Die Strafe des Seth
nach Norden zu beordern. Er selbst begab sich mit Nehi umgehend ins Delta, um die in Per-Ramses stationierten Truppen für den Aufbruch bereitzumachen und sich vom Obersten Kundschafter über die Gefahr ins Bild setzen zu lassen.
* * *
»Um wie viele Feinde handelt es sich?«, fragte er den Vorsteher der Spähtrupps, der neben den Generälen der Regimenter Ptah und Re, dem Wesir, dem Befehlshaber der Schiffsverbände sowie dem Thronfolger in einem der kleinen Audienzsäle zugegen war, um die Lage zu diskutieren.
»Meine Informationen schwanken zwischen fünfundzwanzig- und dreißigtausend«, beantwortete der Beamte die Frage des Pharaos. »Zwei Drittel davon sind Frauen und Kinder, doch es scheinen immer mehr hinzuzustoßen, je näher sie der Grenze kommen.«
»Sie wollen sich in Kemi niederlassen«, sinnierte Ramses mehr zu selbst. Unwillkürlich musste er an seinen Großvater denken, den glorreichen Ramses III., der sich ebenfalls mit nicht nur einem Einfall der Seevölker konfrontiert gesehen, sie aber erfolgreich zurückgeschlagen hatte. Er räusperte sich und konzentrierte sich wieder auf den Obersten Kundschafter. »Über wie viele Schiffe verfügen sie?«
»An die zweihundertfünfzig, Majestät.«
»Also alles in allem zwölf- bis fünfzehntausend Krieger«, stellte Ramses besorgt fest, und sein Gesicht verdüsterte sich. »Wann werden sie die Königsfestungen erreicht haben?«
»Das ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Durch den riesigen Tross mit ihren Frauen und Kinder kommen sie nicht so schnell voran.« Nachdenklich kräuselte der Mann die Stirn. »Ich denke, sie benötigen noch gut ein paar Monate, bis sie unsere nördliche Grenze erreicht haben werden.«
»Sehr gut«, stellte Ramses fest. »Dann bestände also die Möglichkeit, sie außerhalb der Beiden Länder abzufangen und anzugreifen.«
»Ja, Majestät.«
»Das können wir aber nur dann wagen, wenn die im Süden weilenden Truppenverbände rechtzeitig Per-Ramses erreichen«, warf der Thronfolger ein und erntete zustimmendes Nicken.
»Was wiederum noch etwas dauern kann«, ergänzte Prinz Prehi, der die Division des Ptah anführte. »Sie wissen noch nicht einmal, dass es Krieg geben wird.«
»O doch, das wissen sie«, erinnerte Nehi den königlichen Spross, den Osiris Ramses VI. mit einer Nebenfrau gezeugt hatte. »Zumindest wurden sie bereits davon in Kenntnis gesetzt, dass es zu einer kriegerischen Auseinandersetzung kommen könnte.«
»Dennoch«, beharrte Prehi, »die Boten, die sie zur Eile gemahnen sollen, weil es zum Gefecht kommen
wird
, sind erst vor ein paar Tagen aufgebrochen.«
»Dann müssen sich eben alle ein wenig sputen!«, entgegnete Ramses mürrisch. »Die Boten müssen rascher segeln, um die Nachricht nach Süden zu bringen, und die Regimenter schneller marschieren, um zurück ins Delta zu gelangen. Es hängt davon das Wohl der Beiden Länder ab.« Er wandte sich wieder dem Obersten Kundschafter zu. »Wann wird der Schiffsverband die Einfahrt zum Delta erreicht haben?«
»So wie es aussieht, fahren sie nicht schneller, als der Tross an Land wandert. Sollten sie jedoch ihre Segel setzen, werden sie in kürzester Zeit die Hauptarme des Deltas erreichen.«
»Majestät, meine Männer sind bereit und erwarten deinen Befehl«, schaltete sich der Befehlshaber der Schiffsverbände ein und straffte entschlossen den Rücken.
»Den erteile ich ihnen«, erwiderte Ramses. »Sie sollen sich in den Nebenarmen des östlichen Zufahrtswegs versteckt halten und auf gar keinen Fall versuchen, den Feind auf dem offenen Meer zu stellen! Zweitausend Mann der Ptah-Division werden dich auf Transportschiffen begleiten, um von Land aus den Feind bekämpfen zu können. Den Oberbefehl erteile ich Prehi. Zudem werden alle verfügbaren Schiffe mobil gemacht und bemannt. Es ist mir egal, ob es Transport- oder Handelsschiffe sind. Hauptsache, sie schwimmen und können jede Menge Krieger und Proviant aufnehmen.«
»Du sprachst von
bemannen
, Majestät ...«, meldete sich Sobek, der Kommandant der Division Re, zu Wort und sah fragend zum Pharao. »Du weißt, dass die Bootstruppen in der Mehrzahl aus fremdländischen Söldnern bestehen, aber auch ihre Zahl ist begrenzt.«
»Das ist mir bewusst«, antwortete Ramses. »Wir Kemiter leben zwar mit unserem Fluss. Wir sind aber nicht dazu geboren, um auf das Meer hinauszusegeln. Deshalb werde ich mich auch nicht auf eine Auseinandersetzung auf dem Großen Grün einlassen, wenn es sich umgehen
Weitere Kostenlose Bücher