilen, nur weil sein Vater versucht haben soll, dich zu töten?«
Verblüfft starrte Sethi sie an. Als er sich wieder gefasst hatte, brüllte er zurück: »Was fällt dir ein, so mit mir zu reden! Hast du vergessen, wer ich bin?«
»Wer bist du denn, Ramses-Sethherchepeschef?«, geiferte Nubchesbed. »Auch wenn es mir, zugegeben, schwer gefallen ist, dich als neuen Pharao zu akzeptieren, so habe ich es getan. Heute frage ich mich allerdings, ob nicht ein böser Dämon in dich gefahren ist und dein Herz vergiftet. Es fällt mir schon ziemlich schwer zu glauben, dass Amunhotep versucht haben soll, dich umzubringen, dass du dafür aber auch seinen Sohn hast hinrichten lassen, das werden dir die Götter nie vergeben.«
»Schweig, Nubchesbed!«, schnauzte Sethi sie an. »Deine Stellung hier am Hof verbietet mir, dich für deine niederträchtigen Beschimpfungen in der Art zu bestrafen, wie du es verdient hättest, doch hüte deine Zunge! Ich lasse mir das nicht von dir gefallen. Seitdem ich in Horis Abwesenheit die Regentschaft übernommen habe, versuchst du, mir zu schaden. Du untergräbst meine Autorität, aber jetzt ist das Maß voll. Ich habe deine ständigen Nörgeleien satt.
Sage deiner Dienerschaft, dass sie deine Truhen packen soll. Du kannst alles mitnehmen, was dir gehört, auch deine Diener. In spätestens einer Woche jedoch wirst du deine Barke besteigen und dich in den Harim Mer-ur begeben. Dort wirst du bis an dein Lebensende bleiben. Ich will dich nie wieder zu Gesicht bekommen. Ich werde dir nicht deine Titel nehmen. Du sollst in Mer-ur ein angenehmes, deiner Stellung entsprechendes Leben führen, welches dir als ehemalige Königin und Mutter des zu Osiris gegangenen Pharaos zusteht. Doch wage es nie mehr, mir unter die Augen zu treten. Ich könnte vergessen, dass du die Gemahlin meines Bruders warst. Und nun verschwinde aus meinen Gemächern!«
Die kleine zierliche Frau reckte stolz ihr Kinn in die Höhe. »Sei unbesorgt, Sethherchepeschef. Du wirst mich nie wieder ertragen müssen. Ich werde auch Isis und ihre Töchter mitnehmen, damit sie unter dir nicht mehr zu leiden haben.«
»Tue das, Nubchesbed, und vergiss nicht Ramses’ zweite Frau und deren Balg. Ich kann ihr wehmütiges Gejammer nicht mehr hören, seit mein Neffe zu den Göttern gegangen ist.«
»Wie du befiehlst, Majestät«, erwiderte die alte Königin steif. »Auch Tani wird mir dankbar sein, wenn ich sie und ihren Sohn von deiner Gegenwart befreie.«
Sie drehte sich um und verließ hoch erhobenen Hauptes die Gemächer des Pharaos.
SIEBENUNDZWANZIG
Nachdem das Boot mit den Leichen Abydos erreicht hatte, brachte Moses sie zu den Einbalsamierern. Die Priester des Anubis hatten versprochen, Vater und Sohn für ihre Reise zu den Göttern herzurichten.
Alles musste unter größter Vorsicht und Verschwiegenheit geschehen. Niemand durfte erfahren, dass die Leiber nicht dem Verfall und Vergessen anheimfallen würden. Netnebu hatte im Vorfeld alles geregelt. Er
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