Die Strafe des Seth
Majestät. Sie haben sich auf deinen Befehl hin nach Buhen begeben, um eine unter den Kuschiten aufflammende Revolte im Keim zu ersticken.«
»Das ist mir bekannt.« Nachdenklich kratzte sich Ramses die Stirn. »Sobald im Süden wieder Ruhe eingekehrt ist, sollen sie schleunigst ins Delta zurückkehren.«
»Ja, Majestät. Ich werde sofort Boten lossenden, die den Generälen deinen Befehl überbringen werden.«
»Was gibt es sonst noch zu bereden?« Fragend blickte Ramses in die Runde.
»Ich habe von Nebmaatre eine vertrauliche Nachricht erhalten«, meldete sich der mächtigste Mann nach dem Pharao erneut zu Wort. »Deine Befürchtungen, jemand hätte sich gegen dich verschworen und würde die Nahrungsmittelverteilungen behindern, scheinen sich zu bewahrheiten.«
Entsetzt zog Ramses die Luft ein und stieß sie wieder aus. »Was genau schreibt Nebmaatre?«
»Er hat von Maj erfahren ...«
»Maj?« Fragend blickte Ramses zu Nehi.
»Ja, Majestät, der Bruder deines Obersten Kammerherrn.«
Ramses nickte verstehend. Er erinnerte sich des jungen Mannes.
Maj hatte man nach dem Tod der Eltern in den Tempel des Ptah nach Memphis gegeben, von wo er später in den des Re nach Heliopolis gewechselt war. Er war Priester geworden und bekleidete inzwischen das Amt des Vorstehers der Tempelschreiber, wohingegen sein Bruder Juri ihm, Ramses, zuerst als Spielkamerad und später als Diener zur Verfügung gestanden hatte.
»Es sind Dinge an seine Ohren gedrungen«, fuhr der Wesir fort, »die die Annahme bestätigen, dass es zu unlauteren Geschäften mit den Getreidevorräten gekommen ist. Nacht, der Zweite Prophet, ist, wie dir vielleicht bekannt sein dürfte, ein sehr guter Freund von Ramose ...«
»Der mir sicherlich nicht sehr wohlgesonnen ist, nachdem ich ihn seiner Ämter enthoben habe«, fiel Ramses ihm erneut ins Wort.
»Das kann gut möglich sein«, bestätigte Nehi. »Maj erzählte nun Nebmaatre, dass er Nacht in Verdacht hat, Getreide in seine oder in die Lagerhäuser einer anderen Person zu verschieben.«
»Hat er Beweise dafür?«
»Keine hieb- und stichfesten. Es ist ein Verdacht, Majestät. Nacht unterstehen als Zweitem Propheten die Vorratslager. Er ist für die Verteilung der Güter zuständig. Es werden regelmäßig Getreidelieferungen bereitgestellt und verladen; sie erreichen nur anscheinend nicht diejenigen, die sie benötigen. Die Revolte unter den Arbeitern in den Granitsteinbrüchen ist darauf zurückzuführen.«
»Wieso?« Ramses war verdutzt. »Hatte Heliopolis den Auftrag, sie zu beliefern?«
»Allerdings. Die Getreidespeicher des Amun-Tempels in Theben waren zu jenem Zeitpunkt ziemlich geleert, da das Heiligtum bis weit über die Grenzen des thebanischen Gaus hinaus die Bevölkerung mit Getreide versorgt hat.«
»Was sagt Nebmaatre dazu?«, fragte Ramses und massierte sich die Nasenwurzel.
»Er ist bestürzt, kann aber Nacht ebenfalls keine Veruntreuungen nachweisen. Die Unterlagen sind einwandfrei geführt.«
»Ich kümmere mich darum«, entgegnete Ramses. »Lass Nebmaatre eine vertrauliche Nachricht zukommen. Er soll Nacht nicht aus den Augen lassen. Zudem soll auch Ramose wieder strenger überwacht werden. Und teile ihm mit, dass er uns beide in zwei Wochen erwarten soll. Wir reisen in die Stadt des Re.«
* * *
Als Ramses Heliopolis erreichte, stand die Zeit der Aussaat kurz bevor. Der Nil hatte sich wieder in sein Bett zurückgezogen, sodass auf den höher gelegenen Anbauflächen bereits mit der Bestellung der Felder begonnen worden war.
Gleich nach seiner Ankunft trafen sich Ramses und Nehi mit Nebmaatre, um den Unterschlagungen im Tempel des Re auf die Spur zu kommen, doch der junge Hohepriester musste zu seinem Bedauern gestehen, dass er nicht einen Fehler in den Unterlagen des Zweiten Propheten und der Tempelschreiber hatte finden können. Trotzdem häuften sich die Klagen der Handwerker und Bauern, dass sie nicht die ihnen zustehenden Rationen erhielten.
Die drei Männer überlegten, wie sie dem Übertäter auf die Schliche kommen könnten, und griffen letztlich zu einer List. Noch am gleichen Tag schrieb der Wesir eine Botschaft an Thotmose, die er dem Obersten Richter von Theben durch einen Boten zustellen ließ.
Ein paar Tage später erreichte Ramses die beunruhigende Nachricht, dass sich feindliche Krieger mitsamt ihren Familien und ihrer Habe vom Osten her den Beiden Ländern näherten. Sofort schickte er Boten nach Süden, um die Divisionen des Amun und des Seth
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